Vier gegen Sanders
Die Demokraten zerfleischen sich bei der letzten Präsidentschaftsdebatte vor dem Superdienstag
Einer nach dem anderen der fünf Konkurrenten von Bernie Sanders um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Demokraten nahm den Spitzenreiter auf der Bühne des „Galliard Center“ins Visier. Den Auftakt machte Michael Bloomberg, der dem Sozialisten vorhielt, Putins Wunschkandidat zu sein. „Russland hilft ihnen, gewählt zu werden“, zitiert er Erkenntnisse der Us-geheimdienste. Demnach versucht Russland, zugunsten Donald Trumps und Sanders bei den Präsidentschaftswahlen 2020 zu intervenieren.
Sanders war auf diesen Angriff vorbereitet. „Hey Mister Putin“, konterte der 77-jährige Linkskandidat, den Blick direkt in die Kamera gerichtet. „Wenn ich Präsident der Vereinigten Staaten bin, verlassen Sie sich drauf, werden Sie sich nicht mehr in amerikanische Wahlen einmischen.“
Als Nächstes versuchte es Joe Biden. Der Vizepräsident wollte zu diesem Zeitpunkt bei den Vorwahlen eigentlich nicht nur der „Anti-sanders“sein, sondern der unangefochtene Spitzenreiter der Demokraten. Stattdessen kämpft er nach katastrophal schlechten Ergebnissen in Iowa und New Hampshire sowie einem bescheidenen zweiten Platz in Nevada nun bei den Vorwahlen in South Carolina um sein politisches Überleben. Dafür setzt er auf die Unterstützung der Schwarzen, die 60 Prozent der Wählerschaft ausmachen.
Biden zielte auf eine Achillesferse des linken Senators aus Vermont, der aus Rücksicht auf seine ländliche Klientel vor langer Zeit einmal im Kongress gegen schärfere Waffengesetze gestimmt hatte. Das nahm der Vizepräsident zum Anlass, Sanders auf der unweit der historischen „Mother Emanuel Ame“-kirche gelegenen Debattenbühne frontal anzugreifen.
Sanders reagiert gelassen
auf Angriffe
Biden hielt ihm vor, für den Tod von neun schwarzen Mitgliedern der historischen Schwarzen-gemeinde mitverantwortlich zu sein. Der Anschlag des weißen Rechtsterroristen 2015 wäre nicht möglich gewesen, hätte der Senator strengeren Waffengesetzen zugestimmt.
Ein Raunen ging durch das Publikum. Wie wiederholt an diesem Debattenabend, der von Tiefschlägen, Undiszipliniertheit und gegenseitigen Unterbrechungen der Kandidaten geprägt war. Die Cbs-moderatoren wirkten überfordert, würgten die Diskussion an der falschen Stelle ab und erlaubten offenkundige Regelverstöße.
Sanders reagierte gelassen auf den Angriff Bidens, für den es in South Carolina um alles geht. Unter den „tausenden Stimmen“, die er in seiner politischen Karriere abgegeben hatte, seien „auch ein paar schlechte“gewesen. Er habe gelernt und stünde heute ganz unten im Ranking der Waffenlobby NRA. Ähnlich souverän bügelte er den Versuch ab, ihm Sympathien für den ehemaligen Diktator auf Kuba, Fidel Castro, unterzujubeln.
Diesmal war es der Bürgermeister von South Bend im Us-bundesstaat Indiana, der den linken Spitzenreiter im Feld der demokratischen Präsidentschaftsbewerber angriff. „Ich freue mich nicht auf ein Szenario, mit Donald Trumps Nostalgie für die soziale Ordnung der 1950er-jahre und Bernie Sanders, der die revolutionäre Politik der 1960er-jahre beschwört.“
Auch diese Attacke prallte an dem Teflon-kandidaten ab. Er wisse nicht, was daran auszusetzen sei, dass er das Alphabetisierungsprogramm auf Kuba gelobt habe.
Elizabeth Warren, die mit Sanders um den progressiven Flügel konkurriert, versuchte es auf der persönlichen Ebene. „Ich wäre die bessere Präsidentin als Bernie“, sagte die Senatorin, die ihre schärfsten Angriffe erneut für Bloomberg aufhob. Sie hielt dem Milliardär vor, eine Frau in seinem Unternehmen zu einer Abtreibung gedrängt zu haben. Ein Vorwurf, dem der ehemalige Bürgermeister von New York entschieden widersprach.
Die Debatte franste endgültig aus, als der liberale Milliardär Tom Steyer, der in einigen Umfragen in South Carolina auf dem zweiten
Platz rangiert, Ex-vizepräsident Biden angriff. Dieser habe in den 1990er-jahren eine Strafrechtsreform unterstützt, die Hunderttausende schwarze Männer hinter Gitter gebracht habe.
Biden seinerseits teilte gegen alle Seiten aus. Auf die Frage, ob er aus dem Rennen ausscheiden werde, wenn er abermals schlechter als erwartet abschneide, erklärte er: „Ich werde gewinnen.“
Erfahrene Analysten wie Dan Balz stellten fest, dass diese Debatte für den Spitzenreiter nichts geändert hat. Vielmehr habe die Debatte gezeigt, „wie sehr Sanders sich von dem Feld abgesetzt hat, in dem die anderen Kandidaten gespalten sind.“Es kristallisierte sich weder ein „Anti-sanders“heraus, der die moderaten Stimmen hinter sich bringen könnte, noch machte der Spitzenreiter selbst einen Fehler.