Gejammer und Gezeter
Sehr geehrte Frau Di Pillo, Ihr Leitartikel erinnert mich an die – vor allem im Deutschunterricht verbreitete Unsitte – Themen mit Pro und Kontra zu behandeln, ein Schema, das bei vielen zum schizophrenen Denken führt, eine Sache und ihr Gegenteil gleichzeitig oder nacheinander gelten zu lassen. Das erklärt dann derart verwässerte Schlussfolgerungen wie Ihr Aufruf, „die Politik muss sicherstellen, dass jeder die gleichen Chancen bekommt, möglichst viel aus seinem Leben zu machen“. Ich nehme mit Genugtuung zur Kenntnis, dass Sie das Tabuthema „Erbschaftssteuer“auch angehen gegen die „vielen, denen es schwerfällt, offen und sachlich darüber zu sprechen“respektive sprechen zu lassen. Sie kommen aus der Wirtschaft und denken halt ökonomisch, will sagen: Sozial „Unfaires“ist vielleicht nicht schön, aber auch „nicht wichtig“(sic), wenn es denn der Wirtschaft dient. „Was zählt“(zahlt?), ist, „wofür das Geld in der freien Wirtschaft verwendet wird“. Was eine so pauschal aufgestellte Behauptung konkret bedeuten könnte, das erfährt der Leser nicht. Immerhin lassen Sie einige von Steuergegnern bemühte „Argumente“unter den Tisch fallen, wie die verleumderische „Neidsteuer“, dann den irreführenden Hinweis, die vererbten Werte seien bereits der Steuer unterzogen worden sowie das Wehklagen über die „plus-values“, denen zufolge die zu bemitleidenden Erben auch noch von der grausamen Immobiliensteuer befreit werden müssten, die für alle andern gilt. Das ist ein durchaus zu begrüßender Fortschritt! Aber: Kein Wort über Freibeträge! Dafür immer dieses Gejammer über zwar nicht angegebene aber stets zu hohe Abgaben („stark besteuert“) und dieses Gezeter, eine erst ins Auge gefasste Steuer im Namen humanistischer Freiheiten als „Strafe“zu brandmarken. Pierre Gerges,
Steinbrücken
Dies ist eine Reaktion auf den Leitartikel „Erbschaft und Leistung“vom 24. Februar.