Erste Ausblicke auf die Rout Lëns
Ideen für Neunutzung von Industriegebäuden auf Escher Brache veröffentlicht
Esch/alzette. Ein Zentrum für urbane Sportarten in der ehemaligen Gebläsehalle, eine „Maison d'hôte“im früheren Stellwerk oder noch eine Art Markthalle für lokale Produkte im Atelier TT. Diese Ideen von Neunutzungen von ehemaligen Industriegebäuden auf der Lentille Terres Rouges wurden gestern in einer Marathonsitzung des Escher Gemeinderates gezeigt. Dies in einem Video, das auch auf wort.lu einsehbar ist, und das von der Promotorfirma, die das Gelände entwickeln wird, stammt.
Auf diesen Punkt der Tagesordnung hatte nicht nur die Opposition mit Spannung gewartet, die schon länger Informationen über die Revalorisierung der Industriebrache fordert, sondern auch ein kleines Dutzend Zuschauer. Dies waren Mitglieder der Vereinigung CNCI, die sich für Industriekultur einsetzt und Ende April zu einem Protest gegen den begonnenen Abriss der Keeseminnen, einem massiven Silogebäude auf der Brache, aufgerufen hatte.
Ehe das Video eingespielt wurde, hatte Stadtarchitekt Luc Everling in einer längeren Rede den Stand der Dinge erklärt. Er betonte, dass er nicht für den Promotor spreche. Dann erinnerte er daran, dass es zahlreiche Vorprojekte für die Brache gegeben habe. Diese reichen vom Neubau des Lycée Hubert Clément (2001), über den Bau der Rockhal (2003) bis zum Bau eines Fußballstadions (2014). Bei all diesen Projekten sei bestensfalls nur vorgesehen gewesen, die ehemalige Turbinenhalle und das Atelier TT zu erhalten. Aus finanziellen Gründen wurde aber keines dieser Projekte auf der Lentille umgesetzt.
2017, noch vor den Gemeindewahlen, habe sich dann ein Promotor, die Firma Iko Real Estate, an die Gemeinde gewandt. Neben den beiden erwähnten Gebäuden wollte er auch die Gebläsehalle und ein Stellwerk erhalten, weil diese interessant für das Projekt sein könnten. Nach den Wahlen von 2017 habe der neue Schöffenrat, mit kleinen Änderungen, am Projekt festgehalten.
Von einem Erhalt der Keeseminnen sei nie die Rede gewesen, gab der Stadtarchitekt zu verstehen. Auch unterstrich er, dass sich während der Diskussionen zum neuen allgemeinen Bebauungsplan (PAG), keiner für den massiven Bau eingesetzt habe. Dabei sei damals entschieden worden, mehrere Industriegebäude der Brache, die nun auch eine neue Funktion erhalten sollen, als kommunal schützenswert einzustufen.
Eigentlich hätte nun eine öffentliche Informationssitzung stattfinden sollen, um erste Pläne für die Lentille vorzustellen. Sie wurde aber pandemiebedingt vertagt. Dass erste Abrissarbeiten an den Keeseminnen aber davor begonnen haben, sei „unglücklich“. Die Genehmigung hierfür sei aber bereits im August 2019 erteilt worden. Weiter erklärte der Architekt, dass das neue Stadtteil urbanistisch in den bestehenden Raum passen soll. Dementsprechend werde derzeit eine umfangreiche Mobilitätsstudie durchgeführt.
Eine große Fußgängerallee als Herz des neuen Viertels
Bei den Workshops, die 2019 der Promotor organisiert hatte, war festgestellt worden, dass der geschichtliche Aspekt stärker betont werden soll, als eingangs vorgesehen, erklärte Everling weiter. Deshalb habe der Promotor ein spezialisiertes Büro aus Paris hinzugezogen.
Dieses schlägt vor, die ehemaligen Industriehallen miteinander zu verbinden. In Anlehnung an ihre frühere Verbundenheit soll eine „Allée de la culture industrielle“entstehen, eine große Fußgängerallee, die zum Herzen des neuen Viertels werden soll.
Von den Keeseminnen sei geplant, die großen Eisenportale zu behalten und darüber ein Gebäude zu errichten. Eventuell könnte dieses für Co-working-zwecke genutzt werden.
Nach all diesen Erklärungen sollte eigentlich eine politische Diskussion stattfinden. Doch Marc Baum (Déi Lénk) kritisierte, dass die Räte mit all diesen Informationen überschüttet worden seien und, dass ihnen nichts Schriftliches vorliege. Auch erwarte er sich eine politische Erklärung des Schöffenrates.
Dem stimmten Dan Codello (unabhängig) und Henri Hinterscheid (LSAP) zu. Letzterer sprach von einer „Farce“, sodass die Diskussion auf eine nächste Sitzung vertagt wurde. Daraufhin machten sich die Mitglieder des CNCI wieder auf den Weg. Wahrscheinlich mit einem kleinen Beigeschmack von „zu wenig“.