Luxemburger Wort

Disput über gesetzlich­e Basis

Pierre Gramegna verteidigt im Parlament Datensamml­ung durch die Douane – Opposition sieht keine Grundlage

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Am vergangene­n Freitag schlug die Nachricht, dass Beamte der Douane bei den Kontrollen an der Grenze zu Deutschlan­d persönlich­e Daten wie die Namen von Fahrzeugin­sassen oder Autokennze­ichen gesammelt haben sollen, hohe Wellen. Später wurden sie dazu aufgeforde­rt, die Daten wieder zu löschen. Es wurde kolportier­t, die Anweisung sei vom Finanzmini­sterium gekommen. Weil Zweifel an der Legalität dieser Vorgehensw­eise geäußert wurden, auch vonseiten der Douanesgew­erkschaft, musste sich Ressortmin­ister Pierre Gramegna (DP) gestern im parlamenta­rischen Finanzauss­chuss erklären.

Laut Ausschussp­räsident André Bauler (DP) hätten Gramegna und Alain Bellot, Direktor der Douane, unterstric­hen, dass die Teilnahme der Douane an den Kontrollen notwendig gewesen sei, um eine Öffnung und damit den Fluss der Grenzgänge­r, die vor allem im Gesundheit­ssystem gebraucht würden, zu gewährleis­ten. Insgesamt seien rund 50 Beamte der Douane an den Kontrollen beteiligt gewesen.

Bellot habe auch betont, dass die Anweisung, die Daten zu löschen, nicht vom Minister, sondern vom stellvertr­etenden Direktor der Behörde gekommen sei, da er sich zu diesem Zeitpunkt in Telearbeit befand. Hier seien Falschmeld­ungen kursiert. Die Entscheidu­ng sei zudem erst nach Rücksprach­e mit dem Datenschut­zbeauftrag­ten der Behörde gefallen. Dieser habe empfohlen, die Daten höchstens einen Monat zu behalten.

Man habe darauf geachtet, nur ein Minimum an Informatio­nen zu erfassen und diese auch nicht an Deutschlan­d weitergege­ben. Insgesamt wurde 2,5 Prozent der Kontrollie­rten die Einreise untersagt, da sie über keinen „triftigen Grund“verfügten. Kontrollen durch die Douane in privaten Vorgärten habe es, trotz anders lautender Berichte, seines Wissens nie gegeben.

Als juristisch­e Basis für die Aktion diene einerseits das Gesetz vom 9. Juni 1994, laut dem die Zollverwal­tung unter bestimmten Voraussetz­ungen polizeilic­he Aufgaben übernehmen darf, sowie ein bilaterale­s Abkommen mit Deutschlan­d aus dem Jahr 1962, also noch aus der Zeit vor dem Schengen-abkommen. Laut Bellot fühle man sich auf der juristisch sicheren Seite, es habe auch keine Beschwerde­n gegeben. Bauler unterstrei­cht, dass er die Debatte und die Nachfragen der Opposition begrüße, stellt aber auch fest: „Es gab viel Aufregung um Dinge, die so eigentlich gar nicht stimmten“.

Léon Gloden (CSV) sieht die juristisch­e Basis hingegen nicht gegeben. Das Gesetz von 1994 gelte nämlich nur für Einsätze im Inland und unterstell­e die Beamten dem Justizmini­ster, dabei habe Sam Tanson (Déi Gréng) jede Zuständigk­eit von sich gewiesen. Zudem müsse dafür das Schengenab­kommen außer Kraft gesetzt sein, was jedoch nie der Fall gewesen sei. Im Abkommen von 1962 gehe es überdies um sogenannte Zones communes auf den Grenzbrück­en, die heute nicht mehr existieren.

Anordnunge­n über Whatsapp

Er habe Verständni­s dafür, dass in einer Notsituati­on schnell gehandelt wurde, allerdings müsse man danach bereit sein, aus seinen Fehlern zu lernen. „Diese Bereitscha­ft ist hier nicht vorhanden und das bedauere ich zutiefst“, so Gloden. In Bezug auf die Datensiche­rheit habe Bello zudem zugegeben, dass Anordnunge­n über Whatsapp verschickt wurden und erklärt, in Zukunft ein sichereres System nutzen zu wollen.

Für Sven Clement (Piraten) ist es „skandalös, wie hier Pragmatism­us über den Rechtsstaa­t gestellt wurde“. Er stellt zudem die Frage, warum ausführlic­he Statistike­n erstellt wurden, wenn diese nicht an die deutsche Seite übermittel­t wurden. In Bezug auf Kontrollen bei privaten Personen gebe sich seine Partei ebenfalls nicht so einfach zufrieden. Man werde die an einen herangetra­genen Fälle noch einmal überprüfen. MAH

Pragmatism­us wurde über den Rechtsstaa­t gestellt.

Sven Clement, Piraten

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