Oberster Krisenmanager
Infektionsexperte Anthony Fauci ist der wichtigste Corona-bekämpfer der USA
Washington. In Lichtgeschwindigkeit verbreitete sich in den sozialen Medien Panik, als Anfang der Woche der drahtige Mann mit dem grauen Seitenscheitel hinter Donald Trump beim täglichen „Corona“briefing fehlte. „Wo ist Fauci?“, schlug Msnbc-moderatorin Mika Brzezinski Alarm. Schließlich fragte ein Reporter nach dem Verbleib des Wissenschaftlers, der für viele der ruhende Pol hinter dem sichtlich überforderten Präsidenten ist.
„Er ist bei einem Treffen der Arbeitsgruppe“, beruhigt Trump die Nerven seiner Zuhörer, die mit dem Schlimmsten gerechnet hatten: dem Rausschmiss des Mannes, auf den Amerika in der Krise wirklich hört.
Fauci hatte Trump in den vergangenen Tagen wiederholt öffentlich korrigiert. Zu oft für den Geschmack einiger Mitarbeiter im Weißen Haus, die den Spezialisten für Infektionskrankheiten via „New York Times“warnten, Trumps Geduld mit ihm neige sich dem Ende entgegen.
Es begann bei einem Briefing, als der Leiter der Infektionsabteilung bei der nationalen Gesundheitsbehörde NIH die Hand über das Gesicht hielt, nachdem der Präsident das Außenministerium verunglimpft hatte. Ganz Medienprofi versuchte Fauci, die abfällige Geste als Fehlinterpretation aus der Welt zu reden.
Widerspruch zum Präsidenten
In der Sache widersprach Fauci in den vergangenen Tagen unbestritten mindestens drei Mal den rosigen Versprechungen Trumps. Der Wissenschaftler dämpfte die Erwartung, bereits in Kürze einen Impfstoff gegen den Erreger zu haben. Er warnte davor, ein Malaria-medikament als Wundermittel gegen das Virus zu betrachten. Und er verwies Trumps Idee, bis Ostern wieder zu einem „normalen“Leben zurückzukehren, in den Bereich
des Wunschdenkens. Freimütig sagte Fauci, der in seiner Funktion als „Chef-epidemiologe“seit 1984 sechs Präsidenten zur Seite stand, einem Reporter des Wissenschaftsmagazins „Science“, er könne nicht viel machen, wenn Trump bei den Briefings Fehlinformationen verbreite. „Ich kann nicht vor das Mikrofon springen und ihn auf den Boden werfen.“
Fauci hat Erfahrung mit Präsidenten, die sich schwer tun, dem Rat von Wissenschaftlern zu folgen. Es war sein Verdienst, Mitte der 1980erjahre Ronald Reagan hartnäckig davon zu überzeugen, die Aids-krise ernst zu nehmen und darauf zu reagieren. Er entwarf den erfolgreichen Plan zur Eindämmung der Ebola-krise und beriet die Us-regierung im Umgang mit der Schweineund Vogelgrippe. Seine Rolle in der Arbeitsgruppe des Weißen Hauses im Kampf gegen Covid19 ist die größte Herausforderung seiner Karriere. Denn Fauci ringt nicht nur mit einem gefährlichen Virus, sondern einem unberechenbaren Präsidenten, der mit widersprüchlichen Botschaften Chaos verbreitet. tsp