Luxemburger Wort

16 Wochen Drill

Instructio­n de base: Wie die Luxemburge­r Armee binnen kurzer Zeit aus Zivilisten wehrfähige Soldaten macht

- Von Steve Remesch (Text) und Gerry Huberty (Fotos)

Diekirch. Mit ihrem Sturmgeweh­r im Anschlag pirschen sich die beiden jungen Männer in Tarnkleidu­ng über den verschlamm­ten Feldweg am Botterweck an das dicht bewachsene Waldstück heran. In Position 1 Uhr zu 9 Uhr, so wie ihr Ausbilder, der ihnen nur wenige Schritte hinterher folgt, es ihnen eingetrich­tert hat. Dann hebt der Ausbilder die Hand und aus dem Gestrüpp vor ihnen wird ein Schuss abgefeuert. Platzpatro­nen – natürlich. Die beiden Rekruten ducken sich, erwidern das Feuer und suchen Deckung. Zu zögerlich, zu unkoordini­ert, zu langsam, findet der Ausbilder. „Dee soll sech an d'box man, well dee mengt, e géing vun enger ganzer Arméi ugefall, net vun esou zwee klenge Männercher wéi iech“, bemängelt er dann auch wenige Minuten später beim Debriefing. Dann: „Allez weider, déi nächst zwee.“

Feindkonta­kt als Übung

Der Feindkonta­kt ist eine von vielen Übungen, welche die rund 40 Rekruten der 36. Partie in der Woche absolviert haben. Und für sie gilt es sich ranhalten, denn in wenigen Tagen werden sie darauf bewertet, wie gut sie das in Theorie und Praxis Erlernte auch verinnerli­cht haben: Vom Erstellen einer Skizze, der Observieru­ng, bis zum Wachdienst, vom Sich-an-den Feind-heranpirsc­hen, dem Überwinden von Kreuzungen und Hinderniss­en bis hin zum Feindbesch­uss. All das müssen sie am Ende der Woche beherrsche­n und dazu die militärisc­hen Grundregel­n, die ihnen ständig wiederholt werden. Denn, es ist ein entscheide­nder Teil ihrer viermonati­gen Grundausbi­ldung, bevor sie im April vereidigt werden sollten und damit offiziell Angehörige der Luxemburge­r Streitkräf­te werden. Aber das war vor dem Coronaviru­s (siehe Kasten unten).

Dabei stellt die Woche im Zeltlager – nicht in den Tiefen des Öslings, sondern direkt hinter dem Sicherheit­szaun der Herrenberg­kaserne – sie auch vor grundlegen­dere Herausford­erungen: Die Wenigsten haben bei den Pfadfinder­n gelernt, unter freiem Himmel zu überleben – Anfang März, zwischen Regenschau­ern und Schlamm und das bei Temperatur­en, die sich nachts dem Gefrierpun­kt nähern und tagsüber nicht weit darüber liegen.

Mali im Visier

Spätestens in der Woche, die sie mit ihren Ausbildern im Biwak verbringen, dürfte dann auch jedem der angehenden Soldaten klar werden, dass auch in Friedensze­iten Missionen in Konfliktge­bieten anstehen und, dass dort die Kenntnisse, die ihnen im beschaulic­hen Luxemburg vermittelt wurden, überlebens­wichtig werden können – auch im Hinblick auf die Friedensst­abilisieru­ngsmission in Mali, an der die Luxemburge­r Armee sich ab diesem Jahr stärker beteiligt als bisher.

Am 6. Januar ist die 36. Partie zur Grundausbi­ldung angetreten, und wer von den ursprüngli­ch 63 Volontären noch übrig ist, der hat bereits so einige etwas bodenständ­ige Herausford­erungen hinter sich gebracht: ein streng reglementi­erter Alltag, auch das Leben getrennt von der Familie und in der Gruppe sowie hohe sportliche Anforderun­gen, die vielen zuvor fremd waren. Nun sollte eigentlich bald der krönende Abschluss bevorstehe­n. Doch das Corona-virus führt nun zu einer ungeplante­n Verlängeru­ng.

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 ??  ?? Die Skizze: Jeder Rekrut lernt, eine Karte auf Augenmaß zu erstellen. Diese soll alle wichtigen Orientieru­ngspunkte enthalten.
Die Skizze: Jeder Rekrut lernt, eine Karte auf Augenmaß zu erstellen. Diese soll alle wichtigen Orientieru­ngspunkte enthalten.

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