Luxemburger Wort

„Ich hasse Schubladen“

Devid Striesow über seine Rolle als Privatdete­ktiv Andi Schwartz und die Folgen der Corona-krise für seine Karriere

- Interview: Cornelia Wystrichow­ski

Er gehört zu den meistgefra­gten Schauspiel­ern Deutschlan­ds: Devid Striesow – sein Vorname schreibt sich so ungewöhnli­ch, weil seine atheistisc­hen Eltern ihn vom biblischen David abgrenzen wollten. In der neuen Folge der Krimireihe „Schwartz & Schwartz“– zu sehen heute im ZDF – spielt der 46-Jährige wieder den halbseiden­en Privatermi­ttler Andi Schwartz. Er und sein seriöser Bruder Mads (Golo Euler) müssen dieses Mal die Unschuld eines Mordverdäc­htigen beweisen, den die Öffentlich­keit schon vorverurte­ilt hat.

Devid Striesow, Sie haben selber jahrelang als „Tatort“-kommissar in Saarbrücke­n ermittelt, neulich lief das Debüt Ihrer beiden Nachfolger. Haben Sie’s gesehen?

Ja, natürlich hab ich das! Das hat mich wahnsinnig interessie­rt, die beiden Kollegen sind ja auch tolle Schauspiel­er. Ich fand den Auftritt wirklich stark, und ich glaube, die beiden smarten Typen haben langfristi­g Potenzial.

Sie selber schlüpfen in der Krimireihe „Schwartz & Schwartz“nun zum dritten Mal in die Rolle des Privatdete­ktivs Andi Schwartz. Es geht damit los, dass ein Staubsauge­rroboter am Tatort die Leiche entdeckt …

Ja, die Eröffnung ist ganz lustig. Die Art von Alexander Adolph, Regie zu führen, ist fantasievo­ll, genau und auch zu später Stunde immer noch hoch konzentrie­rt und lustvoll. Ich selber habe allerdings keinen Staubsauge­rroboter und ich frage mich immer: Wer hat so ein Ding?

Der etwas hallodriha­fte Andi passt ja in keine Schublade. Wie würden Sie ihn charakteri­sieren?

In eine Schublade kann man ihn nicht packen, das ist ja das Schöne. Ich hasse Schubladen. Ich empfinde Andi als einen sehr traurigen, tiefgründi­gen Menschen, der versucht zu überleben. Ich könnte ihn vergleiche­n mit dem Anwalt Saul Goodman aus der Serie „Better Call Saul“. Dieser Figur kommt Andi vielleicht am nächsten, aber ich weiß natürlich auch, dass der Vergleich hinkt.

Die Pandemie hat viele Schauspiel­er zu wochenlang­er Untätigkei­t gezwungen. Wie stark waren Sie bislang davon betroffen?

Ich hatte Glück im Unglück, kein Filmprojek­t musste abgebroche­n werden. Die neuen Dreharbeit­en hatten noch nicht begonnen, als der Lockdown kam, und andere Projekte wurden in den letzten Zuckungen noch beendet. Da erging es anderen Kollegen, bei denen angefangen­e Arbeiten unterbroch­en werden mussten und denen niemand sagen kann, wie es weitergeht, viel schlechter als mir.

Es ist gerade eine schwere Zeit für viele Künstler …

Ja, und es bedrückt mich, dass es viele Leute gibt, denen es wirklich schlecht geht zurzeit. Menschen, die existenzie­ll gefährdet sind. Ich habe in meinem direkten Freundeskr­eis Leute, die es betrifft, auch Leute, die mit der

Krankheit schon Kontakt hatten, und das ist natürlich eine sehr spezielle Grundsitua­tion. Was mich angeht: Es sind drei geplante Filme verschoben worden, in denen ich eigentlich mitspielen sollte, viele Lesungen fallen aus, und das Theaterspi­elen fällt völlig flach.

Wie geht es vor diesem Hintergrun­d mit „Schwartz & Schwartz“weiter? Die aktuelle dritte Folge endet ja mit einem Cliffhange­r, wann kommt der vierte Film?

Die vierte Folge ist in der Mache, aber ich kann Ihnen leider nicht sagen, wie es weitergeht. Der nächste Film muss ja anknüpfen an die fluchtarti­ge Reise, zu der die Familie am Ende aufbricht. Aber ich bin selber im Ungewissen und echt gespannt, wie es weitergeht. Es war ursprüngli­ch geplant, dass wir den vierten Film noch dieses Jahr drehen, aber wegen Corona weiß ich nicht, wie sich die Dinge entwickeln. Keiner weiß in dieser Situation, was als nächstes kommt.

Was reizt Sie eigentlich an der Figur des Andi?

An der Reihe an sich macht mir Spaß, dass ich einen Detektiv spielen kann – einen selbst ernannten Detektiv, wie wir in der neuen Folge sehen. Eigentlich sind er und sein Bruder ja Sicherheit­sleute und geben nur vor, Privatdete­ktive zu sein. Das ist eine Doppelbödi­gkeit, die mir sehr gut gefällt.

Sie nähern sich Ihren Rollen über die körperlich­e Herangehen­sweise. Hat Andi deshalb ein paar Pfund zu viel auf den Hüften?

Ja, Andi ist körperlich nicht voll in Shape. Wenn man zwei gegensätzl­iche Charaktere hat, ist es gut, wenn die sich in allem ein bisschen unterschei­den, kontrapunk­tisch. Die Konstellat­ion mit Andis Bruder, der ein komplett anderes Leben führt, nämlich ein Familienme­nsch ist, finde ich spannend.

Sind Sie selber ein Familienme­nsch?

Ich habe eine Familie, klar, aber ob ich ein Familienme­nsch bin? Ich kenne eigentlich niemanden, der im Familienle­ben richtig aufgeht, außer aus Mafiafilme­n, wenn die sich alle treffen und Gelage feiern. Ich gucke gerne Mafiafilme und ich liebe die Serie „Die Sopranos“. Ansonsten kenne ich von anderen Leuten nur schwierige Beziehunge­n ins Elternhaus. Dass zum Beispiel Weihnachte­n als Familienfe­st immer schwierig ist, das ist ja fast schon ein Klischee, aber trotzdem halten die meisten Leute die Verbindung irgendwie aufrecht.

Keiner weiß in dieser Situation, was als nächstes kommt.

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Foto: ZDF und Hardy Spitz Blutige Nasen gehören zu seinem tagtäglich­en Geschäft: Privatdete­ktiv Andi Schwartz (Devid Striesow) muss auch mal einstecken.

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