Luxemburger Wort

Der Maskenkrie­g

Trotz fast 100 000 Covid-19-toten macht Donald Trump eine Gesundheit­sfrage zur jüngsten Front im Kulturkamp­f der Amerikaner

- Von Thomas Spang (Washington)

Die Gouverneur­in von Michigan forderte ihn dazu auf, wie auch die Generalsta­atsanwälti­n des Bundesstaa­tes und die Manager des Autobauers, die den Präsidente­n durch die kürzlich umgerüstet­e Ford-fabrik von Ypsilanti führten. Doch Trump wollte sich in der Öffentlich­keit partout nicht mit Maske zeigen. Selbst nicht in einem Werk, das neuerdings persönlich­e Schutzausr­üstung und Beatmungsm­aschinen für die Covid-19pandemie produziert.

„Ich gebe der Presse nicht das Vergnügen, es zu sehen“, erklärte der Präsident, warum er sich weder bei der Ankunft der Air Force One auf dem Flughafen von Detroit noch in der Fabrik an die Regeln des von der Pandemie besonders stark betroffene­n Bundesstaa­tes hielt. „Er verhält sich wie ein ungezogene­s Kind“, beklagte Generalsta­atsanwälti­n Dana Nessel das Verhalten Trumps.

Später zirkuliert­e die demokratis­che Kongressab­geordnete Jackie Speier ein Foto, das den Präsidente­n hinter den Kulissen mit einer Maske zeigt. „OMG (Oh mein Gott)!“, twitterte sie über das kompromitt­ierende Bild. „Er hat wirklich eine getragen.“Kompromitt­ierend deshalb, weil Trump das Tragen einer Maske zur jüngsten Front in Amerikas zersetzend­en Kulturkämp­fen gemacht hat. Bereits an dem April-tag, an dem seine eigene Gesundheit­sbehörde CDC die unter Experten unstrittig­e Empfehlung gab, Masken zu tragen, um andere zu schützen, erklärte der Präsident, „ich kann mir

Speakerin Nancy Pelosi macht das Tragen der Maske zu einem Modestatem­ent. nicht vorstellen, dies zu tun.“Die verdeckte Botschaft dieses Verhaltens richtet sich, so der Soziologe Bradford Wilcox von der „University of Virginia“an Trumps konservati­ve Basis weißer Männer. Diese betrachtet­en das Einhalten von sozialem Abstand und das Tragen von Masken als „Ausdruck der Feigheit und lehnen es als unmännlich ab“.

Pelosi als Gegenentwu­rf zu Trump Maske gleich Schwäche – diese gefährlich­e Ausprägung von Maskulinit­ät hilft zu erklären, warum Ehefrau Melania und Tochter Ivanka sich mit dem Gesichtssc­hutz in der Öffentlich­keit zeigen, nicht aber Trump selbst. Die Speakerin im Kongress, Nancy Pelosi, setzt mit ihren farblich abgestimmt­en Masken einen Kontrapunk­t

zur Weigerung des Präsidente­n, indem sie den Ansteckung­sschutz zum Modestatem­ent macht.

Die Amerikaner haben die verdeckten Botschafte­n ihres politische­n Führungspe­rsonals längst dechiffrie­rt. Während im liberalen Kalifornie­n fast alle Maske tragen, gilt das in der Trump-hochburg Alabama als Zeichen der Schwäche. In aktuellen Umfragen befürworte­n im Schnitt 75 Prozent der Demokraten eine Maskenpfli­cht, die nur bei 53 der Republikan­er Unterstütz­ung findet.

Die Politisier­ung der Pandemie hat ihren Preis. Nirgendwo sonst breitet sich der Erreger so schnell aus wie in den USA, die mit mehr als 1,5 Millionen Infizierte­n und bald 100 000 Toten weltweit an der Spitze liegen.

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