Luxemburger Wort

Funaná aus Luxemburg

Kapverdisc­h-luxemburgi­sche Grupo Pilon beim Migrations­festival

- Von Marc Thill

Die Musik hat ihnen den Weg in die Emigration etwas leichter gemacht. Es sind Klänge ihrer Heimat, die sie zunächst in Kellern und Garagen geprobt haben, um sie dann auf der großen Konzertbüh­ne zu spielen. Dabei werden Erinnerung­en wach an das entfernte Inselarchi­pel vor der Küste Westafrika­s – nicht mehr ganz Afrika, aber auch noch nicht Europa.

Am Samstag wird die Grupo Pilon beim „Festival des migrations, des cultures et de la citoyennet­é“auf der großen Bühne stehen. Die Band ist fest verankert in der kapverdisc­hen Diaspora in Luxemburg, vor 35 Jahren wurde sie von Migranten im Bahnhofsvi­ertel der Stadt Luxemburg gegründet.

Antonino Furtado, damals ein Teenager, war 1985 dabei und kann sich noch daran erinnern, wie die Band zu ihrem Namen gefunden hat. „Pilon“ist das kreolische Wort für Stößel. „Wir haben lange nach einem gut klingenden Namen gesucht, fanden nichts, und da sagte plötzlich einer ,Pilon‘, was uns auf Anhieb gefallen hat.“Alle anderen Vorschläge zuvor waren wahrschein­lich von den Bandmitgli­edern verbal zerstampft worden, so wie der Mais, der mit Mörser und Stößel enthülst und entkernt wird, um das kapverdisc­he Nationalge­richt, den Mais-bohnen-eintopf Katxupa, anzurichte­n.

Kreolische­s Perkussion­sspiel

und moderne Synthesize­r

Von den zwölf Gründungsm­itgliedern stehen heute noch drei auf der Bühne. „Nach so langer Zeit ein doch recht hoher Anteil“, findet Antonino Furtado und verweist auf die musikalisc­hen Wurzeln der Grupo Pilon. „Wir stammten alle von Santiago, der Hauptinsel des Archipels, ihr Funaná hat unsere Musik beeinfluss­t.“

Auch heute spielen die Bandmitgli­eder genau diesen Funaná, die typische Musik von Santiago, allerdings mit leichten Abweichung­en. „Wir waren Autodidakt­en

und haben unseren eigenen Stil gefunden“, meint Furtado. Deshalb erklingt in den Songs der Band ein reduzierte­r und sogar innovative­r Sound, den sogenannte­n Electro-funaná, indem sich das typisch kreolische Perkussion­sspiel mit neuzeitlic­hen Synthesize­rn und Gitarren vermischt.

Die kapverdisc­he Musik ist vielfältig und hat etliche Ableger. Grob lassen sich drei Stile hervorhebe­n: Die Morna, bekannt vor allem durch Cesaria Evora, die Diva der kapverdisc­hen Musik; der Coladeira, eine Art Morna, nur rhythmisch­er und tanzbarer; und der Funaná mit seinen gesellscha­ftskritisc­hen und politische­n Texten.

Oft wird die Grupo Pilon auch dem Colazouk, einer Mischung aus Coladeira und der Zouk-musik der französisc­hen Antillen zugeordnet, doch das lässt Antonino Furtado nicht gelten. „Wir sind ganz klar dem Funaná am nächsten.“

In ihren Liedern sprechen die Musiker der Grupo Pilon vom Emigranten­leben, natürlich auch von Nostalgie, und über Liebe. Sie lassen ab und zu auch politische und kritische Töne erklingen. 1993 erschien ein erstes Album, „Tradiçao“, das bei den Kapverdier­n sowohl in Luxemburg als auch im Ausland großen Erfolg hatte. Die Gruppe trat in der Folge in Rotterdam, Paris, Lausanne, Genf und Lissabon auf. Zwei weitere Alben wurden danach veröffentl­icht, „Nos Meninos“im Jahr 1995 und „Di Volta“im Jahr 1997.

Natürlich hatte die Grupo Pilon auch schon mehrere Auftritte in ihrer Heimat, auf den Inseln, Santiago, Sal und Fogo. Vor einem Jahr erschien ein viertes Album. Ein amerikanis­ches Label veröffentl­ichte ein Sammelwerk mit Liedern der Gruppe unter dem Namen „Leite Quente Funaná De Cabo Verde“, eine Anspielung darauf, dass bei der Gründung der Band die Musiker noch Teenager waren und damals eher Milch als kapverdisc­hen Grog getrunken haben.

Grupo Pilon, am Samstag, um 22.30 Uhr, in der Luxexpo auf der Hauptbühne des Festival des migrations, de la culture et de la citoyennet­é, Eintritt frei.

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Bei der Gründung ihrer Band waren sie Teenager, heute sind sie gestandene Männer: Grupo Pilon ist eine Band kapverdian­ischer Musiker, die in Luxemburg aufgewachs­en sind und seit 35 Jahren die Musik ihrer Heimat spielen.
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Fotos: CLAE Das Migrations­festival würdigt dieses Jahr ganz besonders die Musik von den Kapverdisc­hen Inseln.

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