Falsche Wortwahl
Die Regierung präsentiert sich in Geberlaune. Mit Hilfsmaßnahmen, deren Größenordnung mittlerweile in etwa zwei Drittel des Staatshaushaltes entspricht, hat sie den Konsequenzen der Corona-krise den Kampf angesagt. Die Botschaft von Blau-rot-grün ist klar: Am Geld und am Gießkannenprinzip soll die Wiederbelebung der Wirtschaft und der Gesellschaft nicht scheitern.
Zu dieser finanziellen Stärke, die die Regierung demonstriert, gesellt sich auch ihre Lufthoheit über die Kommunikationsflüsse. Ob Arbeitgeber oder Gewerkschaften, ob Abgeordnetenkammer oder Gemeinden: Sie alle haben die Erfahrung machen müssen, dass der Notstandsmodus ein Machtausübungsmodus ist, in dem die Regierung die Möglichkeiten der Mitsprache diktiert. Und diese Mitsprache ist auf ein Minimum gestutzt worden. Beispiel CETA.
Selbst die Abgeordneten, immerhin die gewählten Vertreter des Volkes, sind in einen an Bedeutungslosigkeit grenzenden Beobachterstatus gedrängt worden – beziehungsweise haben sich via ihren dem Premierminister treu ergebenen Parlamentspräsidenten, der mehr Erster Bürger von Blau-rot-grün denn Erster Bürger des Landes ist, dahin drängen lassen.
Für das Post-notstands-szenario, das zurzeit unter Regie der Regierung geschrieben wird, kann die heutige Konstellation nur bedeuten, dass die bewährten demokratischen Spielregeln wieder voll umfänglich anzuwenden sind. Diese Vorgabe muss vereinbar sein mit der inhaltlichen Ausgestaltung der sogenannten Covid-19-gesetzgebung.
Genauso gehören in dieser Nach-notstands-zeit andere politische Topthemen zurück auf die Tagesordnung. Denn der Blick in den Rückspiegel offenbart eine während Wochen monothematische Agenda – ganz so, als hätten sich sonstige Herausforderungen samt der dafür zuständigen Minister in Luft aufgelöst.
Ja, ein positiver Effekt dieser Corona-krise ist die vorübergehende Verbesserung verschiedener Umweltwerte – der in Heimarbeit versetzten Dienstleistungsbranche sei dank. Aber nein, die Klimakrise ist dadurch nicht gelöst und sie ist auch nicht durch die überfällig gewesene Annahme des nationalen Energie- und Klimaplanes gelöst. Dessen Umsetzung stellt allemal die gewaltigste Hausaufgabe der kommenden zehn Jahre dar und duldet keinen Aufschub.
Erst einmal lancieren Premier Bettel&co nun aber den „Neistart Lëtzebuerg“, immerhin versehen mit einer angemessenen Öko-note. Trügerisch ist, dass der Begriff des Neustarts nahelegt, dass das Leben in Luxemburg, abgesehen von einigen Corona-konzessionen, bald wieder auf den bekannten Pfaden verläuft; der Finanzminister lässt das Land denn auch von sieben Prozent Wachstum in 2021 träumen. Treffender wäre angesichts des gerade Erlebten und des noch zu Erledigenden die Bezeichnung der Kurskorrektur. Damit wäre das Bewusstsein der Bürger unmissverständlich geschärft worden, dass die Ära des Weiter so passé ist.
Das Homeoffice
hat die Klimakrise nicht gelöst.
Kontakt: marc.schlammes@wort.lu