Weiter so geht nicht
Sonne satt, schwitzen wie im Hochsommer und sich an einen weißen Strand träumen. Das kann in diesen belastenden Tagen das Herz erwärmen. Doch während diese Maitage die von Corona geschundenen Seelen trösten, sind Landwirte alarmiert – schon werden Ernteausfälle beklagt, weil es für diese Jahreszeit viel zu trocken ist. Bereits jetzt warnen Meteorologen und Klimaexperten vor einer nach 2019 zweiten extremen Dürreperiode in den kommenden Monaten, was für die Landwirtschaft verheerend wäre. Aber während weltweit unbegreiflich viel Geld für die Bekämpfung des Coronavirus in die Hand genommen wird, gelingt es noch immer nicht, die Erderwärmung als wohl größte Bedrohung unser aller Zivilisation in den Griff zu kriegen.
Dabei ist jetzt die beste Zeit. Mal abgesehen von den Nerv raubenden Einschränkungen und dem Verlust persönlicher Freiheit: Alle haben gelernt, dass Videokonferenzen produktiv sind und niemand für einen Zwei-stunden-termin quer durch Europa hinund herfliegen muss. Und alle haben gemerkt, dass die 20 Hemden, zwölf Business-kostüme oder 22 T-shirts im Schrank völlig ausreichen.
Und alle konnten, guten Willen vorausgesetzt, beobachten, dass der weltweite Lockdown auch seine positiven Seiten hatte – vielerorts sind die massiven Umweltbelastungen zurückgegangen. Was die weltweite „Friday für future“-bewegung vor allem junger Menschen, argwöhnisch beäugt von vielen auch in Luxemburg, zwar angemahnt, aber nicht hat realisieren können, hat das Corona-virus in kürzester Zeit geschafft.
Diese Erfahrung gilt es zu nutzen, und da sind alle politisch Verantwortlichen jenseits ihres Bestrebens, wiedergewählt zu werden, gefordert. Klar gesagt: Nicht in Frage steht, dass Industrien und Betriebe gestützt werden, dass Abertausende Arbeitsplätze und die daran hängenden familiären Existenzen vor dem Untergang gerettet werden müssen. Das ist gut investiertes Geld, wenn ... ja, wenn es an der Zukunft ausgerichtete Bedingungen geknüpft wird. Einem Autokonzern oder einem Stahlkonzern Abermillionen zu geben, damit schlicht so weitergemacht wird wie bisher, ist ohne Sinn. Jetzt, genau jetzt, ist die Zeit, um den so dringend notwendigen Umbau der Strukturen im Sinne des Klimaschutzes auf den Weg zu bringen. Das Geld des Staates, also unser aller Geld, muss in neue Technologien fließen und Anlass zum Umdenken sein.
Positiver Effekt der Corona-zeit ist auch die gestiegene Bedeutung und Beachtung von Wissenschaft. Denn die bedrohlichen Folgen der Pandemie lassen sich ebenso belegen wie die der derzeit oftmals unkontrollierten Umweltbelastungen. Der entscheidende Unterschied: Im Ernstfall schlägt das Virus bereits nach gut einer Woche zu, während sich die Folgen des Klimawandels erst Jahrzehnte später zeigen.
Das ist für politische Entscheidungsträger bequem, denn über deren Versagen wird nicht heute geurteilt, die Richter sind noch nicht geboren. Kurz gesagt: Wenn so viel Geld „nur“für den Kampf gegen das Virus, aber nicht gleichzeitig auch in die Zukunft unseres Planeten und damit unser aller Überleben gesteckt wird, ist das, betriebswirtschaftlich betrachtet, eine Fehlinvestition.
Kontakt: christophe.langenbrink@wort.lu