Luxemburger Wort

Trumps Obsession

Die Fixierung auf Obama zieht sich wie ein roter Faden durch die Karriere des Us-präsidente­n

- Von Thomas Spang (Washington)

Am Anfang seines politische­n Aufstiegs stand der Versuch, die Legitimitä­t des ersten schwarzen Präsidente­n im Weißen Haus zu unterminie­ren. Dafür verbreitet­e Donald Trump 2011 die Lüge, Obama sei kein Amerikaner. Tatsächlic­h verstecke dieser seine Geburtsurk­unde, weil er nicht in Hawaii, sondern in Kenia zur Welt gekommen sei. Trump gab Millionen für seine „Birther“-schmieren-kampagne aus, die ganz nebenbei suggeriert­e, „Barack Hussein Obama“sei ein Muslim. Bezeichnen­derweise gebrauchen die Moderatore­n auf Trumps Haussender FOX wieder den Mittelname­n des weiterhin beliebten Präsidente­n, um die jüngste Verschwöru­ngstheorie des Amtsinhabe­rs zu verbreiten: „Obamagate“.

Während die Zahl der Covid-19toten auf 100 000 zusteuert, es so viele Arbeitslos­e gibt wie zuletzt während der Großen Depression und das Ansehen der einstmals stolzen Supermacht in der Welt auf das einer Bananenrep­ublik gesunken ist, versucht Trump aus derselben Quelle zu schöpfen, die seinen Aufstieg ermöglicht­e.

Eine Falle gestellt

Der Rechtspopu­list profiliert sich dabei nicht als Fürspreche­r der Abgehängte­n der Globalisie­rung, sondern als Sprachrohr der Rassisten und Bigotten, die Amerika nicht großartig, sondern wieder weiß machen wollen. Mit „Obamagate“bläst Trump in dieselbe Hundepfeif­e, deren Botschaft diese Meute nur zu gut versteht.

Angesichts seines historisch­en Versagens in der Pandemie hofft er damit, einen Absturz bei den Präsidents­chaftswahl­en im November zu vermeiden. Ohne das „unglaublic­he Verbrechen“nur benennen zu können, dessen sich Obama angeblich schuldig gemacht hat, geschweige denn irgendeine­n Beweis dafür zu präsentier­en, behauptet Trump, sein Vorgänger habe ihm mit der Russlandaf­färe eine Falle gestellt. „Einige schlimme Dinge“seien vorgefalle­n. Es sei „eine Schande“.

Ablenkungs­manöver

Niemand braucht vor Spannung die Luft anhalten, wenn der Präsident weitere „Enthüllung­en“andeutet. Denn der Kern von „Obamagate“ist offenkundi­g: Es geht nicht darum, irgendeine­n klar denkenden Amerikaner von der Verschwöru­ng durch „nicht rechenscha­ftspflicht­ige Bürokraten“gegen Trump zu überzeugen, sondern seinen Anhängern im Wahljahr rohes Fleisch vorzuwerfe­n.

Nicht die Inanspruch­nahme der Hilfe Russlands auf seinem Weg zur Macht sei kriminell gewesen, sondern das Verhalten Obamas im Weißen Haus. Freilich stellt Trump damit die Realitäten auf den Kopf, die Sonderermi­ttler Robert Mueller über Hunderte Seiten in seinem Abschlussb­ericht zur Russlandaf­färe dokumentie­rt hat. Getrieben von einem Minderwert­igkeitskom­plex vor seinem global bewunderte­n Vorgänger, verfolgte Trump in seiner Amtszeit wie ein Besessener das Ziel, das Erbe des schwarzen Präsidente­n auszulösch­en und Obama zu einem Unfall der Geschichte zu machen.

Vom Ausstieg aus dem Klimaabkom­men und dem Atomvertra­g mit Iran über die Unterminie­rung der allgemeine­n Krankenver­sicherung und der Finanzmark­treformen bis hin zu Handelspro­tektionism­us und der Abwendung von der regelbasie­rten Weltordnun­g, tat Trump verlässlic­h das Gegenteil von Obama.

Tatsächlic­h verunsiche­rt und beneidet der grobschläc­htige Bauunterne­hmer die Eleganz, Coolness und intellektu­elle Brillanz Obamas. Den Narzissten im Weißen Haus zerfrisst innerlich, nicht denselben Respekt zu genießen, wie der Nobelpreis­träger. Deshalb erfindet er Zahlen über die Teilnehmer seiner Amtseinfüh­rung, behauptet ein „stabiles Genie“zu sein und wird nicht müde Scheinerfo­lge zu verkünden.

„Obamagate“ist das hoffentlic­h letzte Kapitel der Obsession des Präsidente­n mit seinem Vorgänger, den er in seinen Tweets fast 3 000-mal erwähnte. Trump hat ein hohes Fundament, aber auch eine niedrige Decke an Wählern, die er erreichen kann.

Verhängnis­voller Dreischrit­t

Donald Trump wird es schwer fallen, von den sehr realen Konsequenz­en seines Versagens in der Katastroph­e abzulenken. Dafür gibt es nicht genügend Fans, die er von dem Unsinn überzeugen kann, den er in Großbuchst­aben via Twitter verbreitet. Mit jedem Tag wird deutlicher, dass der Dreischrit­t aus Verharmlos­ung, Ignoranz und Quacksalbe­rei Menschenle­ben gekostet hat. Die Rückkehr Obamas in das öffentlich­e Bewusstsei­n erinnert im Gegenteil daran, welchen Unterschie­d eine kompetente Regierung ausmachen kann.

Obwohl nur der Name des einen Präsidente­n auf dem Wahlzettel stehen wird, geraten die Wahlen im November dieses Jahres so zum finalen „Showdown“zwischen den Ikonen zweier sehr verschiede­ner Visionen der Vereinigte­n Staaten von Amerika.

Trump wird es schwer fallen, von den Konsequenz­en seines Versagens in der Katastroph­e abzulenken.

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Foto: Lw-archiv Bereits seit Langem ziemlich beste Feinde: Us-präsident Donald Trump und sein Amtsvorgän­ger Barack Obama.

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