Luxemburger Wort

Polish fürs Image

- Von Claude Feyereisen

Ausgerechn­et François Bausch war skeptisch: Vor nicht allzu langer Zeit sagte er noch, der öffentlich­e Transport in Luxemburg sei einer der günstigste­n im Vergleich zu anderen Ländern. Es könne also nicht am Preis liegen. Wenig später dann schwenkte er auf den Weg seiner DP- und Lsap-koalitions­kollegen ein und nannte die kostenlose Nutzung von Bus, Bahn und Tram die Kirsche auf dem Kuchen. Mit Letzterem meinte er wohl ein landesweit effiziente­s System. Das Problem dabei: Es fehlt der Kuchen!

Am heutigen 29. Februar wird der „gratis ëffentlech­en Transport“Wirklichke­it. Mit viel Pomp, abgehobene­n Vergleiche­n (Mondlandun­g, Weltumrund­ung ...) und „unabhängig­en“Musikern, die sich vor den blau-grün-roten Karren spannen lassen – allen voran Nationalba­rde Serge Tonnar. Ein in der Tat historisch­er Augenblick, vor allem für Premier Bettel und seinen grünen Mobilitäts­minister: Weil es sich mit dem Pioniersta­tus im Rampenlich­t der internatio­nalen Medienbühn­e gut glänzen lässt. Und weil es ganz einfach ein ... sehr einfaches Dossier ist. Mit Themen dieser Art weiß Xavier Bettel bekanntlic­h bestens umzugehen.

Doch der Glanz wird ebenso schnell verblassen, wie sich eine etwaige anfänglich­e Begeisteru­ng für die nunmehr kostenlose­n öffentlich­en Verkehrsmi­ttel aufseiten potenziell­er Umsteiger legen wird. Die Kostenfrei­heit löst nämlich die Probleme nicht: Bahnhofsge­bäude werden abgerissen und nicht ersetzt, durchgängi­ge Busspuren auf den Hauptachse­n sind nicht angelegt, Querverbin­dungen sind Mangelware und auf dem Land ist die Frequenz der Linienbuss­e zu niedrig. Die Fahrt mit Bus oder Bahn bleibt mühsam und verleitet so gar nicht zum Umdenken.

Umso unverständ­licher sind Zeitpunkt und Grad der medialen Ausschlach­tung der Maßnahme. Statt sich jetzt dem Vorwurf der Effekthasc­herei auszusetze­n, hätte die Regierung die Zeit bis zum Superwahlj­ahr 2023 nutzen sollen, um ein bedarfsger­echtes und bürgerorie­ntiertes Gesamtkonz­ept mit strategisc­hen Knotenpunk­ten umzusetzen, an denen unterschie­dliche Verkehrsmi­ttel und Dienstleis­tungsangeb­ote wie Post, Bankfilial­en sowie Einkaufs- und Einkehrmög­lichkeiten vereint werden. Hier wird gerade die Chance verpasst, eine Win-winsituati­on für Ortsansäss­ige, Pendler und Grenzgänge­r zu schaffen. François Bausch tingelt lieber mit seiner RGTR-SHOW durch die Kantone, um die Bürger mit Studien, Statistike­n und Verspreche­n vom eigentlich­en Problem abzulenken.

Der Grund für das Kick-off-spektakel kann also nur die ausbleiben­de positive Presse sein: Seit Anbeginn des Bettel-kabinetts II hat die Regierung wenig Konkretes geliefert. Stattdesse­n dominieren Personalwe­chsel in Chamber und Regierung aus persönlich­en oder tragischen Gründen, Vorteilsna­hmen und parteienin­terne Reibereien.

Da kommt der „gratis ëffentlech­en Transport“dem im Umgang mit Publikum gewieften Premier und seinem Vize gerade gelegen: unkomplizi­ert, leicht vermittelb­ar und wohlklinge­nd. #Freemobili­ty soll es richten und das Image aufpoliere­n – wenn auch nur internatio­nal. Für den Pendler bleibt alles beim Alten: Ob im Auto oder im Bus, er steht im Stau. Mit dem Bus jetzt immerhin kostenlos.

#Freemobili­ty

ist reiner Aktionismu­s und löst das Mobilitäts­problem nicht.

Kontakt: claude.feyereisen@wort.lu

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