Chance im Unbekannten
Die Olympia-verschiebung entfacht Hoffnung auf weitere Luxemburger Teilnehmer
Die Verschiebung der Olympischen Spiele in Tokio war eine Hängepartie – und am Ende dennoch ein Paukenschlag für alle Athleten. Die Karriereplanung, mancherorts sogar die Lebensplanung der Sportler, wurde auf den Kopf gestellt. Der Luxemburger Schwimmer Raphaël Stacchiotti beispielsweise wollte nach den Spielen im Spätsommer 2020 eigentlich seine Karriere ausklingen lassen. Nun muss er sich noch ein Jahr gedulden. Immerhin: Der 28Jährige hat sein Ticket sicher. Gleiches gilt für Kugelstoßer Bob Bertemes, Tischtennisspielerin Ni Xia Lian, Dressurreiter Nicolas Wagner sowie Radfahrerin Christine Majerus und zwei ihrer männlichen Kollegen.
Kreativität gefragt
Doch die neu gewonnene Zeit bis zum Startschuss der Spiele in Japan (23. Juli bis 8. August 2021) hat nicht nur Nachteile. Etliche Athleten, die ihre Qualifikation in diesem Jahr höchstwahrscheinlich verpasst hätten, wittern eine neue Chance. Das gilt auch für die Luxemburger. „Es gibt sicherlich den einen oder anderen, für den die Qualifikationschancen steigen“, bestätigt Heinz Thews, der Technische Direktor des nationalen Olympischen Komitees (COSL).
Der Knackpunkt sei die Corona-bedingte Zwangspause – und wie die Athleten diese zu nutzen wissen. „Man muss extrem kreativ sein“, sagt Thews. „Entweder man gerät durch die unbekannte Situation unter Druck und ins Zweifeln oder man sieht es als Chance, um Entwicklungsstimmung zu provozieren.“Der 66-Jährige spielt dabei vor allem auf die Wettkampfpause der Sportler an. Auch das Kadertraining in den gewohnten Sportanlagen lag lange auf Eis. Die Athleten mussten sich zu Hause fit halten. „Das war auch Neuland
für die Trainer“, berichtet Thews.
Bei den geschaffenen Voraussetzungen in der Coque, unter denen die luxemburgischen Spitzenathleten während der Coronapandemie arbeiten können, muss sich das Großherzogtum vor den konkurrierenden Nationen nicht verstecken. „Vor allem im
Schwimmen beneiden uns viele Länder“, sagt Thews. Generell habe Luxemburg den Vorteil, dass kein Riesenapparat zu bedienen sei, sondern Ziele mit kleinen, schnellen Schritten erreicht werden können.
„Einige Athleten, bei denen es für Tokio 2020 knapp geworden wäre, haben nun noch einmal einen richtigen Block Zeit, um ihr Niveau zu erhöhen.“Eine große Portion Lob hat der Technische Direktor ebenfalls übrig. „Es war keiner dabei, der gejammert hat“, stellt Thews fest. „Viele haben bewiesen, dass sie kreativ genug sind, um trotz der Einschränkungen richtig gut trainieren zu können. Deshalb bin ich optimistisch.“