„Das Reisen ist mein großes Hobby“
Lange nichts mehr gehört von ... der ehemaligen Luftgewehrschützin Carole Calmes
Carole Calmes hat während ihrer Karriere als Sportschützin viele harte Kämpfe erlebt, doch den wichtigsten bestreitet die 41-Jährige derzeit auf gesundheitlicher Ebene. Die ehemalige Luftgewehrschützin blickt auf eine bewegte Laufbahn zurück und erklärt, welche Reiseziele sie besonders mag.
Carole Calmes, Sie besitzen einen Pilotenschein, sind beruflich aber beim Onofhängege Gewerkschaftsbond Lëtzebuerg (OGBL) tätig. Warum?
Ich erhielt den Pilotenschein, als sich die Luftfahrt in einer Krise befand. Es war deshalb nicht so einfach, einen vakanten Posten zu finden. Plötzlich ergab sich die Möglichkeit, vom OGBL eingestellt zu werden. Ich habe einen Job, der mir viel Spaß bereitet und mir während meiner Laufbahn als Sportschützin auch erlaubte, Sport und Beruf zu kombinieren.
Was sind Ihre Aufgaben?
Zuvor habe ich Kollektivverträge und Sozialpläne verhandelt. Mittlerweile bin ich verantwortlich für das Sekretariat des geschäftsführenden Vorstands um die Präsidentin Nora Back.
Steuern Sie privat noch ab und zu ein Flugzeug?
Ich besitze zwar noch den Flugschein, habe das Fliegen aber in letzter Zeit vernachlässigt.
Welche Hobbys haben Sie?
Seitdem ich nicht mehr als Luftgewehrschützin aktiv bin, ist das Reisen mein großes Hobby.
Welche Reiseziele haben es Ihnen besonders angetan?
Zuletzt habe ich viele schöne europäische Städte und Wellnesshotels besucht, davor war ich einige Male in Indien und anderen asiatischen Ländern unterwegs. Florenz war ein echter Höhepunkt. Indien hat mich ebenfalls fasziniert. Ich habe mittlerweile einige Freunde dort und freue mich stets, wenn ich sie wiedersehe.
Sind Sie dem Sport treu geblieben? Sie betreuten Monacos Schützen einige Zeit als Nationaltrainerin.
Das ist nach wie vor die einzige Verbindung, die ich zum Sport habe, auch wenn die Zusammenarbeit zuletzt etwas auf Eis gelegt wurde. Ich bin an Krebs erkrankt und bestreite derzeit den wichtigsten Kampf meines Lebens. Deshalb konnte ich vergangenes Jahr nicht als Trainerin an den Spielen der kleinen europäischen Staaten in Montenegro teilnehmen.
Sie waren während 16 Jahren als Sportschützin aktiv. Was hat Ihnen am meisten Spaß an Ihrem Sport bereitet?
Die Selbstbeherrschung, die man haben muss. Viele können sich nicht vorstellen, wie anstrengend das Schießen ist. Man steht nicht nur vor den Zielscheiben und hält die Waffe in der Hand. Schützen müssen körperlich und mental fit sein. Das Zusammenspiel aus Mentalität, Kondition und Körperbeherrschung begeisterte mich.
Wie stehen Sie zu Mentaltrainern?
Mittlerweile wird in vielen Sportarten sehr viel Wert auf das Mentale gelegt. Zu meiner Zeit war das noch nicht der Fall. Der luxemburgische Verband hat zwar zwei Mal versucht, mit Sportpsychologen zusammenzuarbeiten, das hat mir jedoch nicht viel gebracht. Ich hatte jedoch das
Glück, dass meine Trainer in Dortmund ebenfalls Psychologen waren und mir viele hilfreiche Tipps gaben.
Warum waren die Spiele der kleinen europäischen Staaten 2017 in San Marino der richtige Zeitpunkt, um Ihre Laufbahn zu beenden?
