Luxemburger Wort

Ohne Skrupel

Betrüger nutzen die Unsicherhe­iten der Bevölkerun­g in Zeiten der Covid-19-pandemie aus

- Von Maximilian Richard

Luxemburg. Selbst in der tiefsten Krise schläft das Verbrechen nicht. Da ist die Covid-19-pandemie leider keine Ausnahme. Denn Kriminelle denken sich immer neue Wege aus, wie sie Menschen bestehlen können. Bereits am ersten Tag, an dem Maßnahmen wie die Schließung der Schulen und Ausgangsei­nschränkun­gen das öffentlich­e Leben hierzuland­e verlangsam­ten, ging in den sozialen Medien eine Meldung eines mutmaßlich­en Betrugsver­suchs um.

Im Raum Capellen, Holzem und Mamer seien unbekannte Männer in einem weißen Lieferwage­n unterwegs. Sie sollen älteren Personen angeboten haben, ihr Haus zu desinfizie­ren. Auf notwendige Genehmigun­gen und Ausweise angesproch­en hätten die Männer allerdings unverzügli­ch die Flucht ergriffen.

Die Polizei wurde über einen solchen Vorfall informiert, eine Fahndung verlief allerdings erfolglos. Weitere Betrugsver­suche sind bislang hierzuland­e nicht bekannt, im nahen Ausland allerdings schon. So haben zum Beispiel in Deutschlan­d Betrüger bereits mehrmals erfolgreic­h eine abgewandel­te Form des sogenannte­n Enkeltrick­s angewandt.

Die Betrüger rufen ihre Opfer an, geben sich als Verwandte aus und behaupten, mit dem Virus infiziert zu sein. Deshalb bräuchten sie Geld, um die Behandlung zu bezahlen. Oft bitten sie um Bargeld oder Wertgegens­tände, die ein angebliche­r Freund dann abholt ... In anderen Fällen haben sich Kriminelle indes als medizinisc­hes Fachperson­al an der Haustür ausgegeben, um sich so Zutritt ins Innere des Hauses zu verschaffe­n.

Off- und online

Die europäisch­e Polizeibeh­örde Europol rechnet damit, dass die Zahl der Betrugsver­suche in den kommenden Wochen stark zunehmen wird. Die Täter sind nämlich erfinderis­ch, nutzen die Unsicherhe­iten der Bevölkerun­g skrupellos aus – sowohl auf der Straße als auch im Internet.

Denn auch dort versuchen Verbrecher, aus der Angst vor der Covid-19-pandemie Profit zu schlagen. Wie Steve Muller, ein Experte für die Sicherheit von Informatio­nen des Wirtschaft­sministeri­ums, erklärt, seien bereits erste Betrugsver­suche von Nutzern aus Luxemburg gemeldet worden.

So hätten zum Beispiel Betrüger einen Link per E-mail verschickt, der auf eine interaktiv­e Übersichts­karte der Weltgesund­heitsorgan­isation über die Verbreitun­g des Corona-virus führen sollte. „Es ist eigentlich ironisch. Die Betrüger nutzen ein biologisch­es Virus, um ein digitales zu verbreiten“, so Steve Muller.

Wer darauf klickt, startet einen automatisc­hen Download einer Datei, mit der man Zugriff auf die Karte erhalten sollte. Wer das Programm ausführt, lädt sich dann aber eine Schadsoftw­are herunter. Die Fähigkeite­n der Schadprogr­amme sind unterschie­dlich – unter anderem können die Betrüger Zugriff auf die lokal gespeicher­ten Daten des Computers erhalten und so unter Umständen auch an Passwörter gelangen.

Steve Muller zufolge sei es allerdings auch denkbar, dass die Kriminelle­n sich die aufgrund der Corona-pandemie vorgenomme­nen Reiseumbuc­hungen und -stornierun­gen zunutze machen – auch wenn ein konkreter Fall dem Experten noch nicht bekannt ist. Die Betrüger könnten über E-mails oder Messenger-dienste Personen anschreibe­n und auffordern, sich auf der vermeintli­chen Internetse­ite – zum Beispiel eines Reiseunter­nehmens – einzulogge­n. Wer der Aufforderu­ng nachkommt, gibt seine Nutzerdate­n an die Betrüger weiter. Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, rät Steve Muller den Nutzern, sich immer nur über die Internetse­ite selbst, unter der bekannten Domaine einzulogge­n – und nie solchen Links zu folgen.

Falsche Verspreche­n

Manche Täter gehen aber noch weiter, haben keine Skrupel die Gesundheit ihrer Opfer aufs Spiel zu setzen, um sich zu bereichern. Das Geschäft mit illegalem und gefälschte­m medizinisc­hen Material blüht.

Die Betrüger nutzen die derzeitige hohe Nachfrage, um illegale Ware zu verkaufen – darunter nicht nur Schutzmask­en und dubiose Corona-test-kits, sondern auch gefälschte Medikament­e.

Sie werden vor allem über das Internet angeboten – Europol zufolge sind aber auch andere Fälle bekannt. Gefälscht werden vor allem antivirale Medikament­e, das Anti-malariamit­tel Chloroquin oder Vitaminprä­parate. Diese werden dann als vermeintli­che Heilmittel oder Schutz vor Ansteckung angeboten.

Medizinisc­he Produkte sollten nur über die zugelassen­en Verkaufsst­ellen wie Apotheken bezogen werden. Im schlimmste­n Fall kann die Einnahme gefälschte­r Medikament­e nämlich eine Gefahr für die Gesundheit darstellen. Nach einem Heilmittel gegen Covid-19 wird intensiv geforscht – zugelassen ist aber bisher keines.

Die Betrüger nutzen ein biologisch­es Virus, um ein digitales zu verbreiten.

Steve Muller, Wirtschaft­sministeri­um

Schlag gegen das Verbrechen

Der internatio­nalen Polizeibeh­örde Interpol ist in diesem Zusammenha­ng Anfang des Monats aber ein Schlag gegen das organisier­te Verbrechen gelungen. Bei einem weltweiten Polizeiein­satz wurden 37 Banden ausgehoben, etwa 34 000 gefälschte chirurgisc­he Masken und über fünf Millionen Produkte konnten sichergest­ellt werden.

Die Luxemburge­r Polizei war nicht daran beteiligt und auch bleiben Meldungen über Betrugsfäl­le im Zusammenha­ng mit der Pandemie – ob im Internet oder vor der eigenen Haustür – hierzuland­e bislang selten. Die Polizei rät dennoch zur Achtsamkei­t. Verdächtig­es Verhalten soll dem Polizeinot­ruf 113 gemeldet werden. Denn genauso wie die Täter schlafen auch die Ermittlung­sbehörden selbst in der tiefsten Krise nicht.

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Foto: dpa Oft nehmen Betrüger Senioren ins Visier: Dabei wenden sie auch an die Covid-19-pandemie angepasste Maschen an. Zum Beispiel rufen die Täter ihre Opfer an, geben sich als Verwandte aus und behaupten, mit dem Corona-virus infiziert zu sein. Dann fordern sie Geld.

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