Luxemburger Wort

Aus der Not eine Tugend machen

Der Wandel hin zum Homeoffice stellt nicht nur Arbeitnehm­er vor Herausford­erungen, auch die Gesetzgebu­ng muss angepasst werden

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Luxemburgs Bruttoinla­ndsprodukt wird wegen der Corona-krise voraussich­tlich nicht so stark sinken wie bei anderen Eu-staaten. Dies hängt größtentei­ls damit zusammen, dass viele Arbeitnehm­er im Dienstleis­tungs- und Informatio­nssektor beschäftig­t sind. 69 Prozent der Angestellt­en arbeiten momentan im Homeoffice. „2019 waren es über das Jahr gesehen 20 Prozent, die von zu Hause aus gearbeitet haben“, betont Lsap-fraktionsp­räsident Georges Engel während der Aktualität­sstunde zum Homeoffice am Mittwoch.

Rahmenbedi­ngungen

Auch wenn Luxemburg bereits Erfahrunge­n im Bereich Homeoffice hat und zu den Ländern zählt, in denen es am meisten praktizier­t wird, fehlt noch ein gesetzlich­er Rahmen. Dem Initiator der Aktualität­sstunde, Marc Spautz (CSV), ging es in seinem Gesetzesan­trag darum, die unbeantwor­teten Fragen

anzugehen: „Homeoffice bringt viel Gutes für die Menschen. Man spart sich den Arbeitsweg und steht nicht im Stau. Auch der Co2-ausstoß nimmt dadurch ab“. Aber trotzdem bleiben laut Spautz offene Fragen: „Wann ist man für den Arbeitgebe­r erreichbar, wann kann man offline bleiben? Wie steht es um den Arbeitssch­utz? Wie ist man bei einem Arbeitsunf­all versichert? Darf der Arbeitgebe­r den Arbeitspla­tz des Arbeitnehm­ers kontrollie­ren?“

Auch für die 200 000 Grenzgänge­r gebe es noch Unklarheit­en. Obwohl mit den Nachbarlän­dern, aus der Not heraus, bilaterale Ausnahmere­gelungen ausgehande­lt wurden, laut denen die Arbeitstag­e der Grenzgänge­r von ihrem Zuhause während des Etat de crise wie normale Arbeitstag­e in Luxemburg verrechnet werden, gibt es noch immer Doppelbest­euerungsab­kommen zwischen den Ländern, die nur eine gewisse Zahl von Tagen zulassen. Dementspre­chend

sei es problemati­sch zu wissen, von welchem Notstand man in diesen Ausnahmere­gelungen ausgehe. Charles Margue (Déi Gréng) dazu:

„Von welchem Etat de crise gehen die Verträge eigentlich aus, dem französisc­hen oder dem luxemburgi­schen? Dies macht einen großen Unterschie­d.“Die Abgeordnet­en fordern deshalb, dass die bilaterale­n Verträge mit den Nachbarlän­dern neu verhandelt werden, damit in Zukunft die Grenzgänge­r mehr als bisher vom Homeoffice profitiere­n können.

Sven Clement (Piraten) reichte während seiner Rede einen Gesetzesan­trag ein, der sich mit den steuerlich­en Aspekten des Homeoffice befasst. Clement zufolge gebe es eine nicht zu vernachläs­sigende soziale Dimension:

„Während Hausbesitz­er, die bereits über ein Büro verfügen, dieses steuerlich absetzen können, müssen andere, die in Wohnungen arbeiten oder nur wenig Platz haben, in ihrer Küche arbeiten.“Auch Marc Baum (Déi Lénk) zeigte hinsichtli­ch dieser Problemati­k Bedenken: „Die Natur des Arbeitskon­trakts verändert sich.“Normalerwe­ise stelle der Arbeitnehm­er seinem Arbeitgebe­r lediglich seine Arbeitskra­ft zur Verfügung, beim Homeoffice kämen aber Strom und Wohnraum hinzu. Da das Thema so facettenre­ich ist, kamen die Abgeordnet­en zu dem Entschluss, dass die Gesetzesvo­rschläge in den verschiede­nen Ausschüsse­n weiter vorbereite­t und überarbeit­et werden sollen. M.K.

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Foto: Chris Karaba Während des Confinemen­t haben 69 Prozent der Bevölkerun­g des Landes von zu Hause aus gearbeitet.

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