Ich hätte noch einige Jahre aktiv sein können, wollte mich nach 16 Jahren, in denen ich viele Opfer brachte, aber auch mal auf andere Sachen konzentrieren. Ich muss zudem sagen, dass vieles beim nationalen Verband nicht so lief, wie es der Fall hätte sein können. Der Wille der Freiwilligen war zwar da, doch es scheiterte oft an der Umsetzung. Dies war meiner Meinung nach der Aufteilung der verschiedenen Aufgaben geschuldet. Einige Fehler wiederholten sich immer wieder, sodass einem irgendwann die Lust verging. Ich muss jedoch sagen, dass ich nicht alleine davon betroffen war, sondern auch noch andere Schützen, die sich im Nationalkader befanden.
In San Marino schlossen Sie Ihre Laufbahn mit einer Goldmedaille ab. Ein perfektes Ende demnach.
Der Moment war sehr emotional für mich. Ich hatte die Spiele der kleinen europäischen Staaten ja bewusst als Abschluss gewählt, da meine Laufbahn 16 Jahre zuvor bei dieser Veranstaltung am selben Ort richtig begonnen hatte. Während des Wettbewerbs kamen immer wieder die Gedanken auf, dass es mein letzter Wettkampf war. Ich hatte gemischte Gefühle und als meine Konkurrentinnen, die mir den ersten Platz gönnten, auch noch zu weinen begannen, wurde ich von meinen Emotionen übermannt.
Die größte Enttäuschung Ihrer Karriere war wohl das Verpassen der Olympischen Spiele 2008 in Peking. Luxemburg hatte einen Einladungsplatz erhalten, diesen jedoch nicht in Anspruch genommen, da das Nationale Olympische Komitee der Meinung war, Ihre Leistungen seien nicht gut genug.
Das war und ist immer noch unverständlich für mich. Diese Enttäuschung wird immer bleiben. Es war bereits etwas Besonderes, dass Luxemburg die Wildcard erhalten hatte. Da das COSL diese zurückgab, ging es ein hohes Risiko ein. Es hätte nämlich sein können, dass sich Luxemburg für die zukünftige Vergabe der Plätze ins Abseits manövriert hätte.
Über eine Olympiateilnahme konnten Sie sich dann vier Jahre später in London freuen. War das der Höhepunkt Ihrer Karriere?
Auf jeden Fall. Mit meinem Abschneiden war ich auch zufrieden. Als Amateur hatte ich es nicht leicht gegen die Profis. Der 48. Platz und die Ringzahl waren das, was im Bereich des Möglichen war.
Hätten Sie sich mehr Aufmerksamkeit für Ihre Sportart gewünscht?
Das Sportschießen ist hierzulande nun mal eine Randsportart. Daran wird sich auch nichts ändern. Es wird immer schwieriger, den Stellenwert des Schießens zu steigern. Dieser Sport wird aufgrund der Waffen, die zum Einsatz kommen, oft mit Kriminalität in Verbindung gebracht. Dabei ist das Quatsch, denn die Sportschützen haben nichts mit kriminellen Taten zu tun.
Als Kind waren Sie zunächst im Karate und später im Bogenschießen aktiv. Warum sagten diese Sportarten Ihnen irgendwann nicht mehr zu?
Meine Mutter wollte, dass ich in Kayl zum Karatetraining ging. Sie dachte, es wäre nicht schlecht, wenn ein Mädchen wüsste, wie es sich verteidigen kann. Irgendwann nahm mein Interesse an dieser Sportart ab. Ich versuchte mich dann im Bogenschießen, das mir auf Anhieb gefiel. Ich schaffte es in die Jugendauswahlen des Verbandes und vor allem die Zeit als Juniorin behalte ich in sehr guter Erinnerung. Als ich dann einmal mit dem Luftgewehr schoss, fiel mir das dank meiner Erfahrungen mit dem Bogen sehr leicht.
Ich bin an Krebs erkrankt und bestreite derzeit den wichtigsten Kampf meines Lebens.