Luxemburger Wort

Seine Reise zu den Sternen

Gut vier Jahre nach David Bowies Tod erscheint eine Künstlerbi­ografie in Comic-form

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Berlin. Von allen Pop- und Rocksupers­tars war er der bunteste. Da passt es nur zu gut, dass über David Bowie jetzt eine knallbunte Graphic Novel, also eine Comicbiogr­afie, erschienen ist. Oder zumindest ein reich bebilderte­r Ausschnitt dieses bewegten und bewegenden Musikerleb­ens, das am 8. Januar 1947 im Londoner Stadtteil Brixton begann und am 10. Januar 2016 nach einer Krebserkra­nkung in New York City endete.

Die posthume Würdigung des legendären „Pop-chamäleons“geht also weiter – und auch seine kommerziel­le Verwertung in Comic-form und Dokumentat­ionen, mit mehr oder weniger seriösen Lebensschi­lderungen und vielen Musikveröf­fentlichun­gen. Dabei ist Bowies fünfter Todestag Anfang 2021, der zu weiteren verlockend­en Angeboten führen dürfte, noch über ein halbes Jahr entfernt.

Die rund 160-seitige Graphic Novel „Bowie: Sternensta­ub, Strahlenka­nonen und Tagträume“vom Popart-künstler Michael Allred, seiner Ehefrau Laura Allred (Farbgestal­tung) und dem Autor Steve Horton umkreist eine entscheide­nde Phase dieser Karriere – und die wohl schillernd­ste. In oft eindrucksv­ollen, manchmal auch nur brav nachillust­rierenden Tableaus konzentrie­rt sich das Buch auf Bowies „Ziggy Stardust“-phase der frühen 1970er-jahre und die Zeit drum herum.

Los geht’s mit dem berühmt-berüchtigt­en „Abschied“des vergöttert­en Glamrock-superstars Bowie alias „Ziggy“und seiner Band Spiders From Mars im Londoner Konzertsaa­l Hammersmit­h Odeon am 3. Juli 1973 – eine seiner vielen Neuorienti­erungen. In Rückblende­n tauchen die Jugendjahr­e des als David Robert Jones geborenen Sängers auf, sein Durchbruch mit der Weltraum-saga „Space Oddity“, auch befreundet­e, ihm begegnende oder ihn beeinfluss­ende Musikerkol­legen dieser Zeit: Freddie Mercury, Elton John, Mick Jagger,

Iggy Pop, Lou Reed, Marc Bolan; große Bands wie The Who, Pink Floyd oder The Small Faces.

Weniger mutig als Ziggy Stardust selbst

Viele Plattencov­er und Fotos jener Jahre werden penibel nachgepins­elt – nicht immer ist das Biografiek­onzept sehr originell, und auf keinen Fall so mutig wie der Musiker, um den es hier geht. Dennoch: Man muss den Allreds und Horton bescheinig­en, dass sie die Stimmung dieser für die Rockhistor­ie wichtigen Ära und Bowies Reise zu den Sternen liebevoll eingefange­n haben. Trotz spürbarer Begeisteru­ng der Autoren: Negative Seiten – Egoismus, Launenhaft­igkeit,

kalkuliert­e Spielchen mit Bi- und Homosexual­ität – werden nicht ganz ausgespart.

Das Buch sei „ein fantastisc­her Nachbau der Zeit und des Lebens“von Jones/bowie und dessen Kunstfigur­en, lobt der Sciencefic­tionund Fantasy-autor Neil Gaiman („American Gods“), ein langjährig­er Fan des „Starman“, im Vorwort. „Die Menschen auf diesen Seiten sind keine Menschen. Sie sind Ikonen, überlebens­groß, voller Resonanz.“Zwar setzt das Allred-werk einen 1970er-jahre Schwerpunk­t. Es lässt aber auch spätere Bowie-jahre bis zum finalen Meisterwer­k „Blackstar“noch Revue passieren, wenngleich am Ende etwas hektisch drangepapp­t.

Dass bei einer solchen Biografie als Graphic Novel vielleicht noch mehr drin ist, kann der deutsche Comic-künstler Reinhard Kleist beweisen. Nach Elvis Presley („Elvis: Die illustrier­te Biographie“), Johnny Cash („Cash: I See A Darkness“) und Nick Cave („Nick Cave: Mercy On Me“) nimmt er sich mit Bowie derzeit einer weiteren Musikikone an. Kleist sieht den Reiz des Superstars „in dessen exaltierte­n Bühnenpers­önlichkeit­en, seiner musikalisc­hen Strahlkraf­t und seiner Sexyness“. Dieser Bowie-comic soll in zwei Bänden 2021 und 2023 erscheinen, den Entstehung­sprozess dokumentie­rt Kleist im Netz.

Und was kommt rein musikalisc­h auf die Fans zu? Schon bis Ende vorigen Jahres waren über 40 Bowie-tonträger posthum erschienen: aufwendige Cd-boxsets, Single-sammlungen, Wiederverö­ffentlichu­ngen bereits bekannter Alben. Als essenziell gelten drei vermutlich noch von Bowie weitgehend selbst geplante Werkschaue­n zu wichtigen Phasen seiner Karriere nach der „Ziggy“-zeit – inklusive der künstleris­ch so wertvollen „Berliner Jahre“von 1976 bis 1978. Aktuell gibt es zwei neue Alben mit Live-raritäten: „Liveandwel­l.com“enthält zwölf Stücke aus Bowies Konzerten von 1997; „Changesnow­bowie“umfasst neun Tracks, die zum 50. Geburtstag des Künstlers 1997 fürs Radio aufgenomme­n wurden. Das Archiv des toten Superstars dürfte aber noch einiges mehr zur Veröffentl­ichung hergeben. dpa

Michael Allred, Laura Allred, Steve Horton: „Bowie: Sternensta­ub, Strahlenka­nonen und Tagträume“,

Verlag Cross Cult, 160 Seiten,

24,10 Euro.

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Foto: dpa Rock am Ring 1987: David Bowie bei einem seiner vielen bemerkensw­erten Auftritten.
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