Geistermarathon in Tokio
Yonas Kinde startet trotz Gefahr vom Corona-virus auf Einladung der Un-flüchtlingsagentur
Marathonlaufen in Zeiten des Corona-virus: Diese ungewöhnliche Erfahrung macht Yonas Kinde an diesem Sonntag in Tokio. Der Flaathlet, der 2016 als Mitglied des internationalen Flüchtlingsteams bei den Olympischen Spielen in Rio Marathon gelaufen ist, startet beim prestigeträchtigen Rennen in der japanischen Hauptstadt auf Einladung der Flüchtlingsagentur der Vereinten Nationen (UNHCR) und des Organisators hin.
Mit dem Ausbruch des Coronavirus, von dem Japan und speziell die Metropole Tokio besonders stark betroffen sind, sind die Bedingungen nun ganz anders als ursprünglich vorgesehen. Japan ist nach China, dem Ursprungsland der Epidemie, und Südkorea, das Land mit dem meisten bestätigten Infektionen. Bis gestern waren es 189, die Fälle auf dem Kreuzfahrtschiff Diamond Prince nicht mitgerechnet.
Nur Eliteläufer und Rollstuhlfahrer am Start
Am 17. Februar hat der Organisator in Tokio die Veranstaltung als Massenevent abgesagt. 37 804 eingeschriebene Läuferinnen und Läufer waren hiervon betroffen. Das Rennen ist demnach nur noch offen für 170 Eliteläufer und 30 Rollstuhlfahrer. Kinde, seit Dienstag vor Ort, ist so wie andere Athleten im Campus der Waseda-universität in einem Außenbezirk von Tokio untergebracht. „Hier geht alles seinen normalen Gang, außer dass viele Menschen mit Mundschutz unterwegs sind“, so der 39-Jährige, der auf dem weiträumigen Gelände die hervorragenden Bedingungen zum Laufen nutzt.
Kinde sollte eigentlich als Unhcr-botschafter an etlichen offiziellen Pressekonferenzen teilnehmen, die nun aber abgesagt worden sind. Die Presse ist aber trotzdem massiv präsent. „Bisher habe ich etwa 20 Interviews gegeben“, so der 39-Jährige. Für Sonntag erwartet er sich einen „Geistermarathon“.
„Man hat den Leuten hier dringend geraten, große Menschenansammlungen
zu meiden, sodass wahrscheinlich kaum Zuschauer an der Strecke sein werden“, so der Celtic-athlet. Weniger als fünf Monate vor Beginn der Olympischen Spiele in Tokio scheint der Organisator in Zusammenhang mit dem Event vor allem um positive Schlagzeilen bemüht zu sein. Das gelingt an erster Stelle durch die Qualität der Athleten. Vorjahressieger Birhanu Legese will versuchen, als erster Athlet in Japan einen Marathon unter 2.03' zu laufen. Der Äthiopier gewann 2019 in 2.04'48'', im September wurde er in Berlin in 2.02'48'' gestoppt, dem drittbesten Chrono aller Zeiten.
Für die japanischen Langstreckler geht es um die Qualifikation für die Olympischen Spiele. Die drei Startplätze wurden zwar im Prinzip bei den nationalen Meisterschaften im September vergeben, aber wenn am Sonntag ein Japaner unter 2.05'50'' läuft, wird er zum Olympiateam gehören. Dies auf Kosten des Dritten der Landesmeisterschaften, Suguru Osako, dessen Bestzeit eben bei 2.05'50'' liegt.
Auch in Zeiten des Corona-virus ist beim Tokio-marathon somit der Wille zu erkennen, den leistungssportlichen Aspekt in den Vordergrund zu rücken.