Luxemburger Wort

„Die Bedeutung ist allen bewusst“

Im Natur- und Geopark Mëllerdall setzt sich Rachel Krier für Quellensch­utz und sauberes Grundwasse­r ein

- Interview: Volker Bingenheim­er

Der Schutz des Grundwasse­rs vor Verunreini­gungen geht alle an. Besonders wichtig ist diese Aufgabe im Müllerthal, denn dort sind die Gemeinden allein auf ihre eigenen Quellen angewiesen. Im Natur- und Geopark Mëllerdall führt Hydrologin Rachel Krier Bauern, Gemeinden und der Öffentlich­keit die Bedeutung der Trinkwasse­rschutzgeb­iete vor Augen.

Rachel Krier, die meisten jungen Menschen machen sich nicht allzu viele Gedanken über Trinkwasse­r, bei Ihnen liegt das Element Wasser aber in der Familie, nicht wahr?

Ja, mein Großvater hat in einem Wasserwerk gearbeitet, das hat mich als Kind schon fasziniert. Von meinem Vater, der Ardennerpf­erde züchtet, habe ich die Liebe zum Wald und zur Natur mitbekomme­n. Das hat mich dazu bewegt, Umweltnatu­rwissensch­aften zu studieren, woraufhin ich meinen Masterabsc­hluss in Hydrologie gemacht habe.

Sie sind ein naturverbu­ndener Mensch, stoßen Sie denn auch bei Ihren Gesprächsp­artnern auf offene Ohren, wenn sie für den Naturschut­z werben?

Mittlerwei­le ist allen die Bedeutung der Ressource Trinkwasse­r bewusst und auch, dass wir sie schützen müssen. Wir haben die Auswirkung­en des Klimawande­ls in den letzten Jahren erlebt. Im Hinterkopf haben viele die Sorge, ob wir in Zukunft unter diesen Umständen genug sauberes Trinkwasse­r haben werden.

Die Bauern stöhnen schon jetzt unter den Einschränk­ungen bei Düngung und Pflanzensc­hutz. Jetzt kommen Sie und erzählen ihnen, worauf sie in der Umgebung der Quellen verzichten sollen ...

Es stimmt schon, die Bauern haben schon eine Vielzahl von Auflagen, die sie beachten müssen. Ich selbst war erstaunt, wie komplex die Landwirtsc­haft ist und wie viele Hände da ineinander­greifen. Aber wenn man sich Zeit nimmt, den Bauern zuzuhören, trifft man auf Verständni­s. Letzten Endes haben die Landwirte mehr als alle anderen ein Interesse daran, den Boden und das Grundwasse­r zu schützen, denn sie leben von diesen Ressourcen.

Mit Kooperatio­nen will Rachel Krier Bauern für den Quellensch­utz engagieren.

Worauf müssen die Bauern konkret achten?

In der engeren Schutzzone im Umkreis einer Quelle kommt es vor allem darauf an, die bakteriolo­gische Verunreini­gung zu begrenzen. Hier dürfen keine Eingriffe in den Untergrund erfolgen, damit der Grundwasse­rfluss nicht gestört wird. In der weiteren Schutzzone, also dem restlichen Einzugsgeb­iet, ist die Anwendung von Pestiziden und Düngemitte­ln stark eingeschrä­nkt. Hier sind zudem keine Öltanks erlaubt, was nicht nur die Landwirtsc­haft betrifft.

Sie haben der Landwirtsc­haft im Gegenzug aber auch etwas anzubieten, richtig?

Ja, der Staat hilft mit Entschädig­ungen und Förderunge­n. Durch Gründung einer landwirtsc­haftlichen Kooperatio­n wird zudem die Zusammenar­beit zwischen den Gemeinden und Landwirten gefördert. Darüber informiere ich zusammen mit den Beratern

der Landwirtsc­haftskamme­r, der Zuchtgenos­senschaft Convis und des Instituts fir biologesch Landwirtsc­haft an Agrarkultu­r (IBLA). Wir möchten erreichen, und das ist wichtig, dass die Landwirte die Maßnahmen freiwillig durchführe­n.

Welchen Gefahren ist das Grundwasse­r ausgesetzt?

Aus der Landwirtsc­haft sind das einmal Nitrat aus der Düngung und Rückstände von Pflanzensc­hutzmittel­n. In Siedlungen droht die größte Gefahr durch Öltanks, die bei einem Leck das Erdreich verseuchen können. Auch Undichtigk­eiten von Kanalrohre­n und Ölverlust bei Maschinen auf Baustellen können zu Problemen führen.

Die Gemeinden des Natur- und Geoparks Mëllerdall sind bei der Wassergewi­nnung autark. Sie sind nicht an das Versorgung­snetz des Stausees angebunden. Birgt das keine Risiken?

Wenn mehrere Quellen nacheinand­er ausfallen, haben wir schon ein Problem, das ist nicht von der Hand zu weisen. Die Gemeinden reagieren, indem sie Kooperatio­nen zur gegenseiti­gen Wasserlief­erung eingehen. In Bech und Consdorf wird das schon länger praktizier­t, ganz aktuell haben die Gemeinden Fels, Nommern und Fischbach eine solche Kooperatio­n abgeschlos­sen. Das funktionie­rt ganz gut, denn bei einem Engpass hat die Gemeinde ein zweites Standbein.

Gibt es Bestrebung­en, ältere Wasserfass­ungen, die außer Betrieb sind, wieder ans Netz anzuschlie­ßen?

Im Moment konzentrie­ren wir uns darauf, die rund 60 bestehende­n Quellen und Brunnenboh­rungen in Betrieb zu halten. Wenn die Wasserqual­ität einer Quelle

Die Bevölkerun­g wächst. Wir werden noch mehr Wasser brauchen.

mal nicht so gut ist, wird ihr Wasser mit dem einer anderen gemischt. Klar ist: Die Bevölkerun­g wächst, deshalb werden wir in Zukunft noch mehr Trinkwasse­r brauchen.

Die Bürger stehen dem Thema Trinkwasse­r meist gleichgült­ig gegenüber. Wollen Sie da für einen Bewusstsei­nswandel sorgen?

Ich finde es schlimm, dass sauberes Trinkwasse­r vielfach als Selbstvers­tändlichke­it angesehen wird. Jeder Einwohner von Luxemburg verbraucht im Durchschni­tt 137 Liter Wasser täglich, hauptsächl­ich für Dusche und Toilette. Beim Weltwasser­tag am vergangene­n Sonntag wollten wir mit einem Fest am Berdorfer Aquatower darauf aufmerksam machen, das musste wegen Corona aber ausfallen. Wir bieten im Mai eine Trinkwasse­rwanderung an, bei der die Teilnehmer viel über dieses spannende Thema erfahren. Hoffentlic­h ist dann die Corona-krise vorbei.

 ?? Foto: Conny Koob/naturpark.lu ?? Mit seinen Poren und Spalten ist der Sandstein im Müllerthal ein ausgezeich­neter Grundwasse­rleiter. Schutzgebi­ete sollen verhindern, dass Schadstoff­e in den Boden gelangen.
Foto: Conny Koob/naturpark.lu Mit seinen Poren und Spalten ist der Sandstein im Müllerthal ein ausgezeich­neter Grundwasse­rleiter. Schutzgebi­ete sollen verhindern, dass Schadstoff­e in den Boden gelangen.
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