„Mit dem Hobby aushelfen“
Jeff Schockmel stellt Schutzvisiere aus privatem 3D-drucker her
Medizinische Schutzausrüstung ist aufgrund der Covid-19-pandemie derzeit schwer bis gar nicht zu beschaffen. Das setzt vor allem medizinisches Personal, das täglich im engen Kontakt zu infizierten Personen steht, großen Risiken aus. Die Brüder Jeff und Tom Schockmel haben eine Hilfsaktion gestartet: Sie rufen private Besitzer von 3D-druckern im Netz dazu auf, sich an der Fertigung dringend benötigter Schutzvisiere zu beteiligen.
Jeff Schockmel, Sie haben im Netz eine Initiative gestartet, damit Besitzer eines 3D-druckers sich an der Produktion von Gesichtsschutzvisieren beteiligen können. Wie und wann kam es zu dieser Idee?
Die Idee ist nicht neu und geistert schon seit einigen Wochen durchs Internet. Vor allem in Bezug auf selbst konstruierte Beatmungsgeräte. Vor Kurzem hat der tschechische 3D-pionier Josef Prusa seine eigene Version eines Schutzvisiers der Öffentlichkeit zur freien Verfügung gestellt. Nachdem wir in den vergangenen Tagen immer wieder lesen mussten, dass Krankenhäuser Probleme bei der Beschaffung von medizinischem Material haben, dachten wir uns, dass wir mit unserem schönen Hobby da eventuell aushelfen könnten. Uns ist absolut klar, dass wir nichts herstellen können, das die strengen Anforderungen im medizinischen Bereich erfüllen könnte, aber scheinbar ist der Bedarf nach solchen Schutzvisieren vorhanden. Also haben wir zunächst in der Gemeinde Sassenheim gefragt, ob es Interesse an einer solchen Lösung gäbe. Der Vorschlag stieß zu unserem Erstaunen auf offene Ohren. Wir haben dann kurzerhand auf Facebook nach möglichen Helfern gesucht, was schlussendlich dazu geführt hat, dass wir eine eigene Facebook-gruppe erstellt haben, um die Organisation zu vereinfachen.
Wie viele Unterstützer mit 3Ddruckern sind ihrem Aufruf bereits nachgekommen?
Aktuell sind wir bei über 840 Mitgliedern angelangt, wobei natürlich schwer festzustellen ist, wer sich jetzt tatsächlich aktiv mit dem 3D-druck beschäftigt. Aber die Hilfsbereitschaft hat uns extrem positiv überrascht. Wir möchten uns hier auch bei allen freiwilligen Helfern bedanken, die unsere Initiative auf Facebook unterstützen. Ohne die wäre es nicht machbar! Auch viele Lyzeen beteiligen sich.
Das Visier besteht aus Kunststofffolie, die an einem 3D-gedruckten Bügel befestigt ist. Wo kann man sich solche Materialien derzeit beschaffen?
Die Materialien, die wir momentan benutzen, stammen hauptsächlich aus dem privaten Besitz der einzelnen Mitglieder. Die luxemburgische Firma Lux 3D Tech unterstützt uns mit der günstigen Beschaffung des 3Dfilaments, das für den Druck benötigt wird. Deswegen möchten wir uns auch bei der Firma noch einmal bedanken. Auch sie stellt derzeit Gesichtsschutzmasken her und spendet sie. Die Folien selbst sind einfach transparente A4- und A3-folien, die wir dort zu beschaffen versuchen, wo es gerade möglich ist. Aufgrund der aktuellen Lage ist das recht schwierig, da die meisten Geschäfte geschlossen haben. Die Firma
Grün hilft uns, indem sie uns vorgestanzte Folien spendet.
Wir sind aber noch weiter auf der Suche nach Möglichkeiten, Folien maschinell auf Maß lasern oder schneiden zu lassen. Das würde unsere Arbeit sehr erleichtern.
Sie stehen in Kontakt mit den Gesundheitsbehörden? Wie haben die auf die Initiative reagiert?
Wir stehen momentan mit drei Krankenhäusern, einem Altenheim, sowie einigen Personen, die im Gesundheitsbereich tätig sind, in Kontakt. Alle hatten Interesse an solchen Schutzvisieren bekundet. Wir haben am vergangenen Dienstag auch Kontakt mit dem Gesundheitsministerium aufgenommen, das uns, so weit Bedarf besteht, kontaktieren will. Grundsätzlich stößt die Aktion also auf offene Ohren und wird dankbar angenommen.
Wie viele solcher Masken könnte man mit einem gewöhnlichen 3Ddrucker pro Tag herstellen?
Das hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen von der Zeit, die man selbst aufbringen kann, aber auch von dem zu druckenden Modell und der Kapazität des Druckers. Das kleine, simple Modell benötigt je nach Drucker zwischen 35 und 60 Minuten.
Das komplexere Prusa-modell benötigt unterdessen schon über zwei Stunden.
Was kostet so eine Maske in dem Fall?
Die reinen Materialkosten (3Dfilament, transparente Folie und elastisches Band) liegen beim Prusa-modell grob geschätzt zwischen 1,30 und zwei Euro. Wir haben das Glück, dass wir das benötigte 3D-filament zu günstigen Preisen von Lux 3D Tech beziehen können. Jedoch möchte ich betonen, dass wir diese Masken kostenlos anbieten und alle Beteiligten die Herstellung mit ihren eigenen finanziellen Mitteln stemmen.
In Italien gab es den Fall, dass ein kleines Unternehmen ein dringend benötigtes Ersatzteil für Respiratoren nachgedruckt hat, aber dann leider Probleme wegen des Urheberrechts bekam. Fürchten Sie nicht, dass Ihnen etwas Ähnliches passieren könnte?
Wir finden es persönlich sehr schade, dass eine Firma in einer solchen Situation nur auf den eigenen Profit aus ist. Vor allem wenn man bedenkt, dass sie die Nachfrage nicht ansatzweise befriedigen kann. Das ist in meinen Augen grob fahrlässig und setzt nur unnötig Menschenleben aufs Spiel. Bei uns sieht die Sache etwas anders aus. Das simple Modell kommt von der schwedischen Firma 3Dverkstan Nordic AB2, das komplexere von Josef Prusa. Wir arbeiten also mit zwei verschiedenen Modellen, deren Konstruktionsangaben genau zu diesem Zweck veröffentlicht wurden. Josef Prusa hat zum Beispiel gesagt, dass er es begrüßen würde, wenn man diese Masken an Personen und Institutionen spenden würde, die sie dringend benötigen. Der Verkauf sei ebenfalls erlaubt, um die Produktionskosten zu decken.
Grundsätzlich stößt die Aktion auf offene Ohren und wird auch dankbar angenommen.
Die Facebook-gruppe ist unter „3D Print – Let's Fight Corona Luxembourg“zu finden.