Homeoffice statt Newsroom
Die Redaktionsräume des „Luxemburger Wort“stehen derzeit leer
Der Ernst der Situation ist den Mitarbeitern des „Luxemburger Wort“nicht erst seit vergangenem Sonntag bewusst. Als Chefredakteur Roland Arens jedoch an jenem Tag eine E-mail mit der Mitteilung verschickt, dass vom nächsten Tag an alle von zu Hause aus arbeiten sollen, erhöht sich die Anspannung aber ein weiteres Mal. „Ich denke, der Schritt war unausweichlich. Das Ziel musste sein, die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen und einen Beitrag dazu zu leisten, dass sich das Virus nicht weiter verbreitet“, so Arens im Nachhinein.
Alle Redaktionsversammlungen sind seither auf unbestimmte Zeit abgesagt, die Kommunikation funktioniert vorwiegend über Telefon oder E-mail und direkte professionelle Kontakte müssen auf das absolute Minimum herabgeschraubt werden. „Der Anfang gestaltete sich schwierig“, gibt der beigeordnete Chefredakteur Claude Feyereisen zu, „nicht etwa wegen der zu Hause zu nutzenden Betriebssysteme, sondern wegen der Kommunikation. Nach fünf Werktagen stellt sich aber fast schon so etwas wie Routine ein. Die Absprachen bleiben allerdings zeitaufwendiger als beim Direktkontakt in der Redaktion.“
Bedeutung der digitalen Kanäle
In diesen Krisenzeiten geht der für einen Journalisten so wichtige direkte Kontakt verloren. Auch nach draußen. Die Pressekonferenzen der Regierungsmitglieder werden mittlerweile, was ob des Ansteckungsrisikos nachvollziehbar ist, über Livestream abgehalten – ohne Medienarbeitende vor Ort. Kritisches Nachfragen bleibt so zu oft auf der Strecke. Die journalistische
Der Journalistenklassiker „Kaffee“... und die (frühe) Osterdekoration dürfen bei diesem Kollegen nicht
fehlen (rechts). Arbeit hat sich gewandelt. Aber die Informationspflicht bleibt bestehen.
„In der Corona-krise zeigt sich jetzt schon die herausragende Bedeutung der digitalen Kanäle für unseren Journalismus“, so Chefredakteur Arens weiter. „Wir arbeiten seit Monaten daran, die Abläufe in der Redaktion vom Zeitplan der gedruckten Zeitung auf die Anforderungen unserer digitalen Produkte umzustellen. Von dieser Vorarbeit können wir jetzt profitieren.“
Quer durchs Land
Die rund 55-köpfige Lw-redaktion steht vor der Herausforderung, aus den eigenen vier Wänden, quer verstreut durch das ganze Land, zu berichten – einige Kollegen wohnen gar außerhalb der Landesgrenzen. Doch nicht alle können das, warnt Redaktionsmanager Andreas Holpert. „Es gibt einige Mitarbeiter, die nicht von zu Hause aus arbeiten wollen. Und es gibt einige wenige, die in die Produktion der Zeitung eingebunden sind und daher in die Druckerei kommen müssen. Es gibt zudem wenige Kollegen, die zu Hause bleiben, aber nicht von dort arbeiten, allein aus dem Grund, weil viel Arbeit einfach weggebrochen ist.“
Bei den vielen Informationen, die innerhalb kürzester Zeit in die (virtuelle) Redaktionstube hereinschneien, fällt es selbst langjährigen Journalisten schwer, den Überblick zu behalten. Besonders gefordert ist in diesen Tagen die Online-redaktion des „Luxemburger Wort“, die ihre Leser täglich mit einem Liveticker auf dem Laufenden hält. „Der Arbeitsaufwand ist groß und der Stressfaktor auch“, gibt der Verantwortliche Christophe Langenbrink zu, der in dieser Krisensituation sein
Team personalmäßig aufgestockt hat. „Gerade in solch herausfordernden Zeiten ist es unsere Rolle, die Leser so umfänglich und so lange wie möglich zu informieren. Wir versuchen das Aktuellste und das Wichtigste in Bezug auf Luxemburg in den Ticker einzubauen. Es ist aktuell eine noch größere Herausforderung als sonst, Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Der Gegencheck ist ganz wichtig“, bekräftigt Langenbrink. „Für unseren Online-auftritt wie für unsere traditionelle Zeitung gilt, Fakten zunächst checken und dann erst publizieren. Wir versuchen auch, in Erklärartikeln die gängigsten Fakenews zu entlarven. “
„In den Kontext stellen“
„Die Informationsbeschaffung ist natürlich ein Stück weit eingeschränkt, wenn man von zu Hause aus arbeitet und Gesprächspartner nur per Telefon oder Skype erreichen kann“, bekräftigt auch Chefredakteur Arens noch einmal. „Vor allem unsere Fotografen und Videoreporter sind normalerweise sehr viel unterwegs. In jedem Fall gilt, dass keiner unserer Journalisten ein gesundheitliches Risiko eingehen soll. Die andere große Herausforderung besteht aber meiner Ansicht nach darin, dass wir uns als Journalisten in der täglichen Arbeit nicht von der Dramatik der Krise überwältigen lassen. Das betrifft die Überprüfung und Einordnung der Meldungen, die fast im Sekundentakt auf uns einprasseln. Nicht jedes Foto von einer Terrasse mit voll besetzten Tischen, das in sozialen Netzwerken umherschwirrt, zeigt einen tatsächlichen Verstoß gegen die Ausgehbeschränkungen. Neue Zahlen von Corona-fällen müssen in den Kontext gestellt werden.“
Mit großem Bildschirm und externer Tastatur: Im heimischen Arbeitszimmer lässt sich Redaktionsarbeit bequem erledigen. (rechts).