Ritual der Flammen
Das Buergbrennen hat eine lange Tradition – Der historische Ursprung ist düster
Luxemburg. Die Flammen schlagen in die Höhe, die Bretter prasseln, die Latten knacken. Das Feuer lodert und vertreibt die nächtliche Eiseskälte. An diesem Wochenende brennen im ganzen Land wieder die Burgen. Wobei der Begriff „Burg“oder „Buurg“nichts mit einer Befestigungsanlage zu tun hat, sondern vereinfacht Brand oder Feuer bedeutet. Die Bezeichnung ist vom lateinischen Verb für verbrennen, „comburo“, abgeleitet.
Seit Wochen schon laufen in den Dörfern die Vorbereitungen für die Burgbrennen. Lokale Vereine sammeln Stroh, Reisig, Holz sowie die ausgedienten Weihnachtsbäume ein und schleppen sie zum Burgplatz, meistens ein erhobener Punkt im Dorf oder am Ortsrand. Im Zentrum jeder Burg steht der mächtige Baum, mal als Kreuz, mal als kreativere Holzkonstruktion. Sobald die Dunkelheit diesem Unternehmen die gebührende Aufmerksamkeit zusichert, wird das Konstrukt in Brand gesteckt.
Gallische Menschenopfer
Die Tradition des Verbrennens der Buerg, Hëtt oder Burgaup – je nach Region – am ersten Sonntag nach Fastnacht ist alt. Wie alt, das ist schwer zu sagen. Hartnäckig hält sich die Theorie, der Brauch würde auf die Neujahrsfeste im antiken Rom zurückgehen. Dort begann das Jahr mit dem 1. März. Die
Geschichte ist schön, doch laut dem renommierten Historiker Alain Atten ist der Ursprung viel düsterer ...
Propaganda oder Wahrheit
Gemeint ist das Ritual der Menschenopfer. Der römische Feldherr und Kaiser Gaius Julius Caesar beschreibt diese in seinen Schriften über jene Jahre, in denen er ganz Gallien bis zum Rhein eroberte. „Laut Caesar haben die Gallier als Opfergabe für die Götter, Menschen an großen Holzkreuzen verbrannt“, erläutert Alain Atten. „Die Überlieferungen zeigen uns, die Tradition des Feuers ist uralt. Sie gehört zur Vorgeschichte unserer Kultur.“Die Form des Kreuzes habe ihren Ursprung also bei den Galliern, nicht im Christentum, so der Historiker.
Wie viel davon Propaganda eines Feldherrn gegen den Kriegsfeind ist, kann heute nicht mehr beurteilt werden. Doch die keltische Tradition, mit dem Feuer zur Zeit des Frühlingsanfangs symbolisch einen guten Sommer heraufzubeschwören, könne als Ursprung des Brauchtums gelten.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein glaubten die Menschen, für eine gute Ernte wären Tieropfer vonnöten. Noch vor mehr als 100 Jahren hätten die Einwohner im Préizerdaul
und Vianden lebendige Katzen mit dem Feuer verbrannt: „Eine Erzählung berichtet, in Vianden sei einst ein Tier entkommen und habe danach eine Vielzahl von Häusern in Brand gesteckt“, erklärt Alain Atten.
Alte Traditionen und Rituale
Über die Jahrhunderte hinweg haben beim Feuerritual der Glaube und die Hoffnung auf eine ertragreiche Ernte mitgespielt. So wurde als Glückssegen die Asche des Holzfeuers von den Bauern auf den Feldern verstreut.
Auch dem Wetter kam eine wichtige Rolle zugute. Je nachdem, wo der Wind den Rauch hinwehte, wurde es als ein Vorzeichen gedeutet: „Wéi den Damp op Buergsonndeg geet, esou geet de ganze Virsummer“, verkündet eine Bauernregel an der Mosel. Sollte das Feuer sich nicht entzünden lassen, war dies ein schlechtes Omen: „Wann d'buerg net brennt, da brennt een Haus“, so die unheilvolle Verkündung.
In manchen Dörfern in Luxemburg obliegt es zudem dem zuletzt vermählten Paar, den Baum zu spenden und das Kreuz anzuzünden.
Auch heute noch hat die Tradition des Burgbrennens in vielen Dörfern Bestand. Und ist beliebt bei Alt und Jung. In der Gemeinde Weiler-la-tour etwa setzten sich 17 Freunde zwischen 16 und 27 Jahren für den Erhalt des örtlichen Burgbrennens ein: „Wir kommen alle aus dem Ort. Daher ist es für uns umso wichtiger, den Brauch aufrechtzuerhalten“, erklärt der 25-jährige Alain Groff im
Gespräch mit dem „Luxemburger Wort“. Ziel sei die Gründung eines neuen Vereins: „Erste Ideen sammelten wir bereits im Dezember
vergangenen Jahres, nachdem der dorfansässige Kegelklub mit der Organisation des Burgbrennens aufgehört hat.“