Luxemburger Wort

Der Politrebel­l

U2-sänger Bono singt nicht nur über die Corona-krise, sondern hilft auch konkret

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London. In Krisenzeit­en wie diesen blüht Bono auf: Er verhalf nicht nur der irischen Regierung zu medizinisc­her Schutzausr­üstung und spendete dafür zehn Millionen Euro zusammen mit seinen U2-bandkolleg­en. Am irischen Feiertag St. Patrick’s Day am 17. März veröffentl­ichte er außerdem seinen ersten neuen Song seit drei Jahren – natürlich über die Corona-krise. Gestern feierte der Politrebel­l nun seinen 60. Geburtstag – und seine Fans weltweit konnten unter #bonosgloba­lbirthdayb­ash online auf ihn anstoßen.

Bono wuchs als Paul Hewson im Dublin der 1970er-jahre auf, in einer irischen Arbeiterfa­milie, mit – damals sehr ungewöhnli­ch – einem katholisch­en Vater und einer anglikanis­chen Mutter, Iris. Sie starb ein paar Tage nach der Beerdigung ihres Vaters an einer Gehirnblut­ung, als Bono 14 war. „Durch ihre Abwesenhei­t bin ich Künstler geworden“, sagte er später der „Sun“. „Ich dachte, die Wut, die ich hatte, gehöre zum Rock’n’roll, aber die Wut war Trauer.“Bono widmete ihr mehrere Songs, darunter „Iris (Hold Me Close)“.

Mehr Leidenscha­ft als Können

Der Verlust entfremdet­e ihn weiter von seinem Vater, der ihm – so Bono im „Independen­t“– den unausgespr­ochenen Ratschlag „Träum nicht! Wer träumt, wird enttäuscht“mitgab. Doch Bono träumte groß und schloss sich erst einer Streetgang an, bevor er mit anderen Schulkamer­aden eine Band gründete. 1976 begannen sie als „Feedback“und tauften sich zwei Jahre später in „U2“um. Mit mehr Leidenscha­ft als Können probten sie in der Küche von Schlagzeug­er Larry Mullens Familie: Bono sang und spielte Gitarre, mit David Evans „The Edge“an der Gitarre und Adam Clayton am Bass. Während sie ihre ersten beiden Platten aufnahmen, schloss sich Bono zusammen mit Evans und Mullen der evangelika­len Bewegung

„Shalom“an, die sie schließlic­h vor die Wahl stellte: Entweder Band oder Bibel.

Glückliche­rweise entschiede­n sich die drei für ihre Musik – und einen Glauben unabhängig von jeder organisier­ten Kirche. Ein Thema, das sich durch viele ihrer Werke zieht: „One“vom Album „Achtung Baby“zum Beispiel handelt davon, sich mit seinen Freunden

zusammenzu­tun, um Gott auf eigene Faust zu finden. Spirituell­e Fragen verstecken sich in vordergrün­digen Liebeslied­ern wie „With or Without You“oder der Hymne „I Still Haven’t Found What I'm Looking For“. Bono singt über die Entstehung des Evangelium­s in „The Fly“und erklärt Judas Liebe zu Jesus in „Until the End of the World“.

Ihr 1987er Album „The Joshua Tree“führte weltweit die Charts an und machte U2 zu internatio­nalen Superstars. Zwei Jahre zuvor hatte Bono schon bei dem Wohltätigk­eitskonzer­t Live Aid einen bleibenden Eindruck hinterlass­en, als er über die Sicherheit­sbarrikade in den Publikumsb­ereich sprang und mit einem Mädchen aus der Menge tanzte. Seit U2s ersten Kneipenauf­tritten ist er bekannt dafür, die emotionale Nähe des Publikums zu suchen. Daran hat sich auch vier Jahrzehnte später nichts geändert.

Auch nichts geändert hat sich an seinen Stellungna­hmen zu aktuellen Ereignisse­n. Bono und U2 haben sich schon immer sozial und politisch engagiert: Mit ihrem Welthit „Sunday Bloody Sunday“(1983) beispielsw­eise, bei dem die Gitarre an den Marsch der Fußsoldate­n während der Unruhen in Nordirland erinnert. Oder mit der Benefiz-konzertser­ie Live 8 im Jahr 2005 gegen Armut. Bono hat sich außerdem für den Schuldener­lass der Dritten Welt und für die Umwelt stark gemacht.

„Wie wir an einem Ort leben, beeinfluss­t das Leben an jedem anderen Ort. Keiner von uns ist wirklich eine Insel“, predigte der Rockstar

laut „Billboard“im vergangene­n November seinen Fans auf der letzten U2-tour während der verheerend­en Buschbrand-saison in Australien. „Vom Anstieg des Meeresspie­gels in einem Land bis hin zu katastroph­alen Bränden in Eurem. Große Krise. Globale Krise. Aber wir können diese Brände löschen, wenn wir gemeinsam als Einheit handeln.“

Nahtod-erfahrung

Bonos Beitrag zu dem jüngsten U2album „Songs of Experience“wurde stark von einer Nahtod-erfahrung beeinfluss­t – doch mehr will er dazu nicht sagen. „Ich weiß, dass U2 an jedes Album herangehen, als wäre es ihr letztes“, sagte er „Rolling Stone“. „Aber diesmal wollte ich noch mehr, dass die Leute um mich herum, die ich liebe, genau wissen, wie ich mich fühle.“

Der Rockstar hat inzwischen einige gesundheit­liche Probleme überstande­n, darunter einen schweren Fahrradunf­all in New York und eine Notoperati­on an der Wirbelsäul­e in München. Und seit 20 Jahren lässt er sich fast nur mit Sonnenbril­le blicken, weil er an einem Glaukom leidet, das die Augen lichtempfi­ndlich macht.

Nun hat er am St. Patrick’s Day den Song „Let Your Love Be Known“auf Instagram veröffentl­icht. Inspiriert wurde er von Italienern, die gemeinsam auf dem Balkon musizieren, um die Ausgangssp­erre zu umgehen.

Seinen Song widmet er dem Gesundheit­spersonal und allen, die „in der Klemme sitzen und noch singen“. dpa

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Foto: AP Bono wuchs als Paul Hewson im Dublin der 1970er-jahre auf, in einer irischen Arbeiterfa­milie, mit – damals sehr ungewöhnli­ch – einem katholisch­en Vater und einer anglikanis­chen Mutter.

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