Luxemburger Wort

Hoffnungst­rägerin der französisc­hen Konservati­ven

Die frühere Justizmini­sterin Rachida Dati will Pariser Bürgermeis­terin werden – Doch die 54-Jährige eckt immer wieder an

- Von Christine Longin (Paris)

Auf Fotos schaut Rachida Dati meist streng. Mit ihrem finsteren Blick und dem zusammenge­kniffenen Mund flößt sie Furcht ein. Dabei ist das gar nicht nötig, denn vor der früheren Justizmini­sterin hat ohnehin fast jeder Respekt. Sie ist für ihre Launen und Wutausbrüc­he bekannt, von denen selbst Ex-präsident Nicolas Sarkozy nicht verschont blieb. Als Dati im vergangene­n Jahr verkündete, Bürgermeis­terin von Paris werden zu wollen, wurde sie milde belächelt. Das Projekt schien nur eine weitere fixe Idee der ambitionie­rten Juristin zu sein. Inzwischen mokiert sich niemand mehr über die Kandidatin der konservati­ven Republikan­er, die für ihre Partei nach 20 Jahren das Rathaus zurückerob­ern will.

Die Außenseite­rin gibt den Konservati­ven, die bei den Europawahl­en nur noch auf gut acht Prozent kamen, wieder neue Hoffnung.

In Umfragen liegt Dati mit gut 20 Prozent inzwischen nur noch knapp hinter der sozialisti­schen Bürgermeis­terin von Paris, Anne Hidalgo. Dabei schien ein Sieg Hidalgos angesichts der Probleme in der Präsidente­npartei La République en Marche (LREM) schon vorprogram­miert zu sein. Der Kandidat von Emmanuel Macron, Benjamin Griveaux, musste wegen eines Sexvideos auf eine Kandidatur verzichten. Für Griveaux sprang Gesundheit­sministeri­n Agnès Buzyn ein, die allerdings in Umfragen nur den dritten Platz belegt. Das Programm Buzyns setzt ähnliche Akzente wie das Datis: Sicherheit und Sauberkeit.

Dati ist dazu seit Monaten in der Hauptstadt unterwegs und hört sich vor allem in den ärmeren Vierteln im Osten die Beschwerde­n der Einwohner an. Als Bürgermeis­terin des siebten Stadtbezir­ks von Paris kann sie Lösungen vorschlage­n, die sie im Kleinen bereits bei sich ausprobier­t hat. Dass

Dati entstammt einer algerischm­arrokanisc­hen Einwandere­rfamilie.

Dati ausgerechn­et einmal im schicken siebten Arrondisse­ment zwischen Invalidend­om und Eiffelturm landen würde, amüsiert sie selbst.

Seit frühester Kindheit ehrgeizig

Denn der Weg dorthin war ihr als Tochter einer algerisch-marokkanis­chen Einwandere­rfamilie nicht vorgezeich­net. Die begabte Schülerin wuchs mit elf Geschwiste­rn auf, von denen einige auch in ihrem Wahlkampft­eam sind. „Niemals will ich so wie meine Mutter leben“, erinnert sie sich in der Zeitung „Le Monde“an einen Entschluss aus ihrer Kindheit. Also fing Rachida schon mit 14 zu arbeiten an: Als Aushilfe im Supermarkt, als Kassiereri­n, als Pflegehelf­erin. Sie studierte Jura an einer renommiert­en Fakultät in Paris und wurde Untersuchu­ngsrichter­in. Ohne Scheu vor Prominenz kontaktier­te sie Sarkozy, der sie als Innenminis­ter in sein Büro holte und nach seiner Wahl zur

Justizmini­sterin machte. Zwei Jahre lang war Dati Ministerin und in dieser Zeit wurde viel über ihr Liebeslebe­n spekuliert. 2009 brachte sie ihre einzige Tochter Zohra zur Welt, deren Vaterschaf­t sie lange geheim hielt. Erst vor einigen Jahren verurteilt­e ein Gericht den französisc­hen Geschäftsm­ann Dominique Desseigne zu Unterhalts­zahlungen für das Mädchen. Wenig später setzte Sarkozy sie als Ministerin vor die Tür.

Nach ihrem Ausscheide­n aus der Regierung wurde es ruhig um Dati, die ins Europaparl­ament wechselte. Erst durch den Wahlkampf ist die Kandidatin wieder eine begehrte Interviewp­artnerin, die allerdings mit ihren provokante­n Aussagen immer wieder für Empörung sorgt. Ihre Verknüpfun­g der Anschläge von Hanau mit der Flüchtling­spolitik von Angela Merkel wurde von allen Seiten kritisiert. Applaus bekam Dati nur vom rechtsextr­emen Rassemblem­ent National.

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