Ein Virus auf Diät
Premier Bettel und Gesundheitsministerin sind vorsichtig optimistisch
Premierminister Xavier Bettel (DP) und Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) gaben sich am Mittwoch vorsichtig optimistisch. Die Zahl der Neuinfektionen sei weiterhin gering und die Zahl der stationär behandelten Patienten sei stark gesunken. Für eine Entwarnung sei es trotzdem noch viel zu früh. Eigenverantwortung und Disziplin sind das Gebot der Stunde, so die beiden Regierungsmitglieder geradezu mantraartig.
Hinter all ihren Äußerungen konnte man klar die Angst vor einer zweiten Infektionswelle heraushören: „Wir müssen das Virus auf Diät setzen, damit es abnimmt. Wir müssen ihm den Wind aus den Segeln nehmen, damit es sich nicht weiter verbreiten kann“, so Lenert.
Weitere Lockerungen
Ob die Lage bereits so gut ist, dass weitere Schritte in Richtung Normalität in die Wege geleitet werden können, wird sich in einigen Tagen zeigen. Die Regierung will nämlich zusammen mit der Gesundheitsbehörde klären, welche Folgen die vorherigen Maßnahmen nach sich gezogen haben. Ist alles so weit im grünen Bereich, dann könnte die Regierung am kommenden Montag, dem 25. Mai, weitere Lockerungen ankündigen. Im Raum stehen die Öffnung der Gastronomiebetriebe ab dem 1. Juni. Auch Gottesdienste könnten ab diesem Datum unter strengen Abstandsund Hygieneregeln wieder zugelassen werden.
Wenn es zu weiteren Lockerungen kommt, will man im Gesundheitsministerium vorbereitet sein. Zurzeit sei man dabei, neue, an die nächsten Schritte angepasste Regeln auszuarbeiten, erklärte die Gesundheitsministerin. Eine Priorität liegt weiterhin auf den
Tests, wo man dieser Tage eine erste Bilanz zieht. Bilanz ziehen will man auch bei der Logistik, ein Bereich, dem vor allem in den ersten Krisentagen enorm viel abverlangt worden sei, so Lenert. Eine weitere Baustelle ist die sogenannte Réserve sanitaire, die teilweise reorganisiert werden muss, weil die vielen freiwilligen Helfer langsam, aber sicher an ihren angestammten Arbeitsplatz zurückkehren müssen.
Eine Gratwanderung
Sehr wichtig ist der Ministerin die Rückkehr in die Normalität im Gesundheitsbereich. Der Sektor müsse wieder normal funktionieren können, gleichzeitig müsse aber alles getan werden, damit er einer zweiten Infektionswelle standhalten kann: „Es ist eine sehr schwierige Gratwanderung“, erklärte Lenert vor Journalisten.
Da der Andrang bei den zu Beginn der Krise eilends eingerichteten Centres de soins avancés (CSA) deutlich zurückgegangen ist, waren in einer ersten Etappe bereits die Öffnungszeiten angepasst worden. Ab dem 25. Mai werden die CSA in Ettelbrück und in Grevenmacher schließen, das CSA in Esch/alzette wird noch bis zum 15. Juni geöffnet bleiben, bevor auch dort die Lichter ausgehen. Anschließend wird dann das CSA in der Hauptstadt heruntergefahren. Allerdings soll die Einrichtung in den Messehallen bestehen bleiben, für den Fall, dass es doch noch zu einer zweiten Welle kommen sollte.
Die Maisons médicales werden ihre Türen ab dem 25. Mai wieder öffnen, und zwar, wie vor der Krise, zwischen 20 und 7 Uhr an Wochentagen. Am Wochenende und an Feiertagen sind sie den ganzen Tag über erreichbar. Neu ist allerdings, dass man sich vorher telefonisch anmelden muss. Somit soll verhindert werden, dass es in den Wartesälen zu größeren Menschenansammlungen kommt.
Mieten werden eingefroren
Es gibt auch neue Hilfsmaßnahmen, um die Folgen der Wirtschaftskrise abzufedern. So werden die Mieten mit sofortiger Wirkung eingefroren, sie dürfen bis Ende des Jahres nicht angehoben werden. Damit wolle man vor allem all jenen Bürgern entgegenkommen, die wegen der Krise finanzielle Einbußen hinnehmen müssen, erklärte Premierminister Bettel. Auch die Teuerungszulage (Allocation de vie chère) wird angepasst, und zwar wird sie gleich verdoppelt. Bereits am 1. April waren die Mietzuschüsse angehoben worden. Bei Geschäftsmieten warten auf den Eigentümer steuerliche Anreize, wenn er seinem Pächter entgegenkommt.
Dazu kommt noch ein ganzes Maßnahmenpaket, das von den beiden Vizepremierministern Dan Kersch (LSAP) und François Bausch (Déi Gréng) sowie von Finanzminister Pierre Gramegna (DP) am Mittwochabend vorgestellt wurde. Für Premier Bettel handelt es sich um einen regelrechten Wiederaufbauplan (plan de relance), den das Land braucht, um nach dem Lockdown wieder in die Spur zu finden: „Es handelt sich um einen Neustart für Luxemburg“, kommentierte Bettel das ehrgeizige Vorhaben, das sich die Regierung immerhin zwischen 700 und 800 Millionen Euro kosten lässt, dies zusätzlich zu den bereits in den vergangenen Wochen beschlossenen Hilfsmaßnahmen.
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Es ist eine sehr schwierige Gratwanderung. Paulette Lenert