Hoffnungsträgerin der französischen Konservativen
Die frühere Justizministerin Rachida Dati will Pariser Bürgermeisterin werden – Doch die 54-Jährige eckt immer wieder an
Auf Fotos schaut Rachida Dati meist streng. Mit ihrem finsteren Blick und dem zusammengekniffenen Mund flößt sie Furcht ein. Dabei ist das gar nicht nötig, denn vor der früheren Justizministerin hat ohnehin fast jeder Respekt. Sie ist für ihre Launen und Wutausbrüche bekannt, von denen selbst Ex-präsident Nicolas Sarkozy nicht verschont blieb. Als Dati im vergangenen Jahr verkündete, Bürgermeisterin von Paris werden zu wollen, wurde sie milde belächelt. Das Projekt schien nur eine weitere fixe Idee der ambitionierten Juristin zu sein. Inzwischen mokiert sich niemand mehr über die Kandidatin der konservativen Republikaner, die für ihre Partei nach 20 Jahren das Rathaus zurückerobern will.
Die Außenseiterin gibt den Konservativen, die bei den Europawahlen nur noch auf gut acht Prozent kamen, wieder neue Hoffnung.
In Umfragen liegt Dati mit gut 20 Prozent inzwischen nur noch knapp hinter der sozialistischen Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo. Dabei schien ein Sieg Hidalgos angesichts der Probleme in der Präsidentenpartei La République en Marche (LREM) schon vorprogrammiert zu sein. Der Kandidat von Emmanuel Macron, Benjamin Griveaux, musste wegen eines Sexvideos auf eine Kandidatur verzichten. Für Griveaux sprang Gesundheitsministerin Agnès Buzyn ein, die allerdings in Umfragen nur den dritten Platz belegt. Das Programm Buzyns setzt ähnliche Akzente wie das Datis: Sicherheit und Sauberkeit.
Dati ist dazu seit Monaten in der Hauptstadt unterwegs und hört sich vor allem in den ärmeren Vierteln im Osten die Beschwerden der Einwohner an. Als Bürgermeisterin des siebten Stadtbezirks von Paris kann sie Lösungen vorschlagen, die sie im Kleinen bereits bei sich ausprobiert hat. Dass
Dati entstammt einer algerischmarrokanischen Einwandererfamilie.
Dati ausgerechnet einmal im schicken siebten Arrondissement zwischen Invalidendom und Eiffelturm landen würde, amüsiert sie selbst.
Seit frühester Kindheit ehrgeizig
Denn der Weg dorthin war ihr als Tochter einer algerisch-marokkanischen Einwandererfamilie nicht vorgezeichnet. Die begabte Schülerin wuchs mit elf Geschwistern auf, von denen einige auch in ihrem Wahlkampfteam sind. „Niemals will ich so wie meine Mutter leben“, erinnert sie sich in der Zeitung „Le Monde“an einen Entschluss aus ihrer Kindheit. Also fing Rachida schon mit 14 zu arbeiten an: Als Aushilfe im Supermarkt, als Kassiererin, als Pflegehelferin. Sie studierte Jura an einer renommierten Fakultät in Paris und wurde Untersuchungsrichterin. Ohne Scheu vor Prominenz kontaktierte sie Sarkozy, der sie als Innenminister in sein Büro holte und nach seiner Wahl zur
Justizministerin machte. Zwei Jahre lang war Dati Ministerin und in dieser Zeit wurde viel über ihr Liebesleben spekuliert. 2009 brachte sie ihre einzige Tochter Zohra zur Welt, deren Vaterschaft sie lange geheim hielt. Erst vor einigen Jahren verurteilte ein Gericht den französischen Geschäftsmann Dominique Desseigne zu Unterhaltszahlungen für das Mädchen. Wenig später setzte Sarkozy sie als Ministerin vor die Tür.
Nach ihrem Ausscheiden aus der Regierung wurde es ruhig um Dati, die ins Europaparlament wechselte. Erst durch den Wahlkampf ist die Kandidatin wieder eine begehrte Interviewpartnerin, die allerdings mit ihren provokanten Aussagen immer wieder für Empörung sorgt. Ihre Verknüpfung der Anschläge von Hanau mit der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel wurde von allen Seiten kritisiert. Applaus bekam Dati nur vom rechtsextremen Rassemblement National.