„Der Kreis schließt sich“
Russische Politiker halten die Großfeuer in der Taiga für unvermeidbar
In Sibirien brannten vergangenen Sommer laut World Wide Fund for Nature (WWF) 16 Millionen Hektar Taiga – das ist fast die zweifache Fläche Österreichs. Auch infolge steigender Lufttemperaturen. Russische Politiker aber halten die Großfeuer für eine naturgegebene Unvermeidbarkeit.
Nach heftigen Schneestürmen in den vergangenen Wochen liegt der Schnee in der sibirischen Taiga noch meterhoch. Aber die russische Waldbrandsaison hat schon wieder begonnen. Aus der südrussischen
Verzweifelt versuchen Menschen, mit den primitivsten Mitteln gegen das verheerende Feuer anzukämpfen. Region Krasnodar wurden allein am 10. März neun Waldbrände gemeldet, die meisten wurden beim Abfackeln von Altgras entfacht.
Russlands Förster, Umweltschützer, auch Holzunternehmer fragen sich bang, ob die verheerenden Waldbrände des vergangenen Jahres 2020 wieder ausbrechen werden. Als bedroht gilt vor allem die Taiga, der urwüchsige, von Nadelbäumen dominierte, Mischwald Sibiriens und Nordrusslands. 2019 wüteten in Sibirien mehrere Monate lang riesige Waldbrände,
„Die Wälder in Sibirien brennen jedes Jahr“, sagt Andrei Schtschjogoljew, Direktor des Wwf-waldprogramms in Russland. Aber das Ausmaß und die Stärke der Feuer nähmen zu, 2019 hätte der Rauch auch große Städte wie das mittelsibirische Krasnojarsk erreicht. Die gewaltigen Smogfahnen erreichten auch Alaska und Grönland, laut Greenpeace beförderten sie 225 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre.
Erneuerung dauert 200 Jahre
Die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti beziffert den Gesamtschaden auf umgerechnet etwa 205 Millionen Euro, nur knapp 64 000 Hektar Wald seien vernichtet worden. Naturschützer aber reden von drei Millionen Hektar. „Auch viele vom Menschen unberührte Waldflächen sind verbrannt“, sagt Schtschjogoljew. Allerdings könne sich das Ökosystem Taiga selbst regenerieren, erst wüchsen neue Laubbäume, dann folgten Fichten, Kiefern und Lärchen. „Aber die völlige Wiederherstellung des Urwalds dauert 150 bis 200 Jahre.“
Ein Grund für die zunehmende Waldbrandgefahr ist offenbar die Erderwärmung. Nach Angaben der Weltwetterorganisation WMO lagen im Juni die Durchschnittstemperaturen in den sibirischen Waldbrandgebieten zehn Grad über der Norm.
Moskauer Parlamentarier machen geheime amerikanische Klimawaffen oder oppositionelle Brandstifter verantwortlich. Vor allem aber verweist die Staatsmacht auf natürliche Ursachen. In trockenen Sommern verwandle sich das Unterholz der Taiga regelrecht in Schießpulver, erklärte Umweltminister Dmitri Kobylkin. „Es reicht ein Blitz in der Trockenzeit, sogar Wind, damit ein Feuer ausbricht.“
Allerdings vermuten Ökologen hinter solchen Aussagen die Unlust zu ernsthaften finanziellen und organisatorischen Anstrengungen gegen die Waldbrandgefahr. Laut der Zeitschrift Nowoje Wremja wurden mit dem neuen Forstkodex 2006 die Zahl der Waldhüter in Russland von 70 000 auf 12 000 gekürzt, 2006 wurden auch die sogenannten „Kontrollzonen“eingeführt, in denen Waldbrände nur beobachtet, aber nicht gelöscht werden sollen.
Nach dem Katastrophensommer will man diese Kontrollzonen verringern, Präsident Wladimir Putin sprach vergangenen Dezember davon, sie zu halbieren. „Dann muss der Staat auch mehr Mittel für Löscharbeiten bereitstellen“, sagt Wwf-experte Schtschjogolew. „Aber der Etat zur Waldbrandbekämpfung soll nur um sechs Prozent steigen.“
Wladimir Putin signalisierte schon, dass sein politischer Wille zum Kampf gegen die Waldbrände Grenzen besitzt. „Selbst wenn man die Feuer mit Löschflugzeugen bekämpft, müssen diese bis zum Brandherd 700 Kilometer fliegen. Ein solches Feuer zu löschen, heißt es mit Gold zuzuschütten.“Das klingt, als würde die Taiga diesen Sommer wieder brennen.