Gesundheitssystem im Krisenmodus
Paulette Lenert reorganisiert den Sektor: gezielte Orientierung und Aufteilung des Gesundheitspersonals
1 988 Personen waren gestern infiziert – 38 mehr als am Vortag – und es gibt insgesamt 22 Todesopfer zu beklagen. Zehn davon verstarben in einem Alten- und Pflegeheim, elf im Krankenhaus und eine Person zu Hause. 202 Personen waren hospitalisiert und 31 wurden auf einer Intensivstation betreut. 80 Corona-patienten konnten mittlerweile wieder das Krankenhaus verlassen. Es wurden insgesamt 16 199 Tests vorgenommen, 308 am Sonntag und damit weniger am Wochenende als in der Woche.
Über diese neuesten Zahlen hinaus informierten Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) und Dr. Alain Schmit gestern vor allem über Organisatorisches. „Wir sind uns alle einig, dass der Gesundheitssektor mit dieser Krise vor großen Herausforderungen steht und dafür global anders aufgestellt werden muss“, erklärte Lenert. Das gemeinsame Ziel müsse es sein, die bestmöglichen Gesundheitsdienstleistungen über die nächsten Wochen aufrecht zu erhalten. Für die Neuorganisation wird nun eine zentrale Verwaltung eingesetzt, die eine Koordinationsstelle für alle Akteure aus dem Gesundheitssystem beinhaltet. Sie soll von Dr. Alain Schmit geleitet werden, dessen Mandat als Präsident des Ärzteverbandes AMMD während dieser Zeit ruht.
Zuerst den Hausarzt anrufen
Für den Patienten heißt es nun, dass die Telekonsultation, mit der er einen Hausarzt erreicht das erste Mittel ist, um dann dorthin orientiert zu werden, wo es am sinnvollsten ist. Er wird dann entweder in eines der vier Centre de soins avancés (CSA) geschickt oder in ein Krankenhaus oder in Ausnahmefällen eine Visite in einer Praxis beziehungsweise ein
Hausbesuch eines Arztes festgelegt. Patienten, die meinen, Corona-symptome zu haben, können sich auch direkt und ohne Verschreibung an ein CSA wenden. Für Notfälle oder schwere Symptome sind weiterhin auch die Polikliniken der Krankenhäuser zuständig. „Es soll vermieden werden, dass die Leute sich zu viel fortbewegen, zu viel in Praxen gehen“, erklärte Lenert. Das heißt für die Patienten aber auch, dass sie nicht mehr unbedingt mit dem Arzt ihrer Wahl zu tun bekommen.
Für die Ärzte werden getrennte Dienstlisten erstellt: Die einen arbeiten in der Telekonsultation und machen Hausbesuche bei Patienten, die keine Covid-19-patienten sind, andere werden rund um die CSA eingesetzt. Die dritte Liste ist reserviert für Hausärzte in den Alten
und Pflegeheimen, auf die sich rund um die Uhr in den kommenden Wochen besonders konzentriert wird. Daneben gibt es Listen für die Dienste der jeweiligen Fachrichtungen und die Dienste in den Krankenhäusern sowie für die Zahnärzte. Für Ärzte gilt nun auch ein Stundentarif von 236,40 Euro. „Manche Ärzte sind nun permanent im Einsatz – das funktioniert nicht mit Einzeltarifen“, erklärte Lenert. „Es ist ein sehr komplexes System, das hier verwaltet werden muss.“
Und weil mit dieser Neuorganisation keiner im Regen stehen gelassen werden soll und verschiedene Berufsgruppen mehr in den Einsatz gelangen als andere, wird allen 20 gesetzlich anerkannten Gesundheitsberufen die Möglichkeit geboten, einen befristeten Arbeitsvertrag mit dem Staat abzuschließen. Der gilt so lange wie die Krise anhält, zumindest einmal zwei Monate und beruht auf Freiwilligkeit. „Das bietet den Gesundheitsberuflern eine Sicherheit, durch die Krise zu kommen und uns die Sicherheit, sie allzeit über Reservelisten einsetzen zu können.“
Anordnung für Pflegeheime
Sie wies auch ausdrücklich darauf hin, dass für das Personal in den Alten- und Pflegeheimen eine Anordnung des Gesundheitsdirektors erging, dass es ab sofort verboten ist, mit Corona-symptomen arbeiten zu gehen. Diese Pfleger müssen sich testen lassen und wenn der Test positiv ist, dies ihrem Arbeitgeber mitteilen. Dieser muss Listen führen und positive Fälle der Gesundheitsdirektion melden. Es gilt auch eine Anordnung, die Arbeitskleidung unter strengsten Hygieneregeln zu wechseln. An die Bevölkerung erging der Appell, weiter die Hygieneund Ausgangsregeln zu befolgen und nur das Haus zu verlassen, wenn es unbedingt sein muss. Abschließend appellierte Lenert an die Ärzteschaft und die Pflegekräfte, verfügbar zu bleiben. „Wir arbeiten derzeit noch mit Freiwilligen, können aber jederzeit auch Personal einziehen, wenn es sein muss.“
„Wir brauchen eine Krisenmedizin“Auch Dr. Schmit betonte, dass sich die Organisation der Ärzte- und Zahnärzteschaft an den Patientenbedürfnissen ausrichten muss. „Wir brauchen jetzt eine Krisenmedizin und daran haben wir gemeinsam gearbeitet.“Schutz und Prävention spielten eine zentrale Rolle und seien genauso wichtig wie die Versorgung der Covid-patienten, die sehr viel Pflege von Arzt und Pflegern bräuchten. Schmit wandte sich aber auch direkt an die Patienten und rief dazu auf, sich weiterhin bei einem Arzt zu melden, wenn sie sich nicht gut fühlten. „Es gibt keinen Grund, aus Angst vor dem Virus nicht zum Arzt zu gehen und einen Gesundheitsschaden davon zu tragen.“