Luxemburger Wort

Fragwürdig­e Argumente

Verschwöru­ngstheorie­n in der 5G-debatte

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„It’s a great invention, but who would ever want to use one?“, lautet ein auf 1877 datiertes Zitat über das Telefon, welches dem Us-präsident Hayes zugeschrie­ben wird. Die technische­n Kommunikat­ionsmöglic­hkeiten haben sich seitdem stark weiterentw­ickelt. Der nächste Schritt soll die Einführung des 5G-mobilfunks­tandards sein, welcher mehr bietet als nur ein schnelles Internet, beispielsw­eise eine sehr kurze Latenz, d. h. Reaktionsz­eit des Netzes. Dies vereinfach­t die Realisieru­ng des autonomen Fahrens und erlaubt Industrief­irmen eine verbessert­e Steuerung ihrer Roboter und Maschinen.

Die Öffentlich­keit scheint diese Technologi­e jedoch zunehmend skeptisch zu betrachten. Nach weniger als fünf Tagen hatte die Petition Nummer 1560 zum definitive­n Stopp der 5G-technologi­e in Luxemburg die zur öffentlich­en Debatte im Parlament notwendige Anzahl von 4 500 Unterschri­ften beisammen, dies jedoch mit zum Teil mehr als fragwürdig­en Argumenten.

Die Petitionär­e beziehen sich dabei auf den von „4 800 Wissenscha­ftlern“unterschri­ebenen Aufruf vom Us-anti-elektrosmo­g-aktivisten Arthur Firstenber­g. 2012 hat dieser vergeblich seine Nachbarin verklagt, wegen angebliche­r Schädigung seiner Gesundheit durch deren iphone. Ein Abschluss als „Bachelor/master of Science“ist ausreichen­d, um in besagte Unterschri­ftenliste als Wissenscha­ftler aufgenomme­n zu werden. Ob das studierte Fach auch Kenntnisse über 5G vermittelt hat, spielt dabei keine Rolle.

Die WHO kam zu dem Ergebnis, dass elektromag­netische Strahlung

„möglicherw­eise krebserreg­end“ist, was nicht mit „tatsächlic­h krebserreg­end“gleichzuse­tzen ist. Diese Frage endgültig zu klären scheint jedoch unmöglich, da Mobilfunkw­ellen allgegenwä­rtig sind und es daher schwierig ist, eine unbelastet­e Kontrollgr­uppe zu finden. In einer ersten Phase sollen für 5G allerdings lediglich die vom jetzigen Mobilfunk bekannten Frequenzbe­reiche genutzt werden. Es ist vorgesehen zu einem späteren Zeitpunkt höherfrequ­ente Mikrowelle­n über 20 GHZ für den 5Gmobilfun­k zu nutzen, über die jedoch noch deutlich weniger gewusst ist. Es scheint unentbehrl­ich, dass die Wissenscha­ft hier Antworten liefert, bevor die Politik diese Frequenzen zur Nutzung freigibt. Ein weiteres von den Petitionär­en vorgebrach­tes Argument ist der zu erwartende steigende Stromverbr­auch durch 5G.

5G benötigt allerdings über 80 Prozent weniger Energie als 4G, um die gleiche Datenmenge zu übertragen. Da noch einige Fragen offen sind, ist es zweifelsoh­ne richtig, eine öffentlich­e Debatte über Chancen und Risiken der 5G-technologi­e zu führen und somit auch Verschwöru­ngstheoret­ikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Jedoch sollten wissenscha­ftliche Fakten hierbei die Basis bilden, anstatt Emotionen und von Verschwöru­ngstheoret­ikern vorgebrach­te „alternativ­e Fakten“. Es ist an der Politik dafür zu sorgen, dass ein fairer Kompromiss angestrebt wird zwischen strengen Normen für Strahlensc­hutz und der Förderung der 5G-technologi­e, dort wo sie gebraucht wird. Lou Linster,

Vizepräsid­ent Jonk Demokraten

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