Gesund und erfolgreich
Spitzensportler arbeiten auch während der Corona-pandemie mit Ernährungsberatern zusammen
„Das war ein Schock“, erzählt Charel Grethen über seine Esserfahrungen in den USA, wo er bis 2015 studierte. „Ich war noch nie ein Riesenfan von Fast Food und habe mich schon immer gerne gesund ernährt“, so der Leichtathlet, der seit zwei Jahren mit der Ernährungsberaterin Myriam Jacobs zusammenarbeitet.
Jacobs ist eine von drei externen Expertinnen in diesem Bereich, die mit dem LIHPS (Luxembourg Institute for High Performance in Sports) kooperieren. Für Jacobs geht es während der Corona-pandemie vor allem darum, „Anpassungen im Trainingsplan vorzunehmen. Die größte Herausforderung ist, fit zu bleiben und kein Gewicht zuzulegen. Die Athleten verlieren an Muskelmasse und der Fettgehalt steigt“.
Der 27-Jährige weilte bis vor Kurzem noch bei einem Lehrgang in den USA, den er jedoch wegen der Corona-krise vorzeitig verlassen musste. Die Trainingsgruppe wohnte zusammen in einem Haus, was die Essensorganisation erleichterte. „Bei einem Ausdauertraining von zwei Mal 20 Minuten ist es wichtig, Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, um ausreichend Energie zu haben. Nach einer Krafteinheit trinke ich sofort einen Proteinshake. Das hilft
Myriam Jacobs berät diverse Cosl-athleten.
Leichtathlet Charel Grethen hat sich schon immer gesund ernährt. mir vor allem beim Erholungsprozess.“
Auch wenn sich der Sportler und die Expertin im Moment nicht sehen können, wird weitergearbeitet. „Da die Sportler generell viel unterwegs sind, haben wir viel Kontakt wie über Skype beispielsweise. Wir mussten unsere Arbeitsweise also nicht stark verändern“, erklärt Jacobs, die hauptberuflich als Ernährungsberaterin im Centre hospitalier Emile Mayrisch in Esch/alzette arbeitet.
Für den Olympiateilnehmer von 2016 läuft die Zusammenarbeit optimal: „Ich habe mich schon immer gesund ernährt, aber seit zwei Jahren ist mein Essensplan viel strukturierter. Gewichtsprobleme hatte ich noch nie. Das Ziel der Zusammenarbeit ist, dass ich durch meine Ernährung das Maximum meiner Leistungsfähigkeit erreiche.“
Geteilte Meinungen über die Netflix-dokumentation
Für viel Aufsehen sorgt die Netflix-dokumentation „The Game Changers“, in der bewiesen werden soll, dass Sportler, die ganz auf tierische Produkte verzichten, viel leistungsfähiger sind.
„Allgemein ist es in der Gesellschaft ein großes Thema, sich vegetarisch oder vegan zu ernähren. Es ist eine große Herausforderung, vor allem auf Reisen. Viele
Sportler, die ihre Ernährung komplett umgestellt haben, kenne ich persönlich noch nicht. Die Dokumentation ist marketingtechnisch sehr gut gemacht. Es werden viele Statistiken präsentiert, aber man weiß nicht richtig, was die auf Pflanzen basierte Ernährung richtig bringt“, so Jacobs.
Für Grethen steht fest, dass „die Menschen nicht mehr so viel Fleisch essen sollen. Die Dokumentation ist sehr interessant, aber auch sehr einseitig. Es gibt einen Teil, in dem die Hauptperson eine Seilübung macht. Zunächst hält er nur zehn Minuten durch. Nachdem er sich nur auf pflanzlicher Basis ernährt hat, schafft er eine Stunde. Solch eine Entwicklung ist nicht sehr glaubhaft“.
Es gibt noch keine Studie über vegane Ernährung im Hochleistungssport. Somit konnten weder Vor- noch Nachteile nachgewiesen werden. Für Grethen ist es als Leistungssportler „keine Option, ganz auf Fleischkonsum zu verzichten. Dennoch versuche ich, weniger Fleisch zu essen“.
Da die Sportler momentan zum größten Teil zu Hause trainieren müssen, gibt Jacobs folgende Tipps: „Sie müssen schauen, wie viel Energie sie verbrauchen. Gewichtsziele müssen nicht mit der letzten Konsequenz verfolgt werden. Das Immunsystem soll nicht geschwächt werden. Viele Sportler
besitzen sehr viel Erfahrung und merken selbst, ob sie verletzt sind oder krank werden. Und nehmen die nötigen Anpassungen selbst vor.“
Das Wichtigste ist für die Ernährungsberaterin, „die Form zu halten und gesund zu bleiben, um die Leistungsfähigkeit zum richtigen Moment wieder abrufen zu können. Es ist unklar, wann wieder Wettbewerbe stattfinden“.
Für mich ist es keine Option, ganz auf Fleisch zu verzichten. Ich versuche den Konsum jedoch zu beschränken.
Leichtathlet Charel Grethen
Grethen tut dies. Er hält sich weiter mit viel Disziplin an seinen Ernährungsplan, ist aber trotzdem überzeugt, dass „man auch mal eine Ausnahme machen kann. Man kann nicht an 365 Tagen streng mit sich sein“. An seinem sogenannten „cheat day“, dem Tag, an dem man etwas essen kann, das man sonst nicht darf, fällt die Entscheidung von Grethen dann schnell auf Tiramisu.