„Tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren“
Wie das Zentrum Trois C-L zeitgenössischen Produktionen auch in Krisenzeiten Raum gibt
Stillstand? Nein, im Gegenteil – zeigen, was man kann: „Tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren“– das zumindest ist nicht nur das berühmte Zitat der deutschen Choreografin Pina Bausch, sondern scheint gleichsam das aktuelle Motto des Tanzzentrum Trois C-L zu sein. Der traditionelle monatliche Teil der Werkschaureihe mit Einblicken in aktuelle Projekte der Choreografen und Tänzer im Zentrum, das „3 du Trois“, kann nun einmal nicht live stattfinden.
Dann muss es eben anders gehen. Am geplanten Termin, heute Abend um 19 Uhr, wird dann nicht in der Banannefabrik live vor Publikum getanzt und über die Stücke gesprochen, sondern wie in anderen Kunstsparten auch aktuell Raum in den virtuellen Weiten geschaffen. Sprich: über die Facebook-seite und die Website des Trois C-L (siehe Infobox) werden für 24 Stunden drei unterschiedliche Choreografien zu sehen sein – ergänzt mit einer Einführung und aktuellen Interviews mit den Künstlerinnen und Künstlern.
Kontakt zum Publikum halten
Léa Tirabassos „TOYS“, Simone Moussets „The Passion of Andrea 2“und „Je suis assis avec une canette en étain à la main“von Bernard Baumgarten, dem Leiter des Trois C-L. „Ich glaube jeder muss jetzt auf seine Art und in seiner Kunstform einen Beitrag leisten, damit wir mit dem Publikum in Kontakt bleiben. Und als Tanzzentrum ist es dann auch wichtig, dass wir mit den Künstlern in Kontakt bleiben und versuchen, ihnen Aufträge und Arbeiten zu geben – und sie auch dafür zu bezahlen“, sagt Baumgarten, der Mousset und
Mal heiter, mal nachdenklich – aber jede auf ihre Art ein Werk, das mit seiner ganz eigenen Wirkmacht das Publikum in den Bann ziehen will: Mit Léa Tirabassos „TOYS“(l.), Simone Moussets „The Passion of Andrea 2“(r.o.) und „Je suis assis avec une canette en étain à la main“(r.u.) von Bernard Baumgarten startet auch das Trois C-L ein Angebot, das online abgerufen werden kann.
Tirabasso dann für die Bereitstellung des Videos entlohnt.
„Das an sich ist gar nicht so einfach“, sagt er Trois C-l-leiter. Ursprünglich seien diese Aufzeichnungen nicht für eine derartige Präsentation gedacht gewesen. „Einfach etwas bereitstellen können und wollen wir nicht. Das geht nur mit dem Einverständnis der Künstler – ob der Choreografen oder der Tänzer. Wir mussten die rechtlichen Bedingungen für eine Bereitstellung im Internet klären. Und wir wollen darüber hinaus einen Mehrwert bieten, als einfach nur Videos von Performances zu zeigen.“So lagen eben nicht nur verschiedenste Parameter der Entscheidung für diese drei Arbeiten bei dem Erstversuch zugrunde, sondern auch, ob man diese noch sinnvoll anreichern könnte. Daher der Entschluss, auch Interviews anzufügen, die die Choreografie aber auch die Positionierung der Künstler in der aktuellen Krisensituation widerspiegeln sollen. Was bewegt die Choreografen aktuell? Welche Sorgen haben sie? Auch dafür möchte das Trois C-L in diesen Tagen eine Plattform bieten.
„Heureux pendant ce temps-là“„Noch lässt sich die Situation einigermaßen im Griff behalten. Die vom Trois C-L erteilten Aufträge an die lokalen Künstler werden auch ohne Wenn und Aber eingehalten, um sie nicht finanziell im Regen stehen zu lassen. Das Budget wäre eh dafür verplant worden“, sagt Bernard Baumgarten und lehnt sich dabei an die Leitlinie an, die das Kulturministerium quasi mit seiner Krisenpolitik vorgegeben hat. „Wir müssen jetzt besonders für die lokalen Künstler da sein, das hat oberste Priorität – auch wenn das bedeutet in Zukunft sich weniger international aufstellen zu können“, betont er.
Reine Krisen-düsternis soll aber eben auch nicht über dieser 24 Stunden verfügbaren Onlinewerkschau unter dem Untertitel „Edition Spéciale – Confinement“schweben. Im Gegenteil: Das Blaise Pascal-zitat „L’homme plein de tristesse qu’il soit, si on peut gagner sur lui de le faire entrer en quelque divertissement, le voilà heureux pendant ce temps-là.“steht dem Tanzdreierlei als Inspiration voran. „Wir haben schon Arbeiten ausgesucht, die auch einen unterhaltsamen Abend versprechen und die Publikum sicher auch begeistern werden“, sagt Baumgarten.
Worum geht es in „TOYS“, „The Passion of Andrea 2“und „Je suis assis avec une canette en étain à la main“? In „TOYS“begibt sich Léa Tirabasso auf Spurensuche nach dem Spiel – und dem Verlieren in das Vergnügen; mal absurd, mal als Zitat der Popkultur fragt sie dabei, was den Menschen eigentlich in der Suche nach dem Vergnügen antreibt und er diesem Trieb unablässig nachgeht.
Simone Moussets „The Passion of Andrea 2“setzt bewusst auf Unruhe und Unsicherheiten. Unter den drei Produktionen ist das Stück das neuste und mischt ganz unterschiedliche Einflüsse zusammen – hier etwas Science-fiction, da Musikkomödie, dort Farce.
Baumgarten lässt schließlich die Musik von David Bowie auf die Energie von jungen Tänzern treffen und schaut, was diese Pulse und Reaktionen darauf, bewirken können – in aller Kraft und mit vollem Körpereinsatz.
Ich glaube jeder muss jetzt auf seine Art und in seiner Kunstform einen Beitrag leisten, damit wir mit dem Publikum in Kontakt bleiben. Bernard Baumgarten, Leiter Trois C-L