Biotop für Tiere und Pflanzen
Stiftung Natur&ëmwelt lässt alte Trockenmauern im Kanecher Wéngertsbierg bei Gostingen instand setzen
Gostingen. Zwischen den beiden Dörfern Gostingen und Canach befindet sich das Natura-2000gebiet Kanecher Wéngertsbierg, durch das zwei Wanderwege führen. Seinen Namen erhielt das Areal durch den auf 60 Ar Land angelegten Bioweinberg, in dem Reben mit Elbling- und Pinot-noirtrauben wachsen. Bewirtschaftet werden die Parzellen vom Hobbywinzer Carlo Entringer.
In dem an steilen Hängen gelegenen Weinberg und den angrenzenden Wiesen, auf denen Schafe und Ziegen weiden, werden die Erdmassen von Trockenmauern zurückgehalten. Seit 2013 werden diese ohne Mörtel errichteten Bauwerke im Rahmen eines mit europäischen Interreg-fördergeldern finanzierten Projekts nach und nach instand gesetzt.
„Ein Großteil der Parzellen gehört entweder dem Staat oder der Stiftung natur&ëmwelt“, sagt Landschaftsingenieur Jacquesyves Kail von der Stiftung. Weil die Mauern über Jahrzehnte gar nicht oder nur in ganz unregelmäßigen Abständen renoviert wurden, sei der Zustand der ohne Mörtel angefertigten Mauern an vielen Stellen schlecht gewesen. „2013 haben wir angefangen in zwei Phasen nach und nach die Trockenmauern zu reparieren beziehungsweise neu zu bauen“, erklärt Jacques-yves Kail bei einer Ortsbegehung mit Tiago De Sousa von der Naturabteilung der Administration de la nature et des forêts sowie Olivier Hirsch vom Ingenieurbüro Micha Bunusevac aus Strassen.
Im vergangenen Jahr wurde die zweite Projektphase gestartet. „An verschiedenen Stellen hatte sich die alte Trockenmauer mit der Zeit zum Weg hin so stark buckelförmig verformt, dass einige Steinbrocken bereits auf den Pfad gestürzt waren oder herauszufallen drohten“, erzählt Olivier Hirsch. Bei reparaturbedürftigen Mauern würden entweder nur einzelne oder sogar alle Steine entfernt. Danach hänge es vom Zustand des alten Steins ab, ob er wieder an der Vorderseite der Mauer wiederverwendet wird oder ob er zu Drainagezwecken im hinteren Bereich genutzt wird. Ist das Rohmaterial noch gut genug, dann könne die Sichtfläche von Steinmetzen bearbeitet und der Brocken wieder eingebaut werden. Insofern sei dies recht nachhaltig, so Olivier Hirsch.
Wird die Mauer nur teilweise neu errichtet, müsse laut der Charta von Venedig nach dem Wiederaufbau klar ersichtlich sein, welcher Teil neu ist. Die am Kanecher Wéngertsbierg verwendeten Steine stammen aus Dolomitsteinbrüchen in Luxemburg sowie im nahen deutschen Grenzgebiet.
Doch die Steine, die nach dem Abriss von alten Häusern oder Scheunen übrig bleiben, können – statt auf einer Bauschuttdeponie endgelagert zu werden – als Baumaterial für Trockenmauern genutzt werden. Um die Stabilität der
Elbling- und Pinot-noir-trauben (oben) wachsen im Weinberg.
Mit alten und neuen Steinen (links) werden auch Treppen gebaut.
Bei den Mauern ist deutlich zu sehen, welche Steine alt und welche neu sind (kl. Foto links). Alte Steine (kl. Foto rechts) werden neu bearbeitet und eingebaut.
Die zweite Bauphase (unten) dauert noch an.
Trockenmauer zu gewährleisten, muss sie in einem bestimmten Winkel gebaut werden. „Hat die Sohle eine Neigung von fünf Prozent, dann muss auch die Mauer mit einer Neigung von fünf Prozent errichtet werden. Wird dies nicht respektiert, dann wird das Bauwerk irgendwann einfallen“, sagt Olivier Hirsch.
Immaterielles Kulturerbe
Die Kunst der Herstellung von Trockenmauern ist in der Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco eingetragen, damit sie nicht in Vergessenheit gerät und dieses Können an kommende Generationen überliefert wird. Trockenmauern bieten unterschiedlichen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum.
„In den Spalten hausen beispielsweise gerne Nattern und Eidechsen“, informiert Jacques-yves Kail. An den Steinen lassen sich auch Wildpflanzen wie der pink blühende Ackerwachtelweizen und sonstige auf Steinen gedeihende Pflanzen nieder.
„Da in dem Natura-2000schutzgebiet keine Pestizide und Düngemittel versprüht werden, kann man an einigen Stellen auch Wildorchideen und Enzian vorfinden“, sagt Kail.
Und weil Trockenmauern ebenso vielen Pflanzen- und Tierarten einen Lebensraum bieten, wolle man nicht nur staatliche Verwaltungen wie die Ponts et chaussées weiter für den Bau von Trockenmauern sensibilisieren, sondern auch Gemeinden, Gartenbaufirmen und Privatleute, so Kail.