Klientelismus
Achttausend Euro Prämie beim Kauf eines Neuwagens mit Elektromotor – was vielversprechend klingt, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als Klientelismus. Um die Wirtschaft anzukurbeln und um bleibende Schäden abzuwenden, schöpft die Regierung unter dem Motto „Neistart Lëtzebuerg“aus dem Vollen. Wenn sich die Grünen auch während der gesamten Corona-bedingten Einschränkungen in ungewohnter Zurückhaltung geübt haben, so ist ihre Handschrift dennoch unverkennbar. Wie sonst erklärt sich, dass beim Kauf neuer Autos oder Lieferwagen nur solche vorübergehend mit höheren Zuschüssen bedacht werden, die mit einem reinen Elektro-antrieb vorfahren?
Das Vorhaben, den heimischen Autohandel nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit zu unterstützen, ist dabei richtig, zumal das Autojahr 2020 ein katastrophales zu werden droht. Die Umsetzung mit der reinen Fokussierung auf E-fahrzeuge ist aber falsch und wird der Branche, in ihrer Gesamtheit betrachtet, kaum förderlich sein. Die eigentliche Kaufentscheidung des Kunden steht nämlich nur bedingt in Zusammenhang mit dem Förderbetrag. Zum einen, weil ganze Käuferschichten den Erwerb eines E-autos immer noch prinzipiell ablehnen, zum anderen, weil es in Luxemburg umweltbewusste oder einfach nur sparsame Bürger gibt, die nur ein Auto haben (wollen) und nur den Kauf eines neuen, uneingeschränkt nutzbaren Erstfahrzeugs in Erwägung ziehen. Für viele von ihnen kommt ein Eauto aus praktischen Gründen, wie Reichweite, Ladeinfrastruktur oder auch Erschwinglichkeit, nicht in Frage. Ganze potenzielle Kundenkreise werden so außen vor gelassen, und auch die Aussicht auf 8 000 Euro wird sie nicht ins Autohaus treiben.
Bestünde auf politischer Seite hingegen tatsächlich der Wille, die Branche nachhaltig zu unterstützen, dann wäre die Bezuschussung eines Neuwagens gekoppelt an einen zu definierenden Maximalwert des Co2-ausstoßes und unabhängig von der Art des Antriebs. Dieser Wert wiederum wäre dergestalt festgelegt, dass familien- und langstreckentaugliche Autos für die Bezuschussung in Frage kommen.
Man beachte, dass es ausgerechnet eine Regierung mit grünem Königsmacher ist, die jetzt völlig unerwartet genau das Verkehrsmittel verstärkt fördert, das über Jahre zum Klimafeind Nummer eins hochstilisiert wurde. Meinte sie es ernst, dann wäre ihr Ziel, den nationalen Fuhrpark schnellstmöglich zu verjüngen, ganz gleich ob Benzin-, Diesel- oder Elektromotor. Denn jedes alte Auto, das zugunsten eines neuen aus dem Verkehr gezogen wird, bedeutet eine Reduzierung des Co2-ausstoßes.
Und so wird die zunächst wohl klingende Prämie zum Geschenk für Besserverdiener, die durch den Kauf eines elektrischen Dritt- oder Viertwagens ihre „Fortschrittlichkeit“nach außen hin kundtun oder einfach nur ihr schlechtes (grünes?) Gewissen aufpolieren wollen. Am Ende kann man sich nur schwer des Eindrucks erwehren, dass das Kabinett Bettel II hier das gutbürgerliche Wahlvolk mit pseudogrünem Anstrich bedient und nie wirklich vorhatte, der Automobilbranche zu helfen. Es soll wohl nur davon abgelenkt werden, dass der „gratis ëffentlechen Transport“gerade zum Corona-flop wird.
Plötzlich fördert die Regierung wieder verstärkt Autos. Aber nur
bestimmte.
Kontakt: claude.feyereisen@wort.lu