Ohne Skrupel
Betrüger nutzen die Unsicherheiten der Bevölkerung in Zeiten der Covid-19-pandemie aus
Luxemburg. Selbst in der tiefsten Krise schläft das Verbrechen nicht. Da ist die Covid-19-pandemie leider keine Ausnahme. Denn Kriminelle denken sich immer neue Wege aus, wie sie Menschen bestehlen können. Bereits am ersten Tag, an dem Maßnahmen wie die Schließung der Schulen und Ausgangseinschränkungen das öffentliche Leben hierzulande verlangsamten, ging in den sozialen Medien eine Meldung eines mutmaßlichen Betrugsversuchs um.
Im Raum Capellen, Holzem und Mamer seien unbekannte Männer in einem weißen Lieferwagen unterwegs. Sie sollen älteren Personen angeboten haben, ihr Haus zu desinfizieren. Auf notwendige Genehmigungen und Ausweise angesprochen hätten die Männer allerdings unverzüglich die Flucht ergriffen.
Die Polizei wurde über einen solchen Vorfall informiert, eine Fahndung verlief allerdings erfolglos. Weitere Betrugsversuche sind bislang hierzulande nicht bekannt, im nahen Ausland allerdings schon. So haben zum Beispiel in Deutschland Betrüger bereits mehrmals erfolgreich eine abgewandelte Form des sogenannten Enkeltricks angewandt.
Die Betrüger rufen ihre Opfer an, geben sich als Verwandte aus und behaupten, mit dem Virus infiziert zu sein. Deshalb bräuchten sie Geld, um die Behandlung zu bezahlen. Oft bitten sie um Bargeld oder Wertgegenstände, die ein angeblicher Freund dann abholt ... In anderen Fällen haben sich Kriminelle indes als medizinisches Fachpersonal an der Haustür ausgegeben, um sich so Zutritt ins Innere des Hauses zu verschaffen.
Off- und online
Die europäische Polizeibehörde Europol rechnet damit, dass die Zahl der Betrugsversuche in den kommenden Wochen stark zunehmen wird. Die Täter sind nämlich erfinderisch, nutzen die Unsicherheiten der Bevölkerung skrupellos aus – sowohl auf der Straße als auch im Internet.
Denn auch dort versuchen Verbrecher, aus der Angst vor der Covid-19-pandemie Profit zu schlagen. Wie Steve Muller, ein Experte für die Sicherheit von Informationen des Wirtschaftsministeriums, erklärt, seien bereits erste Betrugsversuche von Nutzern aus Luxemburg gemeldet worden.
So hätten zum Beispiel Betrüger einen Link per E-mail verschickt, der auf eine interaktive Übersichtskarte der Weltgesundheitsorganisation über die Verbreitung des Corona-virus führen sollte. „Es ist eigentlich ironisch. Die Betrüger nutzen ein biologisches Virus, um ein digitales zu verbreiten“, so Steve Muller.
Wer darauf klickt, startet einen automatischen Download einer Datei, mit der man Zugriff auf die Karte erhalten sollte. Wer das Programm ausführt, lädt sich dann aber eine Schadsoftware herunter. Die Fähigkeiten der Schadprogramme sind unterschiedlich – unter anderem können die Betrüger Zugriff auf die lokal gespeicherten Daten des Computers erhalten und so unter Umständen auch an Passwörter gelangen.
Steve Muller zufolge sei es allerdings auch denkbar, dass die Kriminellen sich die aufgrund der Corona-pandemie vorgenommenen Reiseumbuchungen und -stornierungen zunutze machen – auch wenn ein konkreter Fall dem Experten noch nicht bekannt ist. Die Betrüger könnten über E-mails oder Messenger-dienste Personen anschreiben und auffordern, sich auf der vermeintlichen Internetseite – zum Beispiel eines Reiseunternehmens – einzuloggen. Wer der Aufforderung nachkommt, gibt seine Nutzerdaten an die Betrüger weiter. Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, rät Steve Muller den Nutzern, sich immer nur über die Internetseite selbst, unter der bekannten Domaine einzuloggen – und nie solchen Links zu folgen.
Falsche Versprechen
Manche Täter gehen aber noch weiter, haben keine Skrupel die Gesundheit ihrer Opfer aufs Spiel zu setzen, um sich zu bereichern. Das Geschäft mit illegalem und gefälschtem medizinischen Material blüht.
Die Betrüger nutzen die derzeitige hohe Nachfrage, um illegale Ware zu verkaufen – darunter nicht nur Schutzmasken und dubiose Corona-test-kits, sondern auch gefälschte Medikamente.
Sie werden vor allem über das Internet angeboten – Europol zufolge sind aber auch andere Fälle bekannt. Gefälscht werden vor allem antivirale Medikamente, das Anti-malariamittel Chloroquin oder Vitaminpräparate. Diese werden dann als vermeintliche Heilmittel oder Schutz vor Ansteckung angeboten.
Medizinische Produkte sollten nur über die zugelassenen Verkaufsstellen wie Apotheken bezogen werden. Im schlimmsten Fall kann die Einnahme gefälschter Medikamente nämlich eine Gefahr für die Gesundheit darstellen. Nach einem Heilmittel gegen Covid-19 wird intensiv geforscht – zugelassen ist aber bisher keines.
Die Betrüger nutzen ein biologisches Virus, um ein digitales zu verbreiten.
Steve Muller, Wirtschaftsministerium
Schlag gegen das Verbrechen
Der internationalen Polizeibehörde Interpol ist in diesem Zusammenhang Anfang des Monats aber ein Schlag gegen das organisierte Verbrechen gelungen. Bei einem weltweiten Polizeieinsatz wurden 37 Banden ausgehoben, etwa 34 000 gefälschte chirurgische Masken und über fünf Millionen Produkte konnten sichergestellt werden.
Die Luxemburger Polizei war nicht daran beteiligt und auch bleiben Meldungen über Betrugsfälle im Zusammenhang mit der Pandemie – ob im Internet oder vor der eigenen Haustür – hierzulande bislang selten. Die Polizei rät dennoch zur Achtsamkeit. Verdächtiges Verhalten soll dem Polizeinotruf 113 gemeldet werden. Denn genauso wie die Täter schlafen auch die Ermittlungsbehörden selbst in der tiefsten Krise nicht.