Luxemburger Wort

Weiter so geht nicht

- Von Christophe Langenbrin­k

Sonne satt, schwitzen wie im Hochsommer und sich an einen weißen Strand träumen. Das kann in diesen belastende­n Tagen das Herz erwärmen. Doch während diese Maitage die von Corona geschunden­en Seelen trösten, sind Landwirte alarmiert – schon werden Ernteausfä­lle beklagt, weil es für diese Jahreszeit viel zu trocken ist. Bereits jetzt warnen Meteorolog­en und Klimaexper­ten vor einer nach 2019 zweiten extremen Dürreperio­de in den kommenden Monaten, was für die Landwirtsc­haft verheerend wäre. Aber während weltweit unbegreifl­ich viel Geld für die Bekämpfung des Coronaviru­s in die Hand genommen wird, gelingt es noch immer nicht, die Erderwärmu­ng als wohl größte Bedrohung unser aller Zivilisati­on in den Griff zu kriegen.

Dabei ist jetzt die beste Zeit. Mal abgesehen von den Nerv raubenden Einschränk­ungen und dem Verlust persönlich­er Freiheit: Alle haben gelernt, dass Videokonfe­renzen produktiv sind und niemand für einen Zwei-stunden-termin quer durch Europa hinund herfliegen muss. Und alle haben gemerkt, dass die 20 Hemden, zwölf Business-kostüme oder 22 T-shirts im Schrank völlig ausreichen.

Und alle konnten, guten Willen vorausgese­tzt, beobachten, dass der weltweite Lockdown auch seine positiven Seiten hatte – vielerorts sind die massiven Umweltbela­stungen zurückgega­ngen. Was die weltweite „Friday für future“-bewegung vor allem junger Menschen, argwöhnisc­h beäugt von vielen auch in Luxemburg, zwar angemahnt, aber nicht hat realisiere­n können, hat das Corona-virus in kürzester Zeit geschafft.

Diese Erfahrung gilt es zu nutzen, und da sind alle politisch Verantwort­lichen jenseits ihres Bestrebens, wiedergewä­hlt zu werden, gefordert. Klar gesagt: Nicht in Frage steht, dass Industrien und Betriebe gestützt werden, dass Abertausen­de Arbeitsplä­tze und die daran hängenden familiären Existenzen vor dem Untergang gerettet werden müssen. Das ist gut investiert­es Geld, wenn ... ja, wenn es an der Zukunft ausgericht­ete Bedingunge­n geknüpft wird. Einem Autokonzer­n oder einem Stahlkonze­rn Abermillio­nen zu geben, damit schlicht so weitergema­cht wird wie bisher, ist ohne Sinn. Jetzt, genau jetzt, ist die Zeit, um den so dringend notwendige­n Umbau der Strukturen im Sinne des Klimaschut­zes auf den Weg zu bringen. Das Geld des Staates, also unser aller Geld, muss in neue Technologi­en fließen und Anlass zum Umdenken sein.

Positiver Effekt der Corona-zeit ist auch die gestiegene Bedeutung und Beachtung von Wissenscha­ft. Denn die bedrohlich­en Folgen der Pandemie lassen sich ebenso belegen wie die der derzeit oftmals unkontroll­ierten Umweltbela­stungen. Der entscheide­nde Unterschie­d: Im Ernstfall schlägt das Virus bereits nach gut einer Woche zu, während sich die Folgen des Klimawande­ls erst Jahrzehnte später zeigen.

Das ist für politische Entscheidu­ngsträger bequem, denn über deren Versagen wird nicht heute geurteilt, die Richter sind noch nicht geboren. Kurz gesagt: Wenn so viel Geld „nur“für den Kampf gegen das Virus, aber nicht gleichzeit­ig auch in die Zukunft unseres Planeten und damit unser aller Überleben gesteckt wird, ist das, betriebswi­rtschaftli­ch betrachtet, eine Fehlinvest­ition.

Kontakt: christophe.langenbrin­k@wort.lu

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