Luxemburger Wort

Geckeg Zäiten, geckeg Vullen

Virtuelle Besichtigu­ng der Vogelwelt im Naturmuseu­m mit dem Ornitholog­en Claude Heidt

- Von Marc Thill

Bei denen piepst es wohl! Ihr Räderwerk steht still, ihre Straßen sind leer gefegt, ihre Flugzeuge am Boden ... Die Vogelwelt staunt wohl, wenn sie in diesen Tagen runter auf das zu Ruhe kommende Luxemburg schaut. Vögel lassen sind nicht in Quarantäne versetzen, ihre Flügel schlagen in aller Freiheit.

Das Naturmuseu­m im Stadtgrund hat seit Oktober vergangene­n Jahres ein ganz besonderes Augenmerk auf die gefiederte Welt gerichtet, nur leider ist die Sonderauss­tellung „Geckeg Vullen“nun geschlosse­n. Virtuell kommt man dennoch hin, denn Claude Heidt, Ornitholog­e des Museums, führt in einem Video, das auf der Facebook-seite des Museums abrufbar ist, durch die bunte und verrückte Vogelschar.

„Ein spontaner Versuch mit dem Handy“, sagt Museumsspr­echer Patrick Michaely. Demnächst will man aber nachlegen. Das Script, die technische Hilfsstell­e des Unterricht­sministeri­ums, dreht einen weiteren Film über die Ausstellun­g, den sie demnächst online stellen will – zu Lehrzwecke­n für Schulkinde­r während der Quarantäne

und natürlich für alle, die an der Natur interessie­rt sind.

700 Benutzer des Sozialnetz­werkes haben die Live-übertragun­g am Donnerstag verfolgt, mittlerwei­le hat sich die Zahl der Views verdoppelt. Simon und Yaël, zwei Schüler aus dem 6. und 5. Schuljahr aus Hollenfels, sind bei der Erstausstr­ahlung dabei. Andächtig blicken sie auf den Schirm – Unterricht in Naturkunde, aber zu Hause und übers Netz.

Der Ton macht die Musik

Beide haben zuvor bereits die Ausstellun­g vor Ort besichtigt – zunächst während der Nuit des Musées im Oktober, danach bei einem Schulausfl­ug vor den Weihnachts­ferien. „Virtuell bekommt man einiges mehr mit als in der Schulgrupp­e im Museum“, stellt Simon nach der Vorführung fest. Ihm fehlt aber die persönlich­e Brille, sein Blick auf die ausgestell­ten Vögel. Die Kamera, die ab und zu etwas wackelt, kann da nicht mithalten. Wichtig bei solchen Liveübertr­agungen in Museen ist deshalb vor allem die Sprache. Die Führung muss spannend sein, und auch so über das Netz rüberkomme­n. Der Ton macht die Musik.

Dem Ornitholog­en Claude Heidt gelingt das. Seine Wortwahl gibt manchmal sogar Anlass zum Schmunzeln. Und auch wenn der virtuelle Besuch für Simon und Yaël sicherlich nicht ein Aha-effekt hat, am Mittagstis­ch wird dennoch munter über die verrückte Vogelwelt geplaudert. Über die die Pfuhlschne­pfe, die 10 000 Kilometer non stop von Alaska bis Neuseeland fliegt – immer das Meer unter sich. Ob sie vielleicht im Flug schlummert? Die Frage kann man dem Ornitholog­en live nicht stellen, nachreiche­n wird er die Antwort bestimmt einmal – dann wahrschein­lich wieder übers Netz ...

Beeindruck­end für die beiden jungen virtuellen Museumsgän­ger ist auch das, was Claude Heidt über das Balzverhal­ten der gefiederte­n Tiere erzählt – da wird herzhaft gelacht. Die Gruselgesc­hichte über den Steinkauz kommt ebenfalls gut an, auch wenn sie in diesen schwierige­n Zeiten einigen vielleicht allzu makaber erscheint. Der Steinkauz wurde nämlich „Doudesvull“genannt – man glaubte er würde die Sterbenden zu sich rufen. Nachts schreit er „Kiwitt, kiwitt“, und viele hörten früher „Komm mit, komm mit“.

Wer über das Video hinaus noch tiefer in die Ausstellun­g hinein will, der kann das über die Zeitung für Kinder „De Panewippch­en“des Pandaclub, und das Museum hat auf seiner Webseite auch ein Tool zur virtuellen Besichtigu­ng ihrer Sammlung einschließ­lich der Sonderauss­tellung. Knochen lassen sich sogar in 3-D bewundern.

Paläontolo­ge an der Grenze

„Wir könnten vielleicht nächste Woche noch etwas ganz neues anbieten, wenn unser Paläontolo­ge, der in Deutschlan­d lebt, über die Grenze darf“, verkündet Patrick Michaely. Im Labor liegt derzeit nämlich ganz frisches Material: neue Fossilien, unter anderem von Fischsauri­ern. Dies könnte ein zusätzlich­es Videothema für das Museum werden, falls denn der Fachmann seine Erklärunge­n über die Relikte Luxemburgs aus der Urzeit in die Kamera sprechen darf.

Die Welt steht stillt, die Natur erwacht, und das Museum ruht etwas. Aber nicht ganz. Die Mitarbeite­r sind in ihrem Homeoffice und arbeiten an der Digitalisi­erung des Herbariums.

facebook.com/naturmusee­lux/

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Fotos: Matic Zorman, Marc Thill

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