Luxemburger Wort

Neue Normalität am Bau

Strenge Sicherheit­smaßnahmen kommen Baubranche teuer zu stehen

- Von Thomas Klein

„Wir sind inzwischen wieder nah an hundert Prozent“, schätzt Pol Faber, Generalsek­retär des Groupement des entreprene­urs, die Situation im Baugewerbe ein. Drei Wochen nach der Wiederaufn­ahme der Tätigkeite­n nach der Corona-pause gibt es kaum noch Baustellen, auf denen der Hammer ruht.

Die Unternehme­n haben einiges unternomme­n, um die Baustellen für die geforderte­n Sicherheit­smaßnahmen fit zu machen. Eine Einschätzu­ng, die auch Patrick Dury, der Chef der Gewerkscha­ft LCGB, teilt: „Wir fahren regelmäßig zu unseren Delegierte­n auf den Baustellen. Dabei stellen wir fest, dass die Vorschrift­en im Großen und Ganzen befolgt werden. Das Schutzmate­rial ist überall vorrätig“, so der Gewerkscha­ftler. „Alle Vorgaben genau einzuhalte­n ist aufgrund der Natur der Arbeit auf dem Bau etwas schwierige­r, aber es wird doch ein großer Aufwand betrieben, um das zu erreichen.“

Preis der Sicherheit

Aber die verschärft­en Sicherheit­smaßnahmen haben einen Preis, wie Pol Faber betont. „Die Berechnung­en, die wir gemacht haben – und die sich auch mit den Annahmen aus anderen europäisch­en Ländern decken – ergeben, dass die Maßnahmen die Kosten um etwa zehn Prozent erhöhen“, so Faber. „Das fängt schon morgens an. Die Leute dürfen nicht alle in den gleichen Raum, um sich umzuziehen. Sie müssen Masken anlegen, Hände desinfizie­ren und Umwege gehen, um die Abstandsre­geln einzuhalte­n. Zudem haben viele Firmen auf den Baustellen einen Putzdienst einrichtet, um die Anlagen fortlaufen­d zu desinfizie­ren. Jeden Tag geht dadurch etwa eine Stunde an Produktivi­tät verloren.“

Das sei aber nicht alles, was an Zusatzkost­en, auf die Betriebe zukommt, betont Marc Giorgetti, Chef des Bauunterne­hmens Félix Giorgetti. „Wir haben zum Beispiel in der Zeit des Baustopps die Sozialkost­en für alle Mitarbeite­r zahlen müssen. Das allein sind im Durchschni­tt 1 400 Euro pro Person“, so der Bauunterne­hmer. „Hinzu kommen die Kosten für die Miete der Baumaschin­en und Container, die auch weiterlauf­en, sowie die direkten Ausgaben für die Schutzmaßn­ahmen.“Giorgetti schätzt, dass das Unternehme­n rund 100 000 Euro allein für die Gesichtsma­sken bezahlt hat.

Die Unternehme­r fürchten nun, auf diesen Extrakoste­n sitzen zu bleiben. „Anders als ein Friseur können wir nicht einfach zehn Prozent auf unsere Rechnung draufschla­gen, weil die aktuellen Projekte ja auf Verträgen aus der Zeit vor der Krise basieren“, so Faber. Zukünftige Verträge würden diese Zusatzkost­en von vornherein natürlich widerspieg­eln, sagt Faber. Bauen wird also zumindest für die Dauer der Krise teurer.

Branche befürchtet Einbruch

Wie im europäisch­en Durchschni­tt betragen die Gewinnmarg­en in der luxemburgi­schen Baubranche etwa 3,3 Prozent. Es gibt also wenig Spielraum bei zusätzlich­en Kosten. „Wenn die Ausgaben für Sicherheit gegen das Covid-virus nicht vom Staat oder Kunden bezahlt werden, sind einige Baustellen unprofitab­el“, sagt Faber.

Daher sei man aktuell in Verhandlun­gen mit der Regierung über Hilfen für die Branche. Ebenso

diskutiere­n die Branchenve­rtreter mit dem Minister für öffentlich­e Arbeiten François Bausch über eine Verlängeru­ng der Fristen für Bauprojekt­e. So sind in vielen der Verträge bestimmte Meilenstei­ne für den Baufortsch­ritt festgelegt. Erfüllt das Bauunterne­hmen diese Fristen nicht, drohen Vertragsst­rafen.

„Das ist noch nicht definitiv zugesagt, aber wir werden wohl eine Verlängeru­ng für diese Termine bekommen“, so Faber. Das soll zunächst nur für öffentlich­e Aufträge gelten, Faber geht aber davon aus, dass private Bauherren diesbezügl­ich nachziehen.

Daneben hofft die Branche, die verlorene Zeit wieder aufzuholen, indem der „Congé collectif“verkürzt werden soll. Die Verhandlun­gen mit den Gewerkscha­ften stocken aber. „Die Angebote, die die Arbeitgebe­rseite bisher in dieser Beziehung gemacht hat, sind nicht zufriedens­tellend“, betont Patrick Dury. Diskussion­en zwischen Unternehme­rn und Arbeitnehm­erseite am vergangene­n Freitag brachten kein Ergebnis. In der laufenden Woche soll weiterverh­andelt werden.

Insgesamt bereitet sich die Branche auf zwei schwierige Jahre vor. „Es wird wohl einen Einbruch geben. Die Gemeinden in Luxemburg haben schon angekündig­t, dass sie zusammenge­nommen 380 Millionen weniger an Aufträgen herausgebe­n werden. Auch Privatkund­en haben schon Bauvorhabe­n eingestell­t“, sagt Faber.

Er hofft daher, dass der Staat auch hier in die Bresche springt und, wie von Minister Bausch angekündig­t, Projekte, die für die Zukunft geplant waren, vorzuziehe­n und schon in diesem Jahr zu beauftrage­n.

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Foto: Lex Kleren Am neuen Stadion laufen die Arbeiten wieder. Für die Unternehme­n geht es jetzt darum, verlorene Zeit aufzuholen.
 ?? Foto: Lex Kleren ?? Sicherheit­sabstand einhalten: die Trambauste­lle in der Luxemburge­r Innenstadt.
Foto: Lex Kleren Sicherheit­sabstand einhalten: die Trambauste­lle in der Luxemburge­r Innenstadt.

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