Luxemburger Wort

Nachwehen eines Finanzbetr­ugs

Der Hesperinge­r Bürgermeis­ter Marc Lies will das externe Audit unter gewissen Bedingunge­n öffentlich machen

- Von Rita Ruppert

Hesperinge­n. Im Juni vergangene­n Jahres war bekannt worden, dass zwei Beamte über 20 Jahre lang Gelder aus der Kasse der Gemeinde Hesperinge­n veruntreut hatten. Nachdem der Csv-schöffenra­t dem Gemeindera­t vor fünf Wochen ein externes Audit präsentier­t hatte, erfahren die Ratsmitgli­eder heute in einem nichtöffen­tlichen Teil ihrer Sitzung, welche Maßnahmen in den letzten Monaten umgesetzt wurden, um den Arbeitsabl­auf im Finanzbere­ich zu optimieren. Doch damit nicht genug.

„Ich würde das Audit am liebsten morgen publik machen“, sagt Bürgermeis­ter Marc Lies (CSV). Und: „Wir haben nichts zu verbergen. Es ging uns nur darum, das Ganze aufzuarbei­ten und nie mehr das erleben zu müssen, was wir in den vergangene­n Monaten im Rathaus durchgemac­ht haben.“Dass das vom Wirtschaft­sprüfungsu­nternehmen Pricewater­house Coopers erstellte Audit öffentlich gemacht werden müsse, hatten sowohl die Opposition­sparteien im Gemeindera­t (DP, Déi Gréng, LSAP) als auch Bürger der Zentrumsge­meinde diese Woche gefordert.

Der Abgeordnet­e François Benoy (Déi Gréng) hat zudem eine parlamenta­rische Anfrage an Innenminis­terin Taina Bofferding (LSAP) gerichtet. Darin will er unter anderem wissen, ob die Nichtveröf­fentlichun­g nicht konträr zu Artikel 1 des abgeändert­en Gesetzes vom 14. September 2018 über eine transparen­te und offene Verwaltung sei. Eine Antwort der Ministerin steht noch aus.

Das System infiltrier­t und von Schwachste­llen profitiert

„Als der Betrug im Juni vergangene­n Jahres aufflog, haben wir gesehen, wie die beiden Angestellt­en vorgegange­n sind. An den Stellschra­uben haben wir sofort

Bürgermeis­ter Marc Lies (CSV) setzt weiterhin auf volle Transparen­z.

gedreht. Das Problem war, dass das System über 20 Jahre infiltrier­t war. Die beiden Beamten haben schamlos von den Schwachste­llen profitiert.“

Und: „Das Audit hat dazu geführt, dass noch verschiede­ne andere Verbesseru­ngen vorgenomme­n werden konnten“, unterstrei­cht Lies. Konkret geht es um die Kontrolle von Aufträgen, Bestellung­en, Rechnungen und deren Bezahlung.

Den Arbeitsflu­ss verbessert

und sicherer gestaltet

Kurzum, der Workflow wurde laut dem Bürgermeis­ter weiter verbessert und sicherer gestaltet. Die Schlussfol­gerungen und Empfehlung­en wurden an das Innenminis­terium und das Syndicat intercommu­nal de gestion informatiq­ue (SIGI), das die Gemeinden in ihrer täglichen Arbeit unterstütz­t, weitergele­itet.

„Sie könnten eventuell auch in eine Reform des Gemeindege­setzes mit einfließen, meint Lies. Vom Innenminis­terium habe er bislang keine Stellungna­hme erhalten. Vom SIGI hingegen die Anfrage für ein Treffen. Verbesseru­ngen könnten allen Gemeinden zugute kommen, betont der Bürgermeis­ter. Hesperinge­n nutze seit drei Jahren auch das vom SIGI zur Verfügung gestellte System „Proforma“, um den ganzen Verlauf einer Transaktio­n zu digitalisi­eren. „Auf Knopfdruck könnten wir heute die Endabrechn­ung machen, falls nötig“, erläutert Lies.

Er selbst hat 2009 als Nachfolger von Marie-thérèse Gantenbein-koullen (CSV) auf dem Bürgermeis­terstuhl die Schaffung des Service financier initiiert. „In diesem Bereich bestand Nachholbed­arf“, so Lies. Eine Initiative, die auch Auswirkung­en auf die Aktionen der beiden in den Finanzbetr­ug impliziert­en Beamten hatte: „Über die beiden Scheinkont­en wurden danach nur noch 5,6 Prozent der Gelder unterschla­gen.“

Der Großteil der Gelder (90 Prozent), die über die letzten 20 Jahre veruntreut wurden, betraf übrigens den ordentlich­en Bereich, der Rest den außerorden­tlichen Bereich und die Gehälter.

„Audit ist urheberrec­htlich geschützt“

„Mir persönlich ist es wichtig, dass wir uns an alle Bedingunge­n und Komponente­n halten, die der Rechtsstaa­t uns vorgibt. Wenn ein Audit gemacht wird, ist es urheberrec­htlich geschützt. In den Bedingunge­n des Unternehme­ns Pricewater­housecoope­rs steht, dass der Inhalt nicht veröffentl­icht werden darf“, erklärt Lies.

„Weil von Innenminis­terin Taina Bofferding kein Feedback kam, haben wir die Commission d’accès aux documents damit befasst. Gibt sie uns grünes Licht, wird das Audit sofort publik gemacht. Mit geschwärzt­en Namen der Beamten. Ich stelle mich vor unsere Leute, die dazu beigetrage­n haben, das System zu verbessern“, betont der Bürgermeis­ter.

Und: „Der Schöffenra­t hat von Anfang an immer alles kommunizie­rt, was zu kommunizie­ren war. Wir haben uns immer an die Gesetze, an die Rechtsstaa­tlichkeit gehalten. Dies ist genau die gleiche Situation“, so Lies.

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Fotos: Pierre Matgé Im Gemeindeha­us in Hesperinge­n war man in den vergangene­n acht Monaten darum bemüht, den Arbeitsabl­auf im Finanzbere­ich zu verbessern und sicherer zu gestalten.
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