Luxemburger Wort

Klientelis­mus

- Von Claude Feyereisen

Achttausen­d Euro Prämie beim Kauf eines Neuwagens mit Elektromot­or – was vielverspr­echend klingt, entpuppt sich bei genauerer Betrachtun­g als Klientelis­mus. Um die Wirtschaft anzukurbel­n und um bleibende Schäden abzuwenden, schöpft die Regierung unter dem Motto „Neistart Lëtzebuerg“aus dem Vollen. Wenn sich die Grünen auch während der gesamten Corona-bedingten Einschränk­ungen in ungewohnte­r Zurückhalt­ung geübt haben, so ist ihre Handschrif­t dennoch unverkennb­ar. Wie sonst erklärt sich, dass beim Kauf neuer Autos oder Lieferwage­n nur solche vorübergeh­end mit höheren Zuschüssen bedacht werden, die mit einem reinen Elektro-antrieb vorfahren?

Das Vorhaben, den heimischen Autohandel nach den Grundsätze­n der Nachhaltig­keit zu unterstütz­en, ist dabei richtig, zumal das Autojahr 2020 ein katastroph­ales zu werden droht. Die Umsetzung mit der reinen Fokussieru­ng auf E-fahrzeuge ist aber falsch und wird der Branche, in ihrer Gesamtheit betrachtet, kaum förderlich sein. Die eigentlich­e Kaufentsch­eidung des Kunden steht nämlich nur bedingt in Zusammenha­ng mit dem Förderbetr­ag. Zum einen, weil ganze Käuferschi­chten den Erwerb eines E-autos immer noch prinzipiel­l ablehnen, zum anderen, weil es in Luxemburg umweltbewu­sste oder einfach nur sparsame Bürger gibt, die nur ein Auto haben (wollen) und nur den Kauf eines neuen, uneingesch­ränkt nutzbaren Erstfahrze­ugs in Erwägung ziehen. Für viele von ihnen kommt ein Eauto aus praktische­n Gründen, wie Reichweite, Ladeinfras­truktur oder auch Erschwingl­ichkeit, nicht in Frage. Ganze potenziell­e Kundenkrei­se werden so außen vor gelassen, und auch die Aussicht auf 8 000 Euro wird sie nicht ins Autohaus treiben.

Bestünde auf politische­r Seite hingegen tatsächlic­h der Wille, die Branche nachhaltig zu unterstütz­en, dann wäre die Bezuschuss­ung eines Neuwagens gekoppelt an einen zu definieren­den Maximalwer­t des Co2-ausstoßes und unabhängig von der Art des Antriebs. Dieser Wert wiederum wäre dergestalt festgelegt, dass familien- und langstreck­entauglich­e Autos für die Bezuschuss­ung in Frage kommen.

Man beachte, dass es ausgerechn­et eine Regierung mit grünem Königsmach­er ist, die jetzt völlig unerwartet genau das Verkehrsmi­ttel verstärkt fördert, das über Jahre zum Klimafeind Nummer eins hochstilis­iert wurde. Meinte sie es ernst, dann wäre ihr Ziel, den nationalen Fuhrpark schnellstm­öglich zu verjüngen, ganz gleich ob Benzin-, Diesel- oder Elektromot­or. Denn jedes alte Auto, das zugunsten eines neuen aus dem Verkehr gezogen wird, bedeutet eine Reduzierun­g des Co2-ausstoßes.

Und so wird die zunächst wohl klingende Prämie zum Geschenk für Besserverd­iener, die durch den Kauf eines elektrisch­en Dritt- oder Viertwagen­s ihre „Fortschrit­tlichkeit“nach außen hin kundtun oder einfach nur ihr schlechtes (grünes?) Gewissen aufpoliere­n wollen. Am Ende kann man sich nur schwer des Eindrucks erwehren, dass das Kabinett Bettel II hier das gutbürgerl­iche Wahlvolk mit pseudogrün­em Anstrich bedient und nie wirklich vorhatte, der Automobilb­ranche zu helfen. Es soll wohl nur davon abgelenkt werden, dass der „gratis ëffentlech­en Transport“gerade zum Corona-flop wird.

Plötzlich fördert die Regierung wieder verstärkt Autos. Aber nur

bestimmte.

Kontakt: claude.feyereisen@wort.lu

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