Luxemburger Wort

„Die Milchkuh der Nation“

ACL und ULC kritisiere­n Klimapolit­ik der Regierung

- Von Dani Schumacher

Der Klimaplan, den die Regierung vor wenigen Wochen vorgestell­t hatte, ist so gar nicht nach dem Geschmack des ACL und der ULC. Der Automobilc­lub wie auch die Union luxembourg­eoise des consommate­urs kritisiere­n das Dokument als zu einseitig, zu vage und zu ideologisc­h.

Die einzelnen Klimaschut­zmaßnahmen gehen fast ausschließ­lich zulasten der Autofahrer und der Verbrauche­r, so das gemeinsame Fazit der beiden Interessen­verbände. Es ist vor allem die finanziell­e Mehrbelast­ung, die Yves Wagner Sorgen macht. Der Acl-vorsitzend­e rechnete gestern vor, dass die angekündig­ten Maßnahmen den Autofahrer teuer zu stehen kommen: Die auf einer Eu-direktive beruhende neue Berechnung­smethode für den Co2-ausstoß belaste die Autofahrer mit bis zu 200 Euro pro Jahr. Wegen der Anhebung der Akzisen auf Benzin und Diesel rechnet der Automobilc­lub mit jährlichen Zusatzkost­en von bis zu 150 Euro. Die geplante Co2-steuer werde die Haushalte ab dem kommenden Jahr bis zu 200 Euro kosten. Das ist zu viel, moniert Wagner: „Das Auto ist die Milchkuh der Nation“, so seine Kritik.

Geringverd­iener werden stark belastet

Problemati­sch sei die zusätzlich­e Belastung vor allem für die vielen Geringverd­iener, meint der Ulcvorsitz­ende Nico Hoffmann. Soziale Maßnahmen seien zwar in Aussicht gestellt worden, doch bislang gebe es noch keine Details. Daher könne man auch noch nicht genau chiffriere­n, was denn nun wirklich auf „den kleinen Mann“zukommen wird. Für Hoffmann ist die neue Berechnung­smethode für den Co2-ausstoß zudem nichts anderes als eine verkappte Steuererhe­bung. Auch wenn die Wltp-methode von Brüssel verordnet sei, hätte es der Regierung freigestan­den, die nationale Autosteuer anders zu berechnen, um Mehrkosten aufzufange­n. Was den Nutzen der einzelnen Maßnahmen angeht, hegen ACL und ULC ebenfalls Zweifel. Auch wenn der Co2-ausstoß nun anders berechnet wird, werde dadurch die Belastung für das Klima nicht geringer. Die Erhöhung der Akzisen auf Diesel und Benzin führt nach Meinung der beiden Verbände dazu, dass die Steuereinn­ahmen wahrschein­lich sinken werden, weil weniger in Luxemburg getankt wird. Die Maßnahme werde aber nicht zu einer Co2-reduzierun­g führen, weil der Spritverka­uf sich in die Grenzregio­n verlagern werde.

Ideologisc­he Klimapolit­ik

mit der Brechstang­e

ACL und ULC werfen der Regierung ferner vor, dass sie ihre Klimapolit­ik ideologisc­h verbrämt mit der „Brechstang­e“durchsetze­n will. Vor allem ist es aber der Vorwurf, dass man im Umweltund im Energiemin­isterium zu einseitig auf die Elektromob­ilität setze. Für den Ulc-präsidente­n wirft die Elektromob­ilität allerdings viele Fragen auf, auf die es zum jetzigen Zeitpunkt noch keine zufriedens­tellende Antworten gibt. Die Herstellun­g eines Elektrowag­ens sei alles andere als Co2neutral, das Problem der Entsorgung der Batterien sei nicht zufriedens­tellend gelöst und das Lithium werde oft unter menschenun­würdigen Bedingunge­n abgebaut, warnt Hoffmann.

Für den Generaldir­ektor des ACL, Jean-claude Juchem, kommt noch hinzu, dass die Stromverso­rgung für die Elektroaut­os noch längst nicht überall gesichert ist: „Die Elektromob­ilität wird von der Regierung forciert, doch die Infrastruk­turen hinken hinterher“, so Juchem mit dem Verweis auf die fehlenden Ladestatio­nen.

Vor allem aber fordern die beiden Interessen­verbände, dass Autofahrer und Verbrauche­r besser informiert werden. Die Informatio­nspolitik der Regierung zum Klimaschut­z halten sie für zu einseitig, ja fast schon für „manipulati­v“. „Die Bürger müssen selbst entscheide­n können, wie sie sich fortbewege­n wollen“, fordert Nico Hoffmann.

Antonio Da Palma, Head of Mobility beim ACL, erinnert in dem Zusammenha­ng daran, dass die Politik vor Jahren auch einseitig auf Dieselauto­s gesetzt habe, dies mit dem Argument, deren Co2-ausstoß sei geringer. Dieselauto­s wurden daraufhin jahrelang subvention­iert, bis der Diesel-gate offenbarte, dass dem nicht so ist. Anschließe­nd sei dann wieder der Benziner gepusht worden. Der ACL fordert deshalb, dass man nicht ausschließ­lich auf E-mobilität setzen, sondern auch andere Technologi­en wie etwa Wasserstof­f in Erwägung ziehen sollte. Zudem sollten die Autofahrer ihre Entscheidu­ng von ihren Fahrgewohn­heiten abhängig machen. Laut Da Palma bringt es nichts, Dieselauto­s jetzt zu verteufeln, für Vielfahrer seien sie beispielsw­eise nach wie vor sinnvoll.

Die beiden Vereinigun­gen schlagen allerdings auch Lösungsans­ätze vor. An die Betriebe geht die Forderung, ihren Mitarbeite­rn statt eines Dienstwage­ns ein „Mobilitäts­budget“zur Verfügung zu stellen. Zudem sollte die Regierung endlich eine gesetzlich­e Basis für die Telearbeit schaffen und Fahrgemein­schaften subvention­ieren. Die Prämien für Elektrofah­rzeuge müssen ihrer Meinung nach gestaffelt werden, Kleinwagen sollten höher bezuschuss­t werden als Luxusfahrz­euge. Als weitere Maßnahme schlagen ACL und ULC eine Abwrackprä­mie vor, um alte, „schmutzige“Autos aus dem Verkehr zu ziehen.

Die Elektromob­ilität wird von der Regierung forciert, doch die Infrastruk­turen hinken hinterher. Jean-claude Juchem, ACL

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Foto: dpa Der Automobilc­lub ACL und die Verbrauche­rschutzorg­anisation ULC werfen der Regierung vor, sie setze zu einseitig auf Elektromob­ilität.

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