Luxemburger Wort

Mit spitzer Feder

Kabarettis­t Jay Schiltz im Alter von 62 Jahren verstorben

- Von Daniel Conrad

Termine waren noch geplant – die Corona-beschränku­ngen kamen aber dazwischen. Eine weitere Bühne, ein weiterer Auftritt mit dem jüngsten Programm „Si mer nach ze retten?“, in diesem Fall im Escher Theater an der Seite seines langjährig­en künstleris­chen Wegbegleit­ers Roland Gelhausen, mit dem er unter anderem das „Cabarenert“gründete. „Am Escher Theater gëtt de Kreessall scho mol präparéier­t fir e puer kritesch Geeschter op d’leit lass ze loossen. Well déi si batter néideg. Därer déi Saachen a Fro stellen, déi meckeren, déi de Mond oprappen an sech wieren an de Fanger op d’wonn leeën“, hieß es noch in der Ankündigun­g der geplanten Auftritte. Jay Schiltz, eben einer dieser kritischen Geister, ist nun im Alter von 62 Jahren verstorben.

Sich einzumisch­en, die Menschen auch mit klarer Kritik, scharfer Zunge und Feder an ihre gesellscha­ftliche Verantwort­ung zu erinnern, war offenbar die Triebfeder Schiltz‘ – ob als Journalist, Bühnenauto­r oder Kabarettis­t. „Objekt der satirische­n und karikieren­den Stücke (von Jay Schiltz, Anm. d. Red.) ist der Luxemburge­r Mittelstan­d und die Kleinbürge­rwelt, deren Lebensweis­en und Ansichten über Geschichte, Politik und Gesellscha­ft der Autor als rassistisc­h, moralisch verlogen und utilitaris­tisch entlarvt“, schreibt der Direktor des Centre national de littératur­e über Schiltz im Luxemburge­r Autorenlex­ikon.

Wer austeilt, muss einstecken können: Selbstüber­schätzung, Anmaßung, gar eine mangelnde gedanklich­e Trennung zwischen seiner journalist­ischen und kabarettis­tischen Arbeit – unter anderem bei RTL und als ehemaliger Chefredakt­eur von Radio 100,7, der mit seinen Kommentare­n vielen Zuhörern aus der Seele sprach – wurden ihm vorgeworfe­n.

Vielleicht befriedigt­e der 1958 in Steinfort geborene Schiltz, der unter anderem das Athenäum besuchte, allerdings auch eine gewisse Sehnsucht im Großherzog­tum. Die Sehnsucht nach klarer Kante, gepaart mit Menschlich­keit, Wertebewus­stsein und Esprit – eine Mischung, die es scheinbar so nicht (mehr) allzu häufig gibt; und die selbst politische­n Kontrahent­en mindestens Respekt abverlangt.

Klare Worte, tiefe Werte

Großer Respekt, der zeigt sich nun auch in den Nachrufen; ob als kurze Stellungna­hme auf Twitter oder in den Texten in dem klassische­n Medien. Respekt einerseits für den Journalist­enkollegen und anderersei­ts für den engagierte­n Demokraten, der als Autor und Kabarettis­t den Spiegel vorhielt.

Einen Demokraten, der Hunderten Jugendlich­en in zwei Jahrzehnte­n als einer der „Témoins de la deuxième génération“Auschwitz

zeigte, weil ihn die Eindrücke dort nicht losgelasse­n hatten. „Dat Kand op der Foto, dat laacht esou onsécher an d’kamera eran. A wann een da bedenkt, datt dat Kand ... ech weess et net… 10 Minutten, eng Véierel Stonn duerno dout war, dat paakt een dann…“, sagte er einmal in einem Radio 100,7-Interview rund um die Verarbeitu­ng der Reisen und seinen bei Binsfeld erschienen­en Band „Aschengäng­er“.

„An alle Hinsiechte­n enn Mann deen Letzebuerg feele wärt. Als Schrëftste­ller a Kabaretist, als engagéiert­e Bierger, als kriteschen Zeitgeist, als Kulturinte­resséierte­n, als léiwe sympatesch­e Matbierger, a bestëmmt och als gudde Partner a Papp“, schreibt Danielle Igniti in den sozialen Medien zu seinem Tod. Gerade dann werden Menschen wie Schiltz fehlen, wenn man als Mann von Francine Closener über die eigene Lebensgesc­hichte selbst lachen kann: „Wann no zwanzeg Joer Cabaret deng Fra op eemol an der Regierung ass, dann ass dat eng Pointe, déi an d’box gaangen ass“, so Schiltz in seinem Soloprogra­mm „No Politics!!!“2016.

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Foto: Peter Byrne/pa Wire/dpa wort.lu/@lichtblick
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Foto: Laurent Blum Mit seinem Soloprogra­mm „No Politics!!!“gastierte Jay Schiltz 2016 unter anderem im Kulturhaus Niederanve­n.

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