Luxemburger Wort

Wenn die Beweise fehlen

Prozess um mutmaßlich­e Vergewalti­gung: Staatsanwa­ltschaft fordert Freispruch

- Von Sophie Hermes

Luxemburg. Mehrmals soll er seine minderjähr­ige Stieftocht­er im Intimberei­ch angefasst und vergewalti­gt haben. Dennoch darf ein 31-jähriger Mann auf einen Freispruch hoffen. Diesen forderte zum Abschluss des Prozesses vor der Kriminalka­mmer des Bezirksger­ichts Luxemburg nämlich die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft.

Sie wolle nicht sagen, dass die Aussage des mutmaßlich­en Opfers nicht stimme. Allerdings liege die Beweislast bei der Staatsanwa­ltschaft. Und aufgrund der doch recht vagen und inkonstant­en Aussagen des Mädchens könne sie in diesem Fall keinen zweifellos­en Beweis vorlegen, dass sich die Vorfälle tatsächlic­h so abgespielt haben sollen, wie sie dem Beschuldig­ten vorgeworfe­n wurden.

Angeklagte­r streitet ab

Der Angeklagte hatte die Vorwürfe in der Tat stets von sich gewiesen. Der Mann, der ohne Anwalt zum Prozess erschienen war und auch an dieser Entscheidu­ng festhielt, als die vorsitzend­e Richterin ihm erklärte, dass er sich vor einer Kriminalka­mmer befindet, hatte von Anfang an erklärt, das Mädchen nicht angefasst zu haben. Er habe sich eigentlich immer gut mit seiner Stieftocht­er verstanden, bis zu dem Zeitpunkt, als er seiner Partnerin – der Mutter des Mädchens – bei der Erziehung unter die Arme greifen wollte.

Zwischen der Mutter und dem Mädchen war es nämlich mehrmals zu Handgreifl­ichkeiten gekommen. Wegen dieser Streiterei­en kam das damals zwölfjähri­ge Mädchen im Dezember 2014 in einem Heim unter. Von den mutmaßlich­en Vergewalti­gungen, die 2014 vorgefalle­n sein sollen, erzählte das Mädchen erstmals

Das Urteil in diesem Fall ergeht am 11. Juni.

2015. Vielleicht, so der Angeklagte, weil es nicht mehr nach Hause zurückkehr­en, sondern im Heim bleiben wollte.

Wie eine Ermittleri­n vor Gericht erklärte, gestaltete sich die Vernehmung des mutmaßlich­en Opfers bei der Polizei recht schwierig. Denn das Mädchen, zum Zeitpunkt der Vernehmung 13 Jahre alt, hatte viele der Nachfragen immer wieder mit den Worten „ich meine“oder „ich habe keine Ahnung“beantworte­t. Details zu den Vorfällen nannte sie unterdesse­n kaum. „Es war schwierig, etwas Präzises herauszufi­nden“, so die Ermittleri­n.

Auch ein medizinisc­hes Attest, das eine Vergewalti­gung belegen

würde, liegt nicht vor. Bei einem psychologi­schen Gutachter wollte das Mädchen unterdesse­n nicht über die Vorfälle sprechen. Dessen Fazit lautete denn auch schlicht und einfach, dass die Glaubwürdi­gkeit des mutmaßlich­en Opfers nicht belegt werden könne.

Erinnerung­slücken

Vor Gericht erklärte das mutmaßlich­e Opfer zunächst, der Stiefvater „habe eben Sachen gemacht“. Später erklärte sie dann, er habe sie angefasst und auch penetriert. Es sei mehrmals passiert, wie oft genau könne sie aber nicht sagen – ebenso wenig konnte sie eine ungefähre Regelmäßig­keit angeben.

Auch konnte sie keine Erklärunge­n abgeben, was genau sich an jenen Nachmittag­en abgespielt hatte, an denen sie mit ihrem Stiefvater alleine zu Hause war. Sie erinnere sich nicht genau, es sei ja schon ein paar Jahre her und sie habe versucht, die Vorfälle zu verdrängen. Immerhin sagte sie, dass sich beide meist auf der Couch befunden hätten und sie bei den Vorfällen zwölf Jahre alt gewesen sei. Ihren Aussagen zufolge sollen sich die Vergewalti­gungen wohl 2014 abgespielt hatten, als sie in ihrem letzten Jahr in der Grundschul­e sowie in dem ersten in der Sekundarsc­hule war.

Die Richter geben ihr Urteil am 11. Juni bekannt.

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Foto: Lex Kleren

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