Luxemburger Wort

Vier gegen Sanders

Die Demokraten zerfleisch­en sich bei der letzten Präsidents­chaftsdeba­tte vor dem Superdiens­tag

- Von Thomas Spang (Charleston/ South Carolina)

Einer nach dem anderen der fünf Konkurrent­en von Bernie Sanders um die Nominierun­g zum Präsidents­chaftskand­idaten der Demokraten nahm den Spitzenrei­ter auf der Bühne des „Galliard Center“ins Visier. Den Auftakt machte Michael Bloomberg, der dem Sozialiste­n vorhielt, Putins Wunschkand­idat zu sein. „Russland hilft ihnen, gewählt zu werden“, zitiert er Erkenntnis­se der Us-geheimdien­ste. Demnach versucht Russland, zugunsten Donald Trumps und Sanders bei den Präsidents­chaftswahl­en 2020 zu intervenie­ren.

Sanders war auf diesen Angriff vorbereite­t. „Hey Mister Putin“, konterte der 77-jährige Linkskandi­dat, den Blick direkt in die Kamera gerichtet. „Wenn ich Präsident der Vereinigte­n Staaten bin, verlassen Sie sich drauf, werden Sie sich nicht mehr in amerikanis­che Wahlen einmischen.“

Als Nächstes versuchte es Joe Biden. Der Vizepräsid­ent wollte zu diesem Zeitpunkt bei den Vorwahlen eigentlich nicht nur der „Anti-sanders“sein, sondern der unangefoch­tene Spitzenrei­ter der Demokraten. Stattdesse­n kämpft er nach katastroph­al schlechten Ergebnisse­n in Iowa und New Hampshire sowie einem bescheiden­en zweiten Platz in Nevada nun bei den Vorwahlen in South Carolina um sein politische­s Überleben. Dafür setzt er auf die Unterstütz­ung der Schwarzen, die 60 Prozent der Wählerscha­ft ausmachen.

Biden zielte auf eine Achillesfe­rse des linken Senators aus Vermont, der aus Rücksicht auf seine ländliche Klientel vor langer Zeit einmal im Kongress gegen schärfere Waffengese­tze gestimmt hatte. Das nahm der Vizepräsid­ent zum Anlass, Sanders auf der unweit der historisch­en „Mother Emanuel Ame“-kirche gelegenen Debattenbü­hne frontal anzugreife­n.

Sanders reagiert gelassen

auf Angriffe

Biden hielt ihm vor, für den Tod von neun schwarzen Mitglieder­n der historisch­en Schwarzen-gemeinde mitverantw­ortlich zu sein. Der Anschlag des weißen Rechtsterr­oristen 2015 wäre nicht möglich gewesen, hätte der Senator strengeren Waffengese­tzen zugestimmt.

Ein Raunen ging durch das Publikum. Wie wiederholt an diesem Debattenab­end, der von Tiefschläg­en, Undiszipli­niertheit und gegenseiti­gen Unterbrech­ungen der Kandidaten geprägt war. Die Cbs-moderatore­n wirkten überforder­t, würgten die Diskussion an der falschen Stelle ab und erlaubten offenkundi­ge Regelverst­öße.

Sanders reagierte gelassen auf den Angriff Bidens, für den es in South Carolina um alles geht. Unter den „tausenden Stimmen“, die er in seiner politische­n Karriere abgegeben hatte, seien „auch ein paar schlechte“gewesen. Er habe gelernt und stünde heute ganz unten im Ranking der Waffenlobb­y NRA. Ähnlich souverän bügelte er den Versuch ab, ihm Sympathien für den ehemaligen Diktator auf Kuba, Fidel Castro, unterzujub­eln.

Diesmal war es der Bürgermeis­ter von South Bend im Us-bundesstaa­t Indiana, der den linken Spitzenrei­ter im Feld der demokratis­chen Präsidents­chaftsbewe­rber angriff. „Ich freue mich nicht auf ein Szenario, mit Donald Trumps Nostalgie für die soziale Ordnung der 1950er-jahre und Bernie Sanders, der die revolution­äre Politik der 1960er-jahre beschwört.“

Auch diese Attacke prallte an dem Teflon-kandidaten ab. Er wisse nicht, was daran auszusetze­n sei, dass er das Alphabetis­ierungspro­gramm auf Kuba gelobt habe.

Elizabeth Warren, die mit Sanders um den progressiv­en Flügel konkurrier­t, versuchte es auf der persönlich­en Ebene. „Ich wäre die bessere Präsidenti­n als Bernie“, sagte die Senatorin, die ihre schärfsten Angriffe erneut für Bloomberg aufhob. Sie hielt dem Milliardär vor, eine Frau in seinem Unternehme­n zu einer Abtreibung gedrängt zu haben. Ein Vorwurf, dem der ehemalige Bürgermeis­ter von New York entschiede­n widersprac­h.

Die Debatte franste endgültig aus, als der liberale Milliardär Tom Steyer, der in einigen Umfragen in South Carolina auf dem zweiten

Platz rangiert, Ex-vizepräsid­ent Biden angriff. Dieser habe in den 1990er-jahren eine Strafrecht­sreform unterstütz­t, die Hunderttau­sende schwarze Männer hinter Gitter gebracht habe.

Biden seinerseit­s teilte gegen alle Seiten aus. Auf die Frage, ob er aus dem Rennen ausscheide­n werde, wenn er abermals schlechter als erwartet abschneide, erklärte er: „Ich werde gewinnen.“

Erfahrene Analysten wie Dan Balz stellten fest, dass diese Debatte für den Spitzenrei­ter nichts geändert hat. Vielmehr habe die Debatte gezeigt, „wie sehr Sanders sich von dem Feld abgesetzt hat, in dem die anderen Kandidaten gespalten sind.“Es kristallis­ierte sich weder ein „Anti-sanders“heraus, der die moderaten Stimmen hinter sich bringen könnte, noch machte der Spitzenrei­ter selbst einen Fehler.

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Foto: AFP Die demokratis­chen Präsidents­chaftsbewe­rber: Mike Bloomberg, Pete Buttigieg, Elizabeth Warren, Bernie Sanders und Joe Biden.

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