„Kein Springen im Homeoffice“
Francis Erasmy, Rektor der Echternacher Basilika, über die Springprozession in Zeiten von Corona
Die Springprozession zu Ehren des heiligen Willibrord gehört zum Höhepunkt des kulturell-religiösen Lebens der Stadt Echternach. Tausende Pilger und Zuschauer verleihen dem sonst eher beschaulichen Sauerstädtchen eine besondere Sprungkraft. Am kommenden Pfingstdienstag ist allerdings aufgrund der Corona-krise alles etwas anders, und das springende Gottesvolk muss das Beten mit den Füßen auf das nächste Jahr vertagen. Was das für den Standort Echternach und seine Pfarrgemeinschaft bedeutet und wie sich der Pfingstdienstag 2020 gestalten wird, darüber hat das „Luxemburger Wort“mit dem Rektor der Echternacher Basilika, Pfarrer Francis Erasmy, gesprochen.
Francis Erasmy, bereits in den ersten Wochen des „Lockdown“hat der Willibrordus-bauverein als Veranstalter der Springprozession das diesjährige Wallfahren zur Grabstätte des heiligen Willibrord alternativlos abgesagt. Wie erleben Sie inmitten Ihrer Gemeinde diesen „willibrordianischen Shutdown“?
Es herrscht eine große Traurigkeit und Hilflosigkeit in unseren Reihen. Eine Hilflosigkeit gegenüber dem Virus zum einen und gegenüber der Tatsache, dass der Pfingstdienstag als kollektiver Freudentag in seiner gewohnten Form nicht stattfinden kann. Insbesondere für die Echternacher ist die Springprozession ein Amalgam aus Freude, Anstrengung und Feiern. Am Pfingstdienstag treffen sich hier Jung und Alt, in- und ausländische Gäste, Schulter an Schulter. Nur das Pilgertuch verpflichtet höchstens zu einem Mindestabstand.
Stichwort Abstand: Ab diesem Wochenende sind liturgische Feiern unter Berücksichtigung der Abstandsregeln wieder öffentlich zugänglich. Hat man nicht mit dem Gedanken gespielt, die Springprozession unter Auflagen durchzuführen oder – wie die Muttergottesoktave – zumindest digital ohne physische Präsenz der Pilger durchzuführen?
Es gab in den vergangenen Wochen sehr viele Anfragen, Ideen und Konzepte für eine „alternative“Springprozession – insbesondere aus den Reihen der Echternacher Bürger. Das zeigt die tiefe Verbundenheit der Bevölkerung mit dieser uralten Tradition. Es zeigt, wie tief die Springprozession in den Knochen sitzt. Es wurde eigens eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der Stadtverwaltung, des Stadtmarketing, des Willibrordusbauvereins, der Pfarrei und der Unesco-kommission ins Leben gerufen, um die Sachlage in Besonnenheit und angesichts der sanitären Krise durch Covid-19 zu prüfen. Denn schließlich geht es ja auch um den Schutz für Pilger, Zuschauer und Einwohner. Doch sehr schnell ist man zum Schluss gekommen, dass es keine Alternative zur Echternacher Springprozession geben kann. Sie ist einzigartig und kann deshalb nicht ersetzt werden. Kein Springen im Homeoffice, kein Wallfahren in einem kleineren Format, weder zu Hause noch alleine. Man kann dieses „heilige Springen“nicht einfach nachahmen oder auf das individuelle Ich reduzieren. Die Springprozession lebt durch die Gemeinschaft!
Eine Gemeinschaft, die keine Grenzen kennt und insbesondere springfreudige Pilger aus der Eifel nach Echternach lockt. Wie erleben die Gläubigen aus Waxweiler und Prüm die Absage „ihrer“Springprozession?
Die Wallfahrer aus Waxweiler, die ja mit großer Wahrscheinlichkeit am Ursprung der Springprozession stehen – so besagt es zumindest die Legende aus dem Jahr 728 –, sind sehr traurig, dass sie nicht kollektiv zum Grab ihres Schutzpatrons springen können. Ja, sie leiden sozusagen doppelt: Die Pilger aus dem Raum Waxweiler-prüm haben das Springen stets gefördert und gehören zum Epizentrum der Springprozession. Auch bildeten sie stets jene Pilgergruppe, die im Laufe der Geschichte Grenzschließungen, beispielsweise im Zuge der beiden Weltkriege, erfahren mussten und so de facto von der Springprozession ausgeschlossen waren.
Wie kann der diesjährige Pfingstdienstag uns dennoch zum „hellglänzenden Stern unseres Landes“Willibrord führen?
Die Basilika sowie die Krypta sind am Pfingstdienstag ab 8 Uhr den ganzen Tag über für individuelle Pilger geöffnet. Ein Gottesdienst wird allerdings nicht gefeiert. Alle Willibrord-verehrer sind eingeladen, sich mit dem Thema der Springprozession zu vernetzen. Hierzu hat der Willibrordus-bauverein gemeinsam mit zahlreichen Akteuren ein Programm bestehend aus Dokumentation, Testimonials, Filmen und Fotos zusammengestellt. RTL2 zeigt am Pfingstdienstag zwei Filme: den Dokumentationsfilm „Magno Tripudio“sowie einen künstlerischen Blick auf die
Springprozession aus dem Jahr 2019. Die „Lëtzebuerger Massendénger“laden ein, ein Pilgertuch mit einem Gebet zu Ehren des zweiten Schutzpatrons der Luxemburger Messdiener zu gestalten, während auf der Internetseite des Kulturministeriums iki.lu filmische und fotografische Ikonen der Springprozession zu entdecken sind. Außerdem finden vom 1. bis 3. Juni online Erlebnistouren statt. Das ganze Programm ist auf www.willibrordus.lu veröffentlicht.
Die Echternacher Springprozession ist einzigartig und kann deshalb nicht ersetzt werden.
Die Springprozession lebt durch die Gemeinschaft.
Was wünschen Sie den Springern, die in diesem Jahr die Füße wortwörtlich auf dem Boden lassen müssen?
Das Wichtigste ist, nach vorne zu schauen. Nicht stehen zu bleiben. Das hat Willibrord uns gelehrt. Viele Rückschläge musste er auf seinen Missionsreisen in Kauf nehmen. Auch seine Schritte kamen mal ins Stocken, aber er hat die Hoffnung nie aufgegeben. Möge die Sehnsucht nach der Springprozession 2021 in uns brennen, Willibrord im Blick. Denn ohne unseren Landesapostel würde es keine Springprozession geben.