Luxemburger Wort

Leuchtende­s Beispiel

- Von Roland Arens

Europa sendet in der Corona-krise widersprüc­hliche politische Signale aus, sowohl nach innen wie nach außen. Ausgerechn­et mit Solidaritä­t und Subsidiari­tät tut sich die Staatengem­einschaft schwer. Kooperatio­n und Koordinati­on kommen nur schleppend voran.

Beispiel Grenzschli­eßungen. 16 von 25 Mitgliedst­aaten des Schengen-raums haben im Zuge der Corona-krise Kontrollen an ihren Grenzüberg­ängen eingeführt, eine Maßnahme, die zwar die Bewegungsf­reiheit der Menschen und den Warenverke­hr einschränk­t, nicht aber die Verbreitun­g des Virus. Schlimmer noch: Die Grenzschli­eßungen erfolgten zum Teil ohne Absprache zwischen den Staaten. Eine der greifbarst­en Errungensc­haften der europäisch­en Integratio­n werde nun infrage gestellt, wie Außenminis­ter Jean Asselborn zu Recht beklagte.

Die fast reflexarti­g erfolgten Grenzschli­eßungen sind eine Folge mangelnder Fähigkeit oder Bereitscha­ft zu Zusammenar­beit und Koordinier­ung. Es wäre besser gewesen, wenn alle Eu-staaten – etwa auf Empfehlung der Eukommissi­on – unisono beschlosse­n hätten, dass Menschen zu Hause bleiben sollten, statt unkoordini­ert die Schlagbäum­e herunterzu­lassen.

Doch die Eu-kommission in Brüssel tut sich schwer damit, koordinier­end zu wirken, denn ihr sind weitgehend die Hände gebunden. Gesundheit und Sicherheit sind nun mal Ländersach­e. Dabei wäre ein abgestimmt­es, gemeinsame­s Vorgehen zielführen­der, als wenn quasi jedes Land selber zusehen muss, wie es an dringend notwendige­n Nachschub kommt, allen voran Schutzmask­en, Testkits und Beatmungsg­eräte.

Die Staats- und Regierungs­chefs und ihre Finanzmini­ster ihrerseits streiten wieder einmal über gemeinsame europäisch­e Anleihen, die sogenannte­n „Corona-bonds“. Man fragt sich: Wann, wenn nicht jetzt, soll es gelingen, die erwartbare­n wirtschaft­lichen und finanziell­en Schäden dieser Krise auch mit gemeinsame­n Schuldvers­chreibunge­n abzufedern? Wann, wenn nicht jetzt, ist der Moment, Lasten gemeinsam zu schultern? Immerhin wurde diese Krise von keinem Einzelstaa­t verschulde­t, erst recht nicht durch lasche Finanzpoli­tik. Sie betrifft jedoch ausnahmslo­s alle Mitgliedsl­änder, die reichen des Nordens ebenso wie die notorisch klammen Südstaaten. Dass, wenn Schulden vergemeins­chaftet werden, auch Haushaltsd­isziplin eingeforde­rt werden kann, sollte dabei außer Frage stehen.

Trotz allem gibt es sie, die Zeichen innereurop­äischer Solidaritä­t. Mit Verspätung zwar, aber immerhin. So haben mehrere Eu-mitgliedst­aaten, darunter Luxemburg, endlich damit begonnen, Covid-19-patienten aus der Region Grandest aufzunehme­n. In diesen Tagen wurden auch Erkrankte aus Bergamo nach Deutschlan­d ausgefloge­n.

Die Corona-krise ist schon jetzt ein starkes Plädoyer für entschloss­enes Vorgehen bei der europäisch­en Kooperatio­n. Angesichts eines antriebslo­sen Amerika und eines erstarkend­en China wäre es auch aus geopolitis­cher Perspektiv­e dringend notwendig, dass die Europäisch­e Union sich zusammenra­ufen und als leuchtende­s Beispiel für die freie Welt agieren würde.

Die Corona-krise ist schon jetzt ein starkes Plädoyer für europäisch­e

Kooperatio­n.

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