Im Dienst der anderen
In den vier Centres de soins avancés arbeiten Freiwillige und Profis Hand in Hand
Luxemburg. Wenn das Virus „greifbar“wäre, dann ist es in einem der vier Centres de soins avancés, die in der Rockhal in Belval, im Kulturzentrum in Grevenmacher, in der Däichhal in Ettelbrück und in den Hallen der Luxexpo in Kirchberg eingerichtet sind. Auf dem Parkplatz der Luxexpo herrscht gespenstische Ruhe, nur Polizei und Militärwagen fahren gelegentlich vorbei. Spezielle Beschilderungen zeigen den ankommenden Patienten den Weg zur Erfassungsstelle oder aber zum Drive-in Test. Dr. Pierre Hertz leitet die vier Zentren, die innerhalb einer Woche aus dem Boden gestampft wurden.
Frühzeitig aufgestellt
„Als man im Gesundheitsministerium erkannte, dass die Arztpraxen und Maisons médicales nicht für einen starken Zulauf von mit Covid-19 infizierten Patienten eingerichtet waren, wurde kurzerhand beschlossen, vier regionale Zentren mit großer Kapazität auf die Beine zu stellen. Das ist uns innerhalb kürzester Zeit gelungen und damit haben wir uns im Vergleich zu anderen Ländern bereits sehr frühzeitig gut aufgestellt“, so Hertz.
Laut Hertz arbeiten täglich rund 100 Freiwillige und 40 Festangestellte, meist Staatsbeamte, in den vier Zentren. Insgesamt wurden bisher 1 500 Patienten vorstellig, im Schnitt 300 pro Tag. 37 Patienten mussten wegen verschiedenster Erkrankungen in ein Krankenhaus verbracht werden. Die aktuelle Kapazität der Zentren kann noch deutlich ausgebaut werden. „Wir können bei den derzeitigen Öffnungszeiten bis zu 2 600 Patienten täglich empfangen. Da ist noch viel Luft nach oben“, so Hertz.
Am nördlichen Haupteingang zur Luxexpo wurden zwei Hallen hergerichtet und auf dem Nordparkplatz Zelte errichtet, um die Patienten zu empfangen. Das Centre de soins avancés ist aber nicht nur für Personen, bei denen ein Verdacht auf Covid-19 besteht, vorgesehen, sondern auch für Personen mit anderen schwereren Beschwerden, denen von einem Arzt angeraten wurde, eine solche Einrichtung aufzusuchen.
Vor Ort wurden zwei Behandlungsreihen eingerichtet, durch die die Patienten strikt voneinander getrennt werden sollen. So soll auch das Infektionsrisiko reduziert werden.
Im Zentrum arbeiten Freiwillige und Profis aus dem Gesundheitswesen Hand in Hand. „Natürlich kommt das freiwillige Personal ohne medizinische Ausbildung nicht in Kontakt mit der sogenannten geschützten Zone, also den Räumlichkeiten, in denen Corona-verdachtsfälle untersucht werden“, erklärt Hertz. Sämtliches Personal wird am Eingang erst administrativ erfasst, es folgen Desinfektion der Hände und Temperaturnahme. Im Eingangsbereich der Halle muss man anschließend eine Schutzweste, Überschuhe und eine chirurgische
Maske anlegen. Niemand will, dass das Personal sich gegenseitig ansteckt.
Im Rückraum der eigentlichen Untersuchungsräume organisiert sich das Personal: Briefings, Kleiderwechsel, Essenspause. Namensschilder helfen beim Wiedererkennen der einzelnen Mitarbeiter, was durch das Tragen der Maske gar nicht so einfach ist. Verschiedene Farbcodes zeigen auf, welche Mitarbeiter in welchen Teilen des Zentrums zugelassen sind. Die Freiwilligen haben sich über die Anzeige auf govjobs.lu gemeldet oder aber wurden vom Staat freigestellt.
Freiwillige aus allen Bereichen
„Ich bin eigentlich Inspektor bei der Lebensmittelkontrolle“, so André Schuller. „Ich bin seit einer Woche hier aktiv, es war eine Umstellung. Aber ich bin freiwilliger Feuerwehrmann beim CGDIS, sodass ich der Situation hier gewachsen bin.“Schuller ist verantwortlich für die Lagerhaltung und die Logistik.
Gearbeitet wird in zwei Schichten, von morgens 7 bis 15 Uhr und von 13.30 bis 20 Uhr. Weil Schuller zu Hause Frau und Kinder hat, hat er als Vorsichtsmaßnahme die Eigenquarantäne gewählt und wohnt getrennt von seiner Familie.
Einen kompletten Szenenwechsel erlebt auch der 23-jährige Cedric de Oliveira Varglaes, der gerade seine Ausbildung zum Linienpilot bei der Luxair abgeschlossen hat. „Bei der Luxair hab ich ja momentan nicht allzu viel zu tun, also habe ich mich freiwillig gemeldet. Ich bin jetzt seit einer Woche dabei und erledige hauptsächlich verwaltungstechnische Aufgaben, ich helfe aber auch in der logistischen Arbeit aus.“
Dem jungen Piloten fiel die Entscheidung zur freiwilligen Mitarbeit nicht schwer. „Ich habe Freunde, die im medizinischen Bereich tätig sind und habe gesehen, was die so stemmen müssen. Sich hier nützlich zu machen, ist allemal besser als zu Hause rumzusitzen und nichts zu tun. Ich helfe gerne.“
Menschlich bleiben
„Das ist eine fantastische Arbeit, die hier geleistet wurde“, erklärt Dr. Fabien Zuili, Leiter des Centre de soins avancés in Kirchberg. Zuili, der selbst eine militärische Ausbildung in Frankreich genossen hat, lobt die Arbeit der luxemburgischen Armee. „Am vorvergangenen Samstag haben wir im Ministerium erste Pläne ausgearbeitet, am Sonntagmorgen wurde das Militär aktiv und am Sonntagabend konnte die erste Kontrollspur bereits aktiviert werden.“Trotz der militärischen Organisation setzt Zuili auf einen möglichst humanen und freundlichen Empfang. „Kinder sind von den vielen Maskenmenschen hier sehr beeindruckt und manche auch ängstlich. Da muss man sehr sensibel sein. Das gilt auch für ältere, alleinstehende Menschen. Wir sind dann die ersten, mit denen sie nach zwei Wochen Isolation reden können. Und glauben sie mir, die reden sich alles von der Seele“.