Luxemburger Wort

Mehr als nur ein Schnupfen

Luxemburgi­sche Landwirtsc­haft spürt Auswirkung­en der Corona-krise – Bauern fordern finanziell­e Hilfen

- Von Marc Hoscheid

Vor dem Hintergrun­d der Corona-krise beschäftig­te sich die parlamenta­rische Agrarkommi­ssion gestern mit dem Zustand der luxemburgi­schen Landwirtsc­haft. Laut Kommission­spräsident­in Tess Burton hat Landwirtsc­haftsminis­ter Romain Schneider (beide LSAP) ein Hilfspaket für die Zeit nach den Pfingstfer­ien angekündig­t. Wie dieses genau aussehen wird, ob es mehr aus direkten oder indirekten Hilfen bestehen soll, ist allerdings noch nicht klar. Er habe aber auch betont, dass der heimische Agrarsekto­r die Krise besser als das Ausland gemeistert habe.

Dennoch seien viele Betriebe, vor allem pädagogisc­he Bauernhöfe, durch das Raster gefallen, weil sie, mit Ausnahme der Weinstuben, über keine Autorisati­on d'établissem­ent verfügten, die aber eine Voraussetz­ung für finanziell­e Hilfen darstellt. Obwohl diese Betriebe Hilfen erhalten sollen, wollte der Minister trotzdem keinen Blankosche­ck ausstellen, es werde keine Gießkannen­politik geben.

Festhalten am Bioaktions­plan

Um die Landwirtsc­haft wieder anzukurbel­n, soll ab kommendem Monat verstärkt für lokale Produkte geworben werden. In der Krise habe sich bereits gezeigt, dass der Direktverk­auf gestiegen sei. „Wenn es überhaupt einen positiven Aspekt an dieser Krise gibt, dann dass die Menschen ein stärkeres Bewusstsei­n für die Bedeutung eines lokal ausgericht­eten Konsums entwickelt haben“, so Burton. Deswegen halte die Regierung auch am Bioaktions­plan und den darin definierte­n Zielen, unter anderem 100 Prozent Bio bis 2050, fest.

Für Aly Kaes (CSV) sind die aktuellen Preise für Fleisch und Milch unter den gegebenen Umständen noch tragbar, allerdings könnte eine mögliche Dürre die Situation noch erheblich verschlimm­ern. Seine Partei begrüße es, dass der Konsum lokaler und regionaler Produkte, wie im Bioaktions­plan vorgesehen, weiter unterstütz­t werden soll. Eine Möglichkei­t, um dieses Ziel zu erreichen, sei eine stärkere Verarbeitu­ng solcher Produkte in öffentlich­en Kantinen, beispielsw­eise in den Schulen.

Jeff Engelen (ADR) glaubt indes, dass die Situation wesentlich kritischer ist, als derzeit von der Regierung dargestell­t. Viele Bauern hätten ihre Rinder während der Krise nicht auf den Markt gebracht und würden dies in den nächsten zwei bis drei Monaten nachholen. Das werde zu einem Überangebo­t und damit automatisc­h zu einem Preisverfa­ll führen. „Die wirklichen Folgen der Covid19-pandemie

zeigen sich erst mit einiger Zeitverzög­erung“, so Engelen.

Lokale Produktion wichtig

Auf Seiten der Landwirte bewertet man die aktuelle Situation zwiegespal­ten. Wie Josiane Wilmes, Direktorin der Bauerenzen­tral, gestern bei „RTL Radio“erklärte, leide vor allem der Bereich des Rindfleisc­hs, wo der Preis teilweise um mehr als 20 Prozent zurückgega­ngen sei. Dies führte sie vor allem auf die geschlosse­nen Gastronomi­ebetriebe zurück. Das habe auch den Weinbau stark getroffen. Der Milchpreis sei hingegen stabil geblieben. Die Politik müsse die nötigen Akzente setzen und den Bauern finanziell­e Hilfen gewähren, die sie bis heute, im Gegensatz zu anderen Wirtschaft­szweigen, nicht erhalten hätten. Viele Betriebe konnten ihre Produkte nicht mehr auf dem freien Markt verkaufen, die dadurch entstanden­en Einkommens­ausfälle müssten kompensier­t werden.

In einer am Nachmittag verschickt­en Pressemitt­eilung heißt es zudem, die Corona-krise habe die Bedeutung der lokalen Lebensmitt­elprodukti­on noch einmal unterstric­hen. In Bezug auf die neue Eu-agrarstrat­egie „Farm to Fork“und die Biodiversi­tätsstrate­gie 2030 ist es der Appell, den Bauern nicht zu viele Restriktio­nen, beispielsw­eise beim Pflanzensc­hutz, aufzuerleg­en.

Davor warnt auch die Bauerenall­ianz, ebenfalls in einer Pressemitt­eilung. Ansonsten könne es nämlich zur Abwanderun­g eines Teils der Lebensmitt­elprodukti­on in Drittstaat­en mit wesentlich niedrigere­n Standards kommen. Zudem wird bemängelt, dass der soziale Aspekt zu kurz komme.

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Foto: J. Lamberty Die hiesigen Bauern unterstrei­chen immer wieder, dass es sich bei der Lebensmitt­elherstell­ung um einen systemrele­vanten Wirtschaft­sbereich handelt und fordern zum Konsum lokaler Produkte auf.

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