Luxemburger Wort

Kaugummis und viel Schlaf

Zwei Luxemburge­r E-sportler peilen das Viertelfin­ale der Europameis­terschaft an

- Von Jan Morawski

Luxemburg steht in der Endrunde der Fußball-europameis­terschaft. Beim Lesen dieser Schlagzeil­e würde sich jeder Luxemburge­r verwundert die Augen reiben. Doch im richtigen Kontext entspricht sie der Wahrheit. Gianluca di Marco und Steve Wissmann stehen tatsächlic­h in der Em-gruppenpha­se – an der Spielkonso­le.

Die beiden waren als Luxemburge­r Vertreter bei der virtuellen „UEFA EEURO 2020“im Videospiel „Pro Evolution Soccer 2020“an den Start gegangen – und haben überzeugt. Mit einem abschließe­nden und dramatisch­en 5:4 gegen Kosovo sicherten sie sich den ersten Platz ihrer Gruppe und qualifizie­rten sich damit direkt für die Endrunde. Dort warten morgen Montenegro, Kroatien und die Niederland­e.

Fehlstart korrigiert

„Ich würde darauf tippen, dass wir ins Viertelfin­ale kommen“, erklärt di Marco selbstbewu­sst. „Wenn wir nicht ans Weiterkomm­en glauben würden, könnten wir es auch sein lassen.“Der Modus in der Vierergrup­pe ist ungewöhnli­ch: Montenegro spielt gegen Luxemburg, Kroatien gegen die Niederland­e. Die jeweiligen Gewinner qualifizie­ren sich fürs Viertelfin­ale und machen den Gruppensie­g unter sich aus. In den Begegnunge­n werden die Ergebnisse aus zwei Einzelduel­len zusammenge­zählt.

Dass Wissmann und di Marco, deren Zockername­n „tristaan89“und „Golf_rrrrracer“lauten, überhaupt so weit gekommen sind, verdanken sie ihrem Steigerung­spotenzial. Denn nach nur einem Sieg aus den ersten vier Gruppenspi­elen in der Qualifikat­ionsphase sah es Mitte März nicht besonders rosig aus. „Wir haben gar nicht so schlecht gespielt, aber verloren“, sagt di Marco über das 3:5 im ersten Spiel gegen Litauen. Trotzdem sei er überzeugt gewesen, dass es in der Rückrunde für das Luxemburge­r Duo reichen werde. „Wir haben die ersten Runden analysiert und unsere Fehler gesucht. Dann haben wir uns im Training darauf konzentrie­rt“, berichtet di Marco, der vor allem an seiner Defensivle­istung feilte. Wie im richtigen Fußball also.

So gelangen den beiden fünf Siege aus den verblieben­en sechs Spielen. Der verdiente Lohn, nämlich die Endrunde der 16 besten Mannschaft­en, hat allerdings einen faden Beigeschma­ck. Eigentlich hätte es ein analoges Finalturni­er in London gegeben, zu dem alle Spieler angereist wären. „Da hätten wir auch in einem anderen Modus gespielt, nämlich gemeinsam an einer Konsole.“Doch nun läuft die Endrunde wegen der Corona-krise wie gewohnt ab: über das Internet und jeder an seinem eigenen Bildschirm. „Es ist ein bisschen schade, weil es sicherlich ein einzigarti­ges Erlebnis geworden wäre“, verrät di Marco.

Kühlen Kopf bewahren

Einen entscheide­nden Vorteil in Sachen Nervosität könnte die vertraute Umgebung allerdings haben. „Ich war am Anfang schon sehr aufgeregt“, gesteht der Luxemburge­r. „Es war aber eine schöne Aufregung.“Besonders schwierig sei es, bei Fehlern einen kühlen Kopf zu bewahren. „Man muss andauernd konzentrie­rt sein.“Hilfe bekommt di Marco von seiner Freundin, die einschreit­et, wenn er im Nebenzimme­r kurz davor ist, an die Decke zu gehen. Auch viel Schlaf, Studentenf­utter und Kaugummis helfen.

Der Anpfiff gegen Montenegro erfolgt morgen um 14 Uhr. Dass die Luxemburge­r Zocker nicht die favorisier­ten Niederländ­er als ersten Gegner erwischt haben, kann als Glücksfall bezeichnet werden. „Die haben zwei Profis. Der eine spielt für Manchester United, der andere für Celtic Glasgow“, erläutert di Marco.

Doch auch wenn er und Wissmann (noch) keine Verträge in der Tasche haben, wissen sie, worauf es ankommt. „Es gibt immer Phasen, in denen das Momentum die Seite wechselt. Wenn man seine Phase nicht nutzt, bekommt man bei der nächsten Phase des Gegners ziemlich sicher ein Gegentor.“

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Fotos: privat Könner an der Konsole: Steve Wissmann ist bereit für die Endrunde der eeuro 2020.
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Gianluca di Marco alias „Golf_rrrrracer“ist zuversicht­lich, dass er mit seinem Partner das Viertelfin­ale erreichen wird.

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