Die klare Ansage fehlt
Der Umgang der Regierung mit der Corona-krise verdient Anerkennung. Vor allem Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) überzeugt mit ihrer souveränen, ruhigen, ja, beruhigenden Art. Auch Bildungsminister Claude Meisch (DP) hat vor acht Tagen seinen Mann gestanden, als er den Schulbetrieb aussetzte. Allerdings ist diese Maßnahme, weil in der Not getroffen, nicht frei von Unzulänglichkeiten.
Aufseiten der Grundschullehrer gibt es unterschiedliche Auslegungen dessen, was von den Schülern in der unterrichtsfreien Zeit erledigt werden soll, wie Nachforschungen des „Luxemburger Wort“belegen (Artikel „Schule ohne Schule“vom 17. März). Das bedeutet, dass die Anweisungen des Bildungsministeriums nicht klar und nicht präzise waren.
Während die einen Lehrer die Kinder nur bereits vermittelten Lernstoff wiederholen lassen, verlangen andere von den Eltern die Fortsetzung des Lehrplans, also die Vermittlung neuen Lernstoffs.
Ebenso unterschiedlich wie die Aufgabenstellung an die Eltern ist auch die Kommunikation mit eben diesen. Das Spektrum reicht von befehlenden Emails über in Eigeninitiative eingerichtete Chaträume von Lehrern für Eltern und hilfreiche Videobotschaften bis hin zu einer täglichen „Permanence“von Lehrern zu einer bestimmten Uhrzeit, um etwaige Fragen der Eltern zu beantworten und ihnen bei der nunmehr an sie ausgelagerten pädagogischen Aufgabe Tipps zu geben. Auch hier fehlt die klare Ansage des Bildungsministers.
Je jünger die Kinder, desto schwerer wiegt dieser Umstand. Für die größeren der Grundschüler, also jene des Zyklus 4, gehört der Umgang mit Rechner und E-mails bereits zum Alltag. Dadurch können sie, wie die Schüler der Sekundarstufe, auf direktem Wege mit ihrem jeweiligen Lehrer kommunizieren. Für die jüngeren Schüler, jene des Zyklus 2, die sich in der Alphabetisierungsphase befinden, gestaltet sich das Homeschooling aufgrund der vorgenannten Sachlage deutlich schwieriger, vor allem dann, wenn der Hausunterricht über das Wiederholen von bereits Erlerntem hinausgeht.
Wie sollen Eltern, die weder der luxemburgischen noch der deutschen Sprache mächtig sind, deren Kinder aber eine kommunale Schule besuchen, den Lehrplan mit Deutsch als Unterrichtssprache fortsetzen? Von fehlenden pädagogischen Kompetenzen, unabhängig vom soziokulturellen Umfeld der Erwachsenen, ganz zu schweigen.
Bei einem Ausländeranteil von fast 50 Prozent ist davon auszugehen, dass aktuell ein erheblicher Teil gleichaltriger Grundschüler benachteiligt ist und bei Wiederaufnahme des Schulbetriebs Defizite gegenüber jenen Klassenkameraden aufweisen wird, deren Eltern aufgrund ihres „Heimvorteils“und/oder Bildungsniveaus in der Lage waren, mit ihren Kindern zu lernen. Umso wichtiger ist es, dass der Bildungsminister Farbe bekennt und die Lehrkräfte unmissverständlich anweist, nach Beendigung der unterrichtsfreien Zeit wieder an derselben Stelle in den Lernstoff einzusteigen, wo sie am 13. März ausgestiegen sind.
Damit alle die gleichen Chancen haben, wenn die Schule in frühestens vier Wochen wieder anfängt. Bei den „Première“schülern hatte Claude Meisch ja auch ein Einsehen.
Erlerntes wiederholen oder Neues
lernen? Das hängt vom
Lehrer ab.
Kontakt: claude.feyereisen@wort.lu