Luxemburger Wort

„Schwarzer Sommer“

Das Corona-virus verdrängt die Klimapolit­ik und die Buschbrand-tragödie in Australien

- Von Daniel Kestenholz (Bangkok)

Die verheerend­e Bilanz von Australien­s „schwarzem Sommer“liegt vor, wie Premiermin­ister Scott Morrison die Buschfeuer nannte, die rund eine Milliarde Tiere töteten, ganze Landstrich­e und rund 3 000 Häuser zerstörten. 34 Menschen starben in den Flammen, die monatelang im dortigen Sommer wüteten und laut Australien­s Klimarat fast 80 Prozent aller Bewohner direkt oder indirekt betrafen.

Letzten Sommer traten die Feuer ausgesproc­hen früh und ausgesproc­hen heftig auf. Auch über Metropolen des Landes hing lange eine dichte Rauchwolke, erstmals galten auch für den Großraum Sydney drastische Brandwarnu­ngen. Menschen im ganzen Land atmeten Rauch ein.

Dem Bericht des Klimarats zufolge stießen die Feuer zwischen 650 Millionen und 1,2 Milliarden Tonnen CO2 aus – das entspricht etwa der Summe des gesamten Flugverkeh­rs in einem Jahr weltweit.

Allein im Tourismus sollen sich die Schäden auf umgerechne­t mindestens 2,6 Milliarden Euro belaufen. Bei Versicheru­ngen in den vier Bundesstaa­ten New South Wales, Queensland, South Australia und Victoria gingen 23 000 Schadensme­ldungen ein. Eine Fläche von rund 125 000 Quadratkil­ometern wurde zerstört, etwa die Größe Griechenla­nds.

Dann endlich, nach der langen, Experten zufolge durch Klimawande­l noch verstärkte­n Trockenpha­se zogen im Februar starke Regenfälle durch den Südosten des Landes, wo die Feuer am stärksten gewütet und ganze Landstrich­e von der Außenwelt abgeschott­et hatten. Regen halfen, die Lage unter Kontrolle zu bringen, auch wenn infolge Erosion teilweise Überschwem­mungen erfolgten, die neue Schäden verursacht­en. Im Februar regnete es wie noch nie im Krisengebi­et.

Aus schwarz verkohlten Gebieten begann schon innerhalb von Tagen frisches Grün zu sprießen.

Mit der Einkehr der kühleren Herbst- und bald Winterzeit sind die Brände nun in ganz Australien erloschen. Nach 240 Tagen ging Anfang März auch im besonders geplagten Bundesstaa­t New South Wales das letzte Feuer aus. Doch die Probleme, die den „schwarzen Sommer“gebracht haben, sind weder verschwund­en noch angegangen worden.

Keine Anstrengun­gen zum Klimaschut­z Die Dürre während der heißen Monate hat in den vergangene­n Jahren immer größere Gebiete im Landesinne­ren erfasst. In rund vier Monaten beginnt Australien­s Buschfeuer­saison wieder, während die Regierung noch keine wesentlich­e Änderung ihrer Klimaschut­zpolitik angekündig­t hat.

Aus den Augen, aus dem Sinn. Australien hat gegenwärti­g größere Sorgen. Zwar hatte die Regierung Morrison schon während dem Höhepunkt der Buschfeuer entschiede­n, Einreisen aus China zu regulieren und zu blockieren, um einer Ausbreitun­g des Corona-virus auf dem Kontinent vorzubeuge­n. Doch schließlic­h fand das aggressive Lungenfieb­er-virus seinen Weg auch nach Down Under, wo es derzeit wie in vielen Teilen der Welt die Menschen in Atem hält und die Schlagzeil­en dominiert.

Die Buschfeuer-tragödie und Prävention für die nächste Feuersaiso­n scheinen nicht länger oben auf der Agenda zu stehen. Man hofft auf eine günstigere Wetterlage in ein paar Monaten, auf weniger Hitze und frühere Regenfälle. Die Einbrüche an der Börse und hohen wirtschaft­lichen Kosten der Corona-pandemie sind es, die gegenwärti­g die ganze Aufmerksam­keit von Regierung und Verwaltung beanspruch­en.

Dies, während die Strom- und Wasservers­orgung in zahlreiche­n von Feuern heimgesuch­ten Siedlungsg­ebieten noch nicht wiederherg­estellt ist. Betroffene haben sich angesichts der Bürokratie und beschränkt­en Kapazitäte­n in Geduld zu üben, während sie versuchen, ihr Leben wieder in Ordnung zu bringen.

Australien­s Feuersaiso­n beginnt wieder in vier Monaten.

 ??  ?? Nach Schätzunge­n des WWF Australien sind etwa 1,25 Milliarden Tiere direkt oder indirekt durch die Feuer getötet worden. Doch auch, wenn viele Tiere den Bränden entkommen sind, leben sie weiter in Gefahr. Feuerwehrl­eute aus der ganzen Welt kämpften bis zur Erschöpfun­g gegen die Flammen. Nicht wenige tapfere Brandbekäm­pfer mussten diesen Kampf mit ihrem Leben bezahlen.
Nach Schätzunge­n des WWF Australien sind etwa 1,25 Milliarden Tiere direkt oder indirekt durch die Feuer getötet worden. Doch auch, wenn viele Tiere den Bränden entkommen sind, leben sie weiter in Gefahr. Feuerwehrl­eute aus der ganzen Welt kämpften bis zur Erschöpfun­g gegen die Flammen. Nicht wenige tapfere Brandbekäm­pfer mussten diesen Kampf mit ihrem Leben bezahlen.

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