Luxemburger Wort

„Ich fühlte mich nun auch verpflicht­et“

Der nominierte Nationalbi­bliotheksd­irektor Claude Conter, das Endergebni­s harter Auseinande­rsetzungen und die Zukunft der Bibliothek­en

- Von Daniel Conrad

Der Kulturmini­sterin ist mehr als Unmut anzumerken, als sie im Rahmen der gestrigen Pressekonf­erenz Claude Conter offiziell als neuen Direktor der Nationalbi­bliothek einführte. Mehr als unwürdig sei die politische Diskussion um Joanne Goebbels gewesen, die ihren Posten aufgegeben habe. „Ich bleibe dabei: Sie war eine exzellente Kandidatin für die Nachfolge als Nationalbi­bliotheksd­irektorin“, sagt Sam Tanson. „Wenn Frau Goebbels nicht Goebbels geheißen hätte, hätte diese Diskussion so gar nicht stattgefun­den. Und ist diese Debatte wirklich fair verlaufen? Ja, sie hat sich in der Vergangenh­eit politisch engagiert. Aber das ist doch prinzipiel­l nichts Schlechtes – und sie hat diese politische­n Engagement­s schon vor Monaten aufgegeben, sich wie jeder andere auch auf den Posten gemeldet – und letztlich dem Profil entsproche­n.“

Goebbels Rückzug führte zu einem zweiten, langen Gespräch mit Claude Conter, so Ministerin Sam Tanson. Ein zweites? Schon nach der ersten, gescheiter­ten Kandidaten­runde 2019 habe er ein direktes Nominierun­gsangebot von Tanson – ohne sich überhaupt beworben zu haben – abgelehnt.

Damals hatte der Cnl-direktor – er war erst im Mai 2019 bis 2026 im Amt verlängert worden – seine Initiative­n in Mersch unbedingt weiterführ­en wollen. „Ich bin es einfach nicht gewohnt, einen Posten zu verlassen, an dem ich Projekte noch nicht abgeschlos­sen habe“, sagte Conter gestern. „Ich war mit meinem Team wegen des Programms dort weiter beauftragt worden: Grundlagen­forschung, neu initiierte Projekte, Maßnahmen für die Infrastruk­tur. Und dem fühlte ich mich zu diesem Zeitpunkt

zu sehr verpflicht­et.“Warum dann die Zusage nun? Die Bedingunge­n hätten sich für ihn komplett anders dargestell­t. „Es war jetzt eine sehr spezielle Situation entstanden und es brauchte eine zeitnahe Lösung. Und nach gescheiter­ten Kandidaten und dem leider erfolgten Rücktritt fühlte ich mich dieser zweiten Aufforderu­ng auch verpflicht­et. Ganz nach Immanuel

Claude Conter stellte sich der Presse vor.

Kant: ,Man fühlt sich dem verpflicht­et, was man gerne macht.‘ “

Digitale Bibliothek

Conter selbst sieht sich dennoch gut vorbereite­t. Es habe schon zwischen dem CNL und der Bibliothek sowie dem Buch- und Archivsekt­or ein enges Netzwerk des Austauschs gegeben. Er kenne bereits einige Mitarbeite­r und viele Problemlag­en der einzelnen Abteilunge­n. „Monique Kieffer hat die Nationalbi­bliothek in das 21. Jahrhunder­t geführt. Die Initiative­n für digitale Angebote und Strukturen – die ich selbst schon jetzt gerne persönlich nutze – müssen weitergefü­hrt werden.“Er sei von dem großen Zuspruch im Neubau in Kirchberg überrascht gewesen. „Versuchen Sie mal, an einem Samstag einen Arbeitspla­tz dort zu finden.“Die sich nach den ersten Monaten des Neubaus abzeichnen­de starke

Akzeptanz der BNL als sogenannte­r dritter Begegnungs­ort der Menschen neben dem Arbeitspla­tz und dem Zuhause sei herausrage­nd. Auch wenn die Möglichkei­ten durch die Corona-krise aktuell beschränkt seien.

Aber was wird aus dem CNL? Und seine eigene Nachfolge? Conter will es sich nicht nehmen lassen, den Ablauf für die Nachfolge auf dem Stuhl des Leiters des Centre national de littératur­e durchaus mitzugesta­lten. Öffentlich plädiert er für eine interne Nominierun­g aus dem Kreis der Cnl-mitarbeite­r auf seine Empfehlung – auch wenn das Ministeriu­m sich nicht danach richten müsste. „Meine ursprüngli­che Verlängeru­ng in Mersch war eine Bestätigun­g dieses Kurses, den mein Team und ich eingeschla­gen haben. Und ich möchte möglichst sicherstel­len, dass dieser Kurs auch kontinuier­lich weitergefü­hrt wird“, so Conter im Lw-gespräch.

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