Mehr als nur ein Schnupfen
Luxemburgische Landwirtschaft spürt Auswirkungen der Corona-krise – Bauern fordern finanzielle Hilfen
Vor dem Hintergrund der Corona-krise beschäftigte sich die parlamentarische Agrarkommission gestern mit dem Zustand der luxemburgischen Landwirtschaft. Laut Kommissionspräsidentin Tess Burton hat Landwirtschaftsminister Romain Schneider (beide LSAP) ein Hilfspaket für die Zeit nach den Pfingstferien angekündigt. Wie dieses genau aussehen wird, ob es mehr aus direkten oder indirekten Hilfen bestehen soll, ist allerdings noch nicht klar. Er habe aber auch betont, dass der heimische Agrarsektor die Krise besser als das Ausland gemeistert habe.
Dennoch seien viele Betriebe, vor allem pädagogische Bauernhöfe, durch das Raster gefallen, weil sie, mit Ausnahme der Weinstuben, über keine Autorisation d'établissement verfügten, die aber eine Voraussetzung für finanzielle Hilfen darstellt. Obwohl diese Betriebe Hilfen erhalten sollen, wollte der Minister trotzdem keinen Blankoscheck ausstellen, es werde keine Gießkannenpolitik geben.
Festhalten am Bioaktionsplan
Um die Landwirtschaft wieder anzukurbeln, soll ab kommendem Monat verstärkt für lokale Produkte geworben werden. In der Krise habe sich bereits gezeigt, dass der Direktverkauf gestiegen sei. „Wenn es überhaupt einen positiven Aspekt an dieser Krise gibt, dann dass die Menschen ein stärkeres Bewusstsein für die Bedeutung eines lokal ausgerichteten Konsums entwickelt haben“, so Burton. Deswegen halte die Regierung auch am Bioaktionsplan und den darin definierten Zielen, unter anderem 100 Prozent Bio bis 2050, fest.
Für Aly Kaes (CSV) sind die aktuellen Preise für Fleisch und Milch unter den gegebenen Umständen noch tragbar, allerdings könnte eine mögliche Dürre die Situation noch erheblich verschlimmern. Seine Partei begrüße es, dass der Konsum lokaler und regionaler Produkte, wie im Bioaktionsplan vorgesehen, weiter unterstützt werden soll. Eine Möglichkeit, um dieses Ziel zu erreichen, sei eine stärkere Verarbeitung solcher Produkte in öffentlichen Kantinen, beispielsweise in den Schulen.
Jeff Engelen (ADR) glaubt indes, dass die Situation wesentlich kritischer ist, als derzeit von der Regierung dargestellt. Viele Bauern hätten ihre Rinder während der Krise nicht auf den Markt gebracht und würden dies in den nächsten zwei bis drei Monaten nachholen. Das werde zu einem Überangebot und damit automatisch zu einem Preisverfall führen. „Die wirklichen Folgen der Covid19-pandemie
zeigen sich erst mit einiger Zeitverzögerung“, so Engelen.
Lokale Produktion wichtig
Auf Seiten der Landwirte bewertet man die aktuelle Situation zwiegespalten. Wie Josiane Wilmes, Direktorin der Bauerenzentral, gestern bei „RTL Radio“erklärte, leide vor allem der Bereich des Rindfleischs, wo der Preis teilweise um mehr als 20 Prozent zurückgegangen sei. Dies führte sie vor allem auf die geschlossenen Gastronomiebetriebe zurück. Das habe auch den Weinbau stark getroffen. Der Milchpreis sei hingegen stabil geblieben. Die Politik müsse die nötigen Akzente setzen und den Bauern finanzielle Hilfen gewähren, die sie bis heute, im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen, nicht erhalten hätten. Viele Betriebe konnten ihre Produkte nicht mehr auf dem freien Markt verkaufen, die dadurch entstandenen Einkommensausfälle müssten kompensiert werden.
In einer am Nachmittag verschickten Pressemitteilung heißt es zudem, die Corona-krise habe die Bedeutung der lokalen Lebensmittelproduktion noch einmal unterstrichen. In Bezug auf die neue Eu-agrarstrategie „Farm to Fork“und die Biodiversitätsstrategie 2030 ist es der Appell, den Bauern nicht zu viele Restriktionen, beispielsweise beim Pflanzenschutz, aufzuerlegen.
Davor warnt auch die Bauerenallianz, ebenfalls in einer Pressemitteilung. Ansonsten könne es nämlich zur Abwanderung eines Teils der Lebensmittelproduktion in Drittstaaten mit wesentlich niedrigeren Standards kommen. Zudem wird bemängelt, dass der soziale Aspekt zu kurz komme.