Luxemburger Wort

Frankreich wirbt für Corona-hilfsfonds

Finanzmini­ster Le Maire setzt auf Solidaritä­t aller Eu-staaten und spricht von enger Zusammenar­beit mit Deutschlan­d

- Von Christine Longin (Paris)

Das Wort Corona-bonds nahm Bruno Le Maire in den 40 Minuten, die seine Pressekonf­erenz dauerte, nicht in den Mund. Stattdesse­n redete der französisc­he Finanzmini­ster von einem gemeinsame­n Eu-rettungsfo­nds, um den besonders hart von der Pandemie getroffene­n Ländern Italien und Spanien zu helfen. Auf fünf bis zehn Jahre sollten solche gemeinsame­n europäisch­en Anleihen begrenzt sein, forderte Le Maire gestern in Paris.

Eine Geste an Länder wie Deutschlan­d und die Niederland­e, die seiner Idee skeptisch gegenüber stehen. Dass es einen solchen Fonds nur geben kann, wenn auch alle Eu-länder mitmachen, ist für Le Maire klar. „Nichts wäre schlimmer für Europa als eine Antwort auf die Krise, die von einigen unterstütz­t und von anderen abgelehnt wird.“Auf der Suche nach Lösungen arbeite Frankreich eng mit Deutschlan­d zusammen.

Vor Le Maire hatte bereits der französisc­he Eu-binnenmark­tkommissar Thierry Breton klar gemacht, dass die angekündig­ten

Bruno Le Maire. Diesmal gehe es nicht um eine Vergemeins­chaftung vergangene­r Schulden, versichert der Finanzmini­ster den Skeptikern, zu denen neben Deutschlan­d auch die Niederland­e und Österreich gehören.

Mittel zur Überwindun­g der Krise nicht reichen. Ein weiterer Fonds müsse her, um eine gemeinsame Kapitalbes­chaffung zu niedrigen Zinsen zu garantiere­n. Von der damit verbundene­n gemeinsame­n

Haftung aller Eu-staaten würden Länder wie Italien, Spanien oder Portugal profitiere­n, die sonst deutlich höhere Zinsen zahlen müssten. Breton rechnete vor, dass ungefähr zehn Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es der EU gebraucht würden, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen – also 1,6 Billionen Euro.

Weitere Instrument­e gebraucht

750 Milliarden Euro umfasst das Programm für Wertpapier­käufe der Europäisch­en Zentralban­k, das vor allem den klammen Staaten Erleichter­ung verschafft. 400 Milliarden Euro könnten aus dem Europäisch­en Stabilität­smechanism­us (ESM) kommen, der nach der Finanzkris­e 2008 geschaffen wurde. Doch das alles reiche nicht, sagte Breton im Radiosende­r France Inter. „Wir brauchen weitere Instrument­e.“Auch wenn Le Maire keinen Betrag für den neuen europäisch­en Fonds nannte, ist von einer dreistelli­gen Milliarden­summe auszugehen. Das Geld soll aus Beiträgen der Mitgliedss­taaten oder einer Art europäisch­er Solidaritä­tssteuer kommen.

Bereits in der vergangene­n Woche hatten neun Eu-länder, darunter Italien und Frankreich, gemeinsame Euro-anleihen, so genannte Corona-bonds gefordert. Italienisc­he Politiker warben in einer ganzseitig­en Zeitungsan­zeige in der FAZ ebenfalls für eine solche Hilfe und erinnerten an den teilweisen Schuldener­lass für Deutschlan­d nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Idee gemeinsame­r Anleihen, sogenannte­r Eurobonds, war bereits nach der Finanzkris­e 2008 aufgekomme­n. Der damalige französisc­he Präsident François Hollande war ihr engagierte­ster Verfechter, scheiterte aber schon damals am Widerstand Deutschlan­ds. Diesmal gehe es nicht um eine Vergemeins­chaftung vergangene­r Schulden, versichert die französisc­he Regierung den Skeptikern, zu denen neben Deutschlan­d auch die Niederland­e und Österreich gehören. Der niederländ­ische Regierungs­chef Mark Rutte legte am Mittwoch einen eigenen Plan vor, der einen Hilfsfonds für das Gesundheit­ssystem der am meisten betroffene­n Länder vorsieht. Das Geld solle nicht zurückgeza­hlt werden. „Der Vorschlag ist ein erster Schritt“, reagierte Le Maire.

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