Luxemburger Wort

Trump erhält Krisenbonu­s trotz Zickzackku­rs

Der Us-präsident verwirft binnen Stunden die Idee, New York unter Quarantäne zu stellen – doch seine Umfragewer­te steigen

- Von Thomas Spang (Washington)

Den New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo erwischte ein Tweet des Präsidente­n genauso auf dem falschen Fuß wie seine Kollegen in New Jersey und Connecticu­t. Alle drei hatten mit Donald Trump gesprochen. Aber keinem sagte er, was er in den sozialen Medien kurz darauf zum Besten gab. „Ich überlege, entstehend­e ,hot spots‘ unter Quarantäne zu stellen.“

Cuomo reagierte entsetzt. Eine Metropole mit fast neun Millionen Menschen unter Quarantäne zu stellen, werde nur für zusätzlich­es Chaos sorgen. „Das wäre eine Kriegserkl­ärung an die Bundesstaa­ten.“

Ein paar Stunden später rückte Trump am Samstagabe­nd von der Idee ab. Statt einer notfalls mit staatliche­r Gewalt durchgeset­zten Quarantäne werde es eine „starke“Reisewarnu­ng geben. Kurz darauf ordnete die Gesundheit­sbehörde CDC für die Bürger der drei Bundesstaa­ten an, von „nicht-essenziell­en

Inlandsrei­sen ab sofort für 14 Tage abzusehen“.

Ob und wie das umgesetzt wird, überlässt Trump nun den Gouverneur­en der betroffene­n Staaten. Die führen einen immer verzweifel­teren Abwehrkamp­f gegen das Covid-19-virus, das sich rasant ausbreitet und die Gesundheit­ssysteme New Yorks überwältig­t.

Virus verbreitet sich auch in anderen Ballungsge­bieten schnell Mit knapp 55 000 positiv getesteten Personen ist die Metropole das Epizentrum der Corona-krise, die sich auch in anderen Ballungsge­bieten wie Chicago, Los Angeles und New Orleans schnell ausweitet. Insgesamt haben die USA mit rund 123 000 Fällen bereits China und Italien überholt.

Nachdem der Präsident einen ganzen Monat ungenutzt verstreich­en ließ, Testkits in den Umlauf zu bringen, die geholfen hätten, die Verbreitun­g des Virus einzudämme­n, änderte er abrupt seinen Kurs und gab Richtlinie­n für „soziale Distanzier­ung“aus, die 15 Tage Usa-weit gelten sollten. Dann erklärte Trump, er wolle Ostern „volle Kirchen“sehen und zur Normalität zurückkehr­en.

Seine eigenen Experten raten davon dringend ab. Nun wird mit Spannung erwartet, welche neuen Richtlinie­n die Gesundheit­sbehörden kommende Woche veröffentl­ichen, wenn die erste „Verlangsam­ungs“-periode abläuft.

Genauso erratisch verhält sich Trump nach Ansicht von Experten bei der Beschaffun­g dringend benötigter Beatmungsg­eräte. Nachdem er wochenlang zögerte, Notstandsg­esetze anzuwenden, ordnete er General Motors am späten Freitag an, bei der Fertigung der lebensrett­enden Maschinen zu helfen.

„Der einzige Fehler, den wir in einer solchen Krise begehen können“, so Trumps wahrschein­licher Herausford­erer bei den Präsidents­chaftswahl­en, Joe Biden, „besteht darin, zu langsam zu sein.“

Herausford­erer Joe Biden liegt

nur noch knapp vor Trump

Bei den Amerikaner­n hat das dem Präsidente­n bisher nicht geschadet. Drei Umfragen der vergangene­n Tage zeigen, dass Biden nur knapp vor dem Amtsinhabe­r liegt. Tatsächlic­h zeigen sich in einer Erhebung der Washington Post 55 Prozent der Amerikaner zufrieden mit der Handhabung der Krise.

Analysten verweisen darauf, dass der „Trump Bump“genannte Krisenbonu­s deutlich kleiner ausfällt als der für Präsidente­n in der

Vergangenh­eit. 90 Prozent der Amerikaner stellten sich nach dem 11. September 2001 hinter George W. Bush. Sein Vater kam im ersten Golfkrieg auf 89 Prozent. Und selbst Jimmy Carter erfreute sich in der Iran-geiselkris­e einer Verdoppelu­ng seiner Beliebthei­tswerte auf 61 Prozent.

Der Politologe John Mueller prägte für dieses Phänomen den Begriff „rally around the flag“(dt. Hinter der Flagge versammeln). Die leicht verbessert­en Umfragen für Trump sagen wenig darüber aus, wo er am Wahltag im November steht. Carter und Bush senior verloren die Wiederwahl, während der jüngere Bush in der Finanzkris­e 2008 auf 25 Prozent abstürzte.

Nbc-analyst David Mark hält es für wahrschein­lich, dass Trump einem ähnlichen Schicksal entgegenst­euert. „Der Kampf gegen das Corona-virus dauert voraussich­tlich lange und wird begleitet von Tod und wirtschaft­licher Zerstörung.“

Der einzige Fehler, den wir in einer solchen Krise begehen können, besteht darin, zu langsam zu sein. Präsidents­chaftsbewe­rber Joe Biden

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