„Wir sitzen alle in einem Boot“
Fraktionsvorsitzende und Regierung tauschen sich während dreieinhalb Stunden über Corona-krise aus
Gut dreieinhalb Stunden standen die vier Minister Xavier Bettel (DP), Paulette Lenert, Dan Kersch und Romain Schneider (alle LSAP) den Fraktionsvorsitzenden gestern in Sachen Corona-krise Rede und Antwort.
Alle Oppositionsparteien begrüßten den Austausch. „Wir haben Antworten auf unsere Fragen erhalten und unsere Vorschläge wurden gehört“, sagte beispielsweise Martine Hansen (CSV) auf Lw-nachfrage. Diese Meinung teilte auch Sven Clement (Piraten). „Wir sind uns bewusst, dass wir alle in einem Boot sitzen“, meinte Clement. Allerdings blieben in den Bereichen Sozialversicherung und Arbeitsrecht noch viele Fragen offen. Das betrifft zum Beispiel die rezent beschlossene Verlängerung der Arbeitszeit von 40 auf 60 Stunden pro Woche. Marc Baum (Déi Lénk) sieht das sehr kritisch. Zwar habe Arbeitsminister
Dan Kersch versichert, dass er bei der Bewilligung von Anträgen mit Bedacht vorgehe, dennoch sei Missbrauch Tür und Tor geöffnet, so der linke Abgeordnete. Die Arbeitszeitverlängerung mache Sinn im Gesundheitsbereich. „Ansonsten muss man von Fall zu Fall entscheiden.“Déi Lénk werden heute im Parlament eine Motion zur Abstimmung bringen, in der die Regierung aufgefordert wird, dem Parlament nach der Krise einen ausführlichen Bericht vorzulegen.
Klar ist: In der Krise halten Regierung und Opposition zusammen. Auch die ADR schließt sich dem Kurs an. Fernand Kartheiser bezeichnete die aktuelle Phase als „politisch einfach“, weil es in der Krise keine kontroversen Haltungen gibt. „Das wird sich ändern, wenn wir die Zukunft vorbereiten und uns über die Exitstrategie auseinandersetzen“, sagte Kartheiser.
Diese Diskussion werde weniger harmonisch ablaufen. Die Herausforderung liege darin, wieder in ein geordnetes Leben zurückzufinden, ohne dass die Krankheit überwunden ist: „Die Gesundheitskrise geht weiter.“Kontroverse Diskussionen werde es auch in Bezug auf die Lehren geben, die aus der Krise gezogen werden müssen. „Wir müssen darüber diskutieren, dass wir nicht gut vorbereitet waren, dass Europa in der Krise nicht funktioniert und wir müssen zusehen, wie wir den finanziellen Impakt der Krise meistern“, so Kartheiser.
Mehrheitsfraktionen
Für Josée Lorsché, Fraktionsvorsitzende der Grünen, steht fest: „Die aktuelle Regierungsmannschaft macht einen hervorragenden Job.“Die Erklärungen der Minister vor den Fraktionsvorsitzenden habe gezeigt, dass alle Regierungsmitglieder
ihre Verantwortung übernehmen. In dem aktuellen Krisenkontext sieht die Grünenabgeordnete, wie alle gemeinsam an einem Strang ziehen.
Lorsché glaubt Paulette Lenerts Aussage: „Wir lassen niemanden im Regen stehen.“Die Abgeordnete der Grünen stellt fest, dass die Regierung aktuell nicht nur auf die Gesundheitskrise reagiert, sondern auch bereits die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte berücksichtigt, um damit einer sozialen Krise vorzubeugen.
Auch wenn die Demokratie momentan im Krisenmodus läuft, so ist der Dp-abgeordnete Gilles Baum von der vereinbarten Form überzeugt: „Diese ermöglicht einen regelmäßigen Austausch zwischen Regierung und Parlament.“Die Chamber bliebe dadurch nicht nur informiert, sondern habe durch die wöchentlichen Treffen weiterhin Einfluss auf das Regierungsgeschehen. Für den Fraktionsvorsitzenden der Liberalen haben die gestrigen Diskussionen, besonders zur Arbeitspolitik, den Ministern viele neue Anregungen mit auf den Weg geben können.
Der Lsap-vorsitzende Georges Engel ist nicht nur mit den bisher getroffenen Maßnahmen der Regierung zufrieden, sondern auch, dass die vier Minister auf die fast 50 Fragen der Abgeordneten präzise und zufriedenstellend antworten konnten.
Wegen des Corona-virus werden die Plenarsitzungen künftig im hauptstädtischen Cercle, diese Woche aber noch in der Chamber stattfinden. mig/m.k.
Die Gesundheitskrise geht weiter. Fernand Kartheiser