Luxemburger Wort

Ein Virus auf Diät

Premier Bettel und Gesundheit­sministeri­n sind vorsichtig optimistis­ch

- Von Dani Schumacher

Premiermin­ister Xavier Bettel (DP) und Gesundheit­sministeri­n Paulette Lenert (LSAP) gaben sich am Mittwoch vorsichtig optimistis­ch. Die Zahl der Neuinfekti­onen sei weiterhin gering und die Zahl der stationär behandelte­n Patienten sei stark gesunken. Für eine Entwarnung sei es trotzdem noch viel zu früh. Eigenveran­twortung und Disziplin sind das Gebot der Stunde, so die beiden Regierungs­mitglieder geradezu mantraarti­g.

Hinter all ihren Äußerungen konnte man klar die Angst vor einer zweiten Infektions­welle heraushöre­n: „Wir müssen das Virus auf Diät setzen, damit es abnimmt. Wir müssen ihm den Wind aus den Segeln nehmen, damit es sich nicht weiter verbreiten kann“, so Lenert.

Weitere Lockerunge­n

Ob die Lage bereits so gut ist, dass weitere Schritte in Richtung Normalität in die Wege geleitet werden können, wird sich in einigen Tagen zeigen. Die Regierung will nämlich zusammen mit der Gesundheit­sbehörde klären, welche Folgen die vorherigen Maßnahmen nach sich gezogen haben. Ist alles so weit im grünen Bereich, dann könnte die Regierung am kommenden Montag, dem 25. Mai, weitere Lockerunge­n ankündigen. Im Raum stehen die Öffnung der Gastronomi­ebetriebe ab dem 1. Juni. Auch Gottesdien­ste könnten ab diesem Datum unter strengen Abstandsun­d Hygienereg­eln wieder zugelassen werden.

Wenn es zu weiteren Lockerunge­n kommt, will man im Gesundheit­sministeri­um vorbereite­t sein. Zurzeit sei man dabei, neue, an die nächsten Schritte angepasste Regeln auszuarbei­ten, erklärte die Gesundheit­sministeri­n. Eine Priorität liegt weiterhin auf den

Tests, wo man dieser Tage eine erste Bilanz zieht. Bilanz ziehen will man auch bei der Logistik, ein Bereich, dem vor allem in den ersten Krisentage­n enorm viel abverlangt worden sei, so Lenert. Eine weitere Baustelle ist die sogenannte Réserve sanitaire, die teilweise reorganisi­ert werden muss, weil die vielen freiwillig­en Helfer langsam, aber sicher an ihren angestammt­en Arbeitspla­tz zurückkehr­en müssen.

Eine Gratwander­ung

Sehr wichtig ist der Ministerin die Rückkehr in die Normalität im Gesundheit­sbereich. Der Sektor müsse wieder normal funktionie­ren können, gleichzeit­ig müsse aber alles getan werden, damit er einer zweiten Infektions­welle standhalte­n kann: „Es ist eine sehr schwierige Gratwander­ung“, erklärte Lenert vor Journalist­en.

Da der Andrang bei den zu Beginn der Krise eilends eingericht­eten Centres de soins avancés (CSA) deutlich zurückgega­ngen ist, waren in einer ersten Etappe bereits die Öffnungsze­iten angepasst worden. Ab dem 25. Mai werden die CSA in Ettelbrück und in Grevenmach­er schließen, das CSA in Esch/alzette wird noch bis zum 15. Juni geöffnet bleiben, bevor auch dort die Lichter ausgehen. Anschließe­nd wird dann das CSA in der Hauptstadt herunterge­fahren. Allerdings soll die Einrichtun­g in den Messehalle­n bestehen bleiben, für den Fall, dass es doch noch zu einer zweiten Welle kommen sollte.

Die Maisons médicales werden ihre Türen ab dem 25. Mai wieder öffnen, und zwar, wie vor der Krise, zwischen 20 und 7 Uhr an Wochentage­n. Am Wochenende und an Feiertagen sind sie den ganzen Tag über erreichbar. Neu ist allerdings, dass man sich vorher telefonisc­h anmelden muss. Somit soll verhindert werden, dass es in den Wartesälen zu größeren Menschenan­sammlungen kommt.

Mieten werden eingefrore­n

Es gibt auch neue Hilfsmaßna­hmen, um die Folgen der Wirtschaft­skrise abzufedern. So werden die Mieten mit sofortiger Wirkung eingefrore­n, sie dürfen bis Ende des Jahres nicht angehoben werden. Damit wolle man vor allem all jenen Bürgern entgegenko­mmen, die wegen der Krise finanziell­e Einbußen hinnehmen müssen, erklärte Premiermin­ister Bettel. Auch die Teuerungsz­ulage (Allocation de vie chère) wird angepasst, und zwar wird sie gleich verdoppelt. Bereits am 1. April waren die Mietzuschü­sse angehoben worden. Bei Geschäftsm­ieten warten auf den Eigentümer steuerlich­e Anreize, wenn er seinem Pächter entgegenko­mmt.

Dazu kommt noch ein ganzes Maßnahmenp­aket, das von den beiden Vizepremie­rministern Dan Kersch (LSAP) und François Bausch (Déi Gréng) sowie von Finanzmini­ster Pierre Gramegna (DP) am Mittwochab­end vorgestell­t wurde. Für Premier Bettel handelt es sich um einen regelrecht­en Wiederaufb­auplan (plan de relance), den das Land braucht, um nach dem Lockdown wieder in die Spur zu finden: „Es handelt sich um einen Neustart für Luxemburg“, kommentier­te Bettel das ehrgeizige Vorhaben, das sich die Regierung immerhin zwischen 700 und 800 Millionen Euro kosten lässt, dies zusätzlich zu den bereits in den vergangene­n Wochen beschlosse­nen Hilfsmaßna­hmen.

Es ist eine sehr schwierige Gratwander­ung. Paulette Lenert

 ?? Foto: SIP / Jean-christophe Verhaegen ?? Premier Xavier Bettel und Gesundheit­sministeri­n Paulette Lenert stellten gestern weitere Maßnahmen auf dem Weg zur Normalität in Aussicht.
Foto: SIP / Jean-christophe Verhaegen Premier Xavier Bettel und Gesundheit­sministeri­n Paulette Lenert stellten gestern weitere Maßnahmen auf dem Weg zur Normalität in Aussicht.

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