Wenn die Beweise fehlen
Prozess um mutmaßliche Vergewaltigung: Staatsanwaltschaft fordert Freispruch
Luxemburg. Mehrmals soll er seine minderjährige Stieftochter im Intimbereich angefasst und vergewaltigt haben. Dennoch darf ein 31-jähriger Mann auf einen Freispruch hoffen. Diesen forderte zum Abschluss des Prozesses vor der Kriminalkammer des Bezirksgerichts Luxemburg nämlich die Vertreterin der Staatsanwaltschaft.
Sie wolle nicht sagen, dass die Aussage des mutmaßlichen Opfers nicht stimme. Allerdings liege die Beweislast bei der Staatsanwaltschaft. Und aufgrund der doch recht vagen und inkonstanten Aussagen des Mädchens könne sie in diesem Fall keinen zweifellosen Beweis vorlegen, dass sich die Vorfälle tatsächlich so abgespielt haben sollen, wie sie dem Beschuldigten vorgeworfen wurden.
Angeklagter streitet ab
Der Angeklagte hatte die Vorwürfe in der Tat stets von sich gewiesen. Der Mann, der ohne Anwalt zum Prozess erschienen war und auch an dieser Entscheidung festhielt, als die vorsitzende Richterin ihm erklärte, dass er sich vor einer Kriminalkammer befindet, hatte von Anfang an erklärt, das Mädchen nicht angefasst zu haben. Er habe sich eigentlich immer gut mit seiner Stieftochter verstanden, bis zu dem Zeitpunkt, als er seiner Partnerin – der Mutter des Mädchens – bei der Erziehung unter die Arme greifen wollte.
Zwischen der Mutter und dem Mädchen war es nämlich mehrmals zu Handgreiflichkeiten gekommen. Wegen dieser Streitereien kam das damals zwölfjährige Mädchen im Dezember 2014 in einem Heim unter. Von den mutmaßlichen Vergewaltigungen, die 2014 vorgefallen sein sollen, erzählte das Mädchen erstmals
Das Urteil in diesem Fall ergeht am 11. Juni.
2015. Vielleicht, so der Angeklagte, weil es nicht mehr nach Hause zurückkehren, sondern im Heim bleiben wollte.
Wie eine Ermittlerin vor Gericht erklärte, gestaltete sich die Vernehmung des mutmaßlichen Opfers bei der Polizei recht schwierig. Denn das Mädchen, zum Zeitpunkt der Vernehmung 13 Jahre alt, hatte viele der Nachfragen immer wieder mit den Worten „ich meine“oder „ich habe keine Ahnung“beantwortet. Details zu den Vorfällen nannte sie unterdessen kaum. „Es war schwierig, etwas Präzises herauszufinden“, so die Ermittlerin.
Auch ein medizinisches Attest, das eine Vergewaltigung belegen
würde, liegt nicht vor. Bei einem psychologischen Gutachter wollte das Mädchen unterdessen nicht über die Vorfälle sprechen. Dessen Fazit lautete denn auch schlicht und einfach, dass die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers nicht belegt werden könne.
Erinnerungslücken
Vor Gericht erklärte das mutmaßliche Opfer zunächst, der Stiefvater „habe eben Sachen gemacht“. Später erklärte sie dann, er habe sie angefasst und auch penetriert. Es sei mehrmals passiert, wie oft genau könne sie aber nicht sagen – ebenso wenig konnte sie eine ungefähre Regelmäßigkeit angeben.
Auch konnte sie keine Erklärungen abgeben, was genau sich an jenen Nachmittagen abgespielt hatte, an denen sie mit ihrem Stiefvater alleine zu Hause war. Sie erinnere sich nicht genau, es sei ja schon ein paar Jahre her und sie habe versucht, die Vorfälle zu verdrängen. Immerhin sagte sie, dass sich beide meist auf der Couch befunden hätten und sie bei den Vorfällen zwölf Jahre alt gewesen sei. Ihren Aussagen zufolge sollen sich die Vergewaltigungen wohl 2014 abgespielt hatten, als sie in ihrem letzten Jahr in der Grundschule sowie in dem ersten in der Sekundarschule war.
Die Richter geben ihr Urteil am 11. Juni bekannt